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Nova

Nova

Titel: Nova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Kober
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dann beginnt eben hier die Bewegung von neuem.«
Er lächelte wieder fein. »Das können Sie nicht, Professor. Denn Sie nehmen Ihre gesamte Energie mit in die Zeit. Das ist ein einmaliger, irreversibler Vorgang. Ich muß zugeben, auch ich bin nicht völlig hinter die Natur dieses Prozesses gekommen. Aber – würden Sie sich aus der von Ihnen erreichten fremden Zeit wieder in die normale alte zurückversetzen, müßten Sie Ihre Energie verbrauchen. Sie wären in Ihrer Zeit ein Nichts, nicht mehr existent.«
Da stritt ich mich nun mit diesem Wirrkopf, daß mir schwindlig im Kopf wurde, und vertrat zu guter Letzt auch noch seine eigene Hypothese, während er sie leugnete.
Irgend etwas kam mir seltsam vor. Zaatar begann vor meinen Augen zu flimmern. Ich hatte mich wohl zu sehr aufgeregt.
»Sagen Sie, Zaatar – damals, vor ein paar Monaten, haben Sie doch behauptet, Ihre Tachyonen wären, auch nach der Computerkontrolle, um hundert Jahre gealtert. Das schien doch Ihren Zeittransit zu bestätigen.«
»Der Computer hat sich geirrt – nein, sagen wir, teilweise geirrt. Sicher waren diese Teilchen älter als die, die wir losschickten. Aber es waren eben nicht mehr dieselben. Es waren keine Tachyonen mehr. Es waren nur noch Teilchen, die nach kurzer Zeit zerfielen, bis sie nicht mehr nachzuweisen waren. – Einfach verschwunden.«
Seine Stimme wurde dunkler. Ich hatte Mühe, ihn zu verstehen.
»Sie hatten ihre Energie verbraucht, als sie sich entgegen dem Verlauf der Zeit bewegten. Vielleicht kehrten sie auch in die Zukunft zurück, aus der sie gerade kamen. Ich weiß es nicht. Schön wäre es.«
Ein Geräusch hinter mir ließ mich herumfahren. Aber es war nur der Wind, der an einem geöffneten Fenster gerüttelt hatte. Als ich mich wieder umdrehte, war Zaatar verschwunden.
Ich ärgerte mich. Hätte ich ihn ausreden lassen! Er hätte mir sagen können, wie es in der Zukunft aussah.

Zero-Welt
1
    Mit dem Morgennebel setzte fast schlagartig das Konzert der Tennisvögel aus, die mit ihrem zärtlichen Tremolo die Nacht erfüllt hatten. Bläßlich grüner Dunst zog dicht über den Boden, umhüllte die Buschgruppen mit Watteschleiern und schuf bizarre, aber rasch wieder zerfließende Figuren einer grotesken Phantasiewelt.
    Oberhalb des Nebels blieb die Luft klar, gab die Sicht frei in die hügelige Landschaft. Über den Gipfeln des nahen Ringgebirges zeigten sich die ersten Strahlen der aufgehenden ROSS; sie brachen sich in den hoch in der Atmosphäre schwebenden Kristallsporen der Steinbäume.
    Velasco blickte verzaubert in das Kaleidoskop sanfter Farben. Das ist einmalig, dachte er. Auf keiner der erforschten Welten gibt es ein solches Schauspiel der Natur.
    Klares Blau mischte sich mit gesprenkeltem Violett, umtanzt von goldenen und orangefarbenen Tupfern in verwirrend schönem Reigen. An manchen Stellen erkannte er das Zinnoberrot reifer Sporen, die bald herabsinken und neue Bäume zeugen würden.
    Er hockte sich hin, bis ihm der Brodel an den Helm reichte, und betrachtete die wabernde Fläche. Einmal ein Märchenprinz sein, dachte er, oder eine Fee, die helfend aus dem Nebel taucht, Glück spendend und Sehnsüchte erfüllend. Es war das erste Mal, daß er sich während ihres zweiwöchigen Aufenthaltes auf ROSS-B dieser Stimmung hingab.
    Die Automaten befreiten ihn von der Last hektischer Tätigkeit, die Menschen verfügten über viel Zeit. Noch fortgerissen von der Tradition der Rastlosigkeit jedoch, hatte er diese Freiheit bisher nicht zu nutzen gewußt.
    Erst jetzt streifte ihn ein Hauch leiser Regungen, die unter der Schale der Alltäglichkeit geschlummert und Stück für Stück abzusterben gedroht hatten. Solche Augenblicke waren selten. Er verspürte eine traurige Verwirrung, denn die Empfindung war nicht anders als der Nebel, der unter seinen Fingern zerrann.
    Velasco stand auf und klopfte, gleichsam seine Gedanken verscheuchend, den Dunst aus den Falten des Skaphanders. Durch das wallende Grün hindurch ging er langsam auf das Schiff zu, das sich inmitten blühender, jungfräulicher Natur wie ein zernarbtes Schandmal in den Himmel reckte.
    Dunkel, mit häßlichen Flecken, drohend umgeben vom Schutzring ellipsoider Bioroiden, die die Energiekuppel aufrechterhielten, ragte es empor.
    Über das Kommandoset gab er dem Wächterroiden den Befehl zur Öffnung. Die Eingangsschleuse verfärbte sich, als er durch das durchsichtige Grau der Kuppel schritt.
    Die Berührung mit dem Schiff riß ihn endgültig aus der Verzauberung.

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