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Novecento - Die Legende vom Ozeanpianisten

Novecento - Die Legende vom Ozeanpianisten

Titel: Novecento - Die Legende vom Ozeanpianisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alessandro Baricco
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mal abgesehen, ist es auch gegen das Gesetz.« Aber Danny hatte eine unschlagbare Antwort parat: »Ich scheiß auf das Gesetz.« Nach so einem Auftakt gibt es nicht mehr viel zu diskutieren.
    Als sie am Ende der Fahrt, auf der Danny starb, nach Southampton kamen, fand der Kapitän, daß es an der Zeit war, endgültig mit diesem Theater Schluß zu machen. Er verständigte die Hafenbehörden und befahl seinem Vize, Novecento zu holen. Tja, er hat ihn nicht gefunden. Sie suchten zwei Tage lang das ganze Schiff nach ihm ab. Fehlanzeige. Er war verschwunden. Diese Geschichte schmeckte keinem so recht, denn schließlich hatten sie sich auf der Virginian an den Jungen gewöhnt, zwar traute sich keiner, es auszusprechen, aber … es gehört nicht viel dazu, sich die Bordwand runterzustürzen, und … dann macht das Meer, was es will, und … So waren sie tiefbetrübt, als sie zweiundzwanzig Tage später nach Rio de Janeiro abfuhren, ohne daß Novecento wiederaufgetaucht wäre oder daß man etwas von ihm gehört hätte. Papierschlangen und Sirenen und Feuerwerk bei der Abfahrt wie jedesmal, aber diesmal war es anders, sie waren im Begriff, Novecento zu verlieren, und zwar für immer, etwas nagte an ihrem Lächeln, bei allen, und zerfraß sie von innen. 
     
    In der zweiten Nacht dieser Überfahrt, als nicht einmal mehr die Lichter der irischen Küste zu sehen waren, stürzte Barry, der Bootsmann wie ein Besessener in die Kajüte des Kapitäns, weckte ihn und erklärte, daß er ihm unbedingt was zeigen müsse. Der Kapitän fluchte, ging dann aber mit.
    Ballsaal der ersten Klasse.
    Erloschene Lichter.
    Leute im Schlafanzug, am Eingang stehend. Passagiere, die aus ihrer Kabine gekommen waren.
    Dazu Matrosen und drei Kohlrabenschwarze aus dem Maschinenraum und dann noch Truman, der Funker. Alle schwiegen und schauten.
    Auf Novecento.
    Er saß mit Beinen, die ein ganzes Stück über dem Boden baumelten, auf dem Klavierhocker.
    Und, wahrhaftigen Gottes, er spielte. 
     
    (Ein ziemlich einfaches, langsames und verführerisches Klavierstück erklingt.)
     
    Weiß der Teufel, was das für eine Musik war, die er da spielte, es war etwas Kleines … und Schönes. Es war kein Trick, er war es wirklich, der da spielte, es waren seine Hände auf den Tasten, weiß der Himmel wie. Und man mußte gehört haben, was er da hervorbrachte. Da war eine Dame im rosa Morgenrock, mit solchen Klemmen im Haar … eine, die im Geld schwimmt, wohlgemerkt, die amerikanische Gattin eines Versicherungsvertreters … also der rollten dicke Tränen über ihre Nachtcreme, sie guckte und weinte, sie hörte überhaupt nicht mehr auf. Als sie den Kapitän neben sich sah, der vor Überraschung völlig geplättet war, buchstäblich geplättet, als sie ihn neben sich sah, schniefte sie, sie schniefte, zeigte auf das Klavier und fragte:
    »Wie heißt es?«
    »Novecento.«
    »Nicht das Lied, das Kind.«
    »Novecento.«
    »Wie das Lied?«
    Es war die Art von Konversation, die ein Schiffskapitän nicht länger als vier, fünf Sätze durchhält. Vor allem dann nicht, wenn er gerade entdeckt hat, daß ein Kind, das er tot geglaubt hatte, nicht nur lebt, sondern in der Zwischenzeit auch noch Klavier spielen gelernt hat. Er ließ die Reiche mit ihren Tränen und so einfach stehen und durchquerte mit energischen Schritten den Saal: Schlafanzughose und nicht zugeknöpfte Uniformjacke. Erst am Klavier machte er halt. Ihm lag in diesem Augenblick vieles auf der Zunge, unter anderem auch »Wo zum Henker hast du das gelernt?« oder »Wo zum Teufel hast du dich versteckt?« Aber wie so viele Männer, die daran gewöhnt sind, in Uniform zu leben, dachte er inzwischen auch in Uniform. Daher sagte er folgendes: »Novecento, das hier ist alles total gegen die Vorschrift.«
    Novecento hörte auf zu spielen. Er war ein wortkarger kleiner Junge mit großer Auffassungsgabe. Er sah den Kapitän freundlich an und sagte: »Ich scheiß auf die Vorschrift.« 
     
    (Sturmgebraus ertönt.)
     
    Das Meer ist aufgewacht / das Meer ist entgleist mit Macht / das Wasser schäumt zum Himmel auf / es wütet, braust, löst Winde, Wolken, Sterne auf / ungestüm bricht es nun los / wie lange es noch dauern mag / man weiß nicht mehr, ob Nacht, ob Tag / Mama davon / hast du nichts gesagt / eiapopeia / das Meer wiegt dich fein / es wiegt dich mitnichten / so wild / ringsumher /vor Gischt und vor Pein / verrückt ist das Meer / so weit der Blick reicht / nur Finsternis / und schwarze Fluten / und schwere

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