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November 1918: Eine deutsche Revolution: Erzählwerk in drei Teilen Erster Teil: Bürger und Soldaten 1918 (German Edition)

November 1918: Eine deutsche Revolution: Erzählwerk in drei Teilen Erster Teil: Bürger und Soldaten 1918 (German Edition)

Titel: November 1918: Eine deutsche Revolution: Erzählwerk in drei Teilen Erster Teil: Bürger und Soldaten 1918 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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hörten gespannt zu, und wenn das Signal zum Lachen kam, kreischten und sprangen sie, das war ihre Rolle.
    Worüber lachte man? Da hieß es: »Von meiner Hinterlassenschaft vermache ich meinem Geschlecht die Schande meiner großen Vergangenheit nebst der Verantwortung für alle meine Verbrechen. Meinem alten Kameraden Hindenburg sämtliche Nägel, die er sich für mich einhämmern ließ. Ludendorff mein großes hölzernes Schwert (wie die Kinder jauchzten). Er kann dasselbe als Vogelscheuche gegen die Spatzen benützen (das Hallo). Als General offeriere ich sämtlichen Pompiers der Hauptstadt meine zahlreichen Uniformen mit der Bestimmung, daß sie sie während der Faschingszeit tragen. Meinen Verbündeten eine Zwangsjacke mit Diplom, gezeichnet mit der Klaue des Tigers, dafür, daß sie so ausgezeichnet gearbeitet haben für den König von Preußen. Den Naturforschern das Recht, mich unter die blutdürstigsten Tiere aller Arten einzureihen. Gegeben zu Potsdam, ohne etwas anderes zu bedauern, als den verlorenen Thron und die Verehrung einer blöden Menge. Wilhelm, zur Zeit auf der Flucht.«
    In der schmalen Gasse gingen die Vertriebenen.
    Es hatten viele geglaubt, sich verstecken oder auf die Milde des Siegers rechnen zu können. Aber wenn der Sieger milde war, der eigene Nachbar war es nicht. Da wanderten sie nun Tag um Tag, seit dem ersten Einzug der Truppen, und mit jedem Tag mehr. Denn die Rachsucht spürte immer mehr auf. Der Neid, die Bosheit bekam Luft, die Seuche der Denunzierungen grassierte. Man konnte sich an dem Freund von gestern auslassen. Man konnte ihn mühelos beerben. Es wurde ein Volksgericht und eine Erniedrigung des Volkes. An den Laternen, an den kahlen Bäumen klammerten sich Leute und schrien den Abwanderern Hohnworte nach.
    Volk ist eine herrliche Sache. Es kann der Jubel und das Glück der Befreiung sein. Es kann sich jahrhundertelang unbelehrbar in seinem Widerspruch gegen Knechtung erweisen. Aber es kann auch aufsteigen wie das Meer, das ruhig in seinen Grenzen lag, und das Land mit seinem Atem befruchtete, kann sich aus seinen Ufern erheben und in einem Orkan Schutt und Verwüstung über dasselbe Land werfen, das es befruchtete.
    Sie hatten sich vom Morgen bis zum Mittag bereitzumachen. Wie die geschlagene Armee auf ihrem Rückzug alles liegenlassen mußte, was sie nicht tragen und nicht rasch tragen konnte, so mußten die Ausgewiesenen ihren festen Besitz, wie groß er auch war und worin er bestand, lassen und durften nur mitnehmen, was sie im Bündel, Koffer und Sack tragen konnten. Und es durfte ein bestimmtes Gewicht nicht überschreiten.
    Da ging ein Professor. Das Hohngelächter der Masse folgte ihm. Warum? Der alte Mann trug nichts als fünf Regenschirme und eine kleine Aktenmappe. Was er sonst transportieren sollte, wußte er nicht. Andere trotteten schwerfällig mit Frau und Kindern. Jeder schleppte etwas, die Männer öfter Säcke. Bei manchen schwieg die Masse. Man wußte nicht, wer es war. Es gingen nicht alle zu Fuß, manche nahmen die Eisenbahn und wurden an der andern Brücke abgefertigt.
    Jenseits des strömenden Wassers, auf der Kehler Seite, empfing sie eine kleine stille Menge und sah ihnen entgegen. Schwestern versahen einen Verpflegungsdienst. Es war die Stelle, wohin der flüchtige Leutnant Heiberg vor noch nicht zwei Wochen von der Menschenmenge geschoben wurde. Gehetzt kam er an, das Pfeifkonzert traf sein Ohr nicht mehr, er war drüben, auf deutschem Boden, er wurde schwindlig und lag in einer Baracke zwischen vielen, und um ihn Stöhnen, Kindergeschrei, Frauenweinen.
    Die Revolution, der Kriegserbe, saß jetzt in Gestalt von einfachen Soldaten und Zivilisten mit roten Binden an Holztischen, prüfte Papiere, stellte welche aus, dirigierte die Vertriebenen weiter. Die Baracken waren Tag für Tag die Bühne für Verzweiflungsausbrüche und für jede Art Kummer bis zur Stummheit des Vernichtungsgefühls. Es gingen Leute, die sich freudig umblickten und aufatmeten, als sie auf dem Heimatboden standen. Man sah aber auch gutgekleidete Männer und Frauen, wohl Beamte, Lehrpersonal, sie traten in die Verpflegungsbaracken, beobachteten das Treiben, schlossen sich der Reihe derer an, die ihre Papiere stempeln ließen. Ja, da saßen sie, im Zivil und in den Soldatenmänteln, die mit den roten Kokarden und der Armbinde, die alles verschuldet hatten. Ernst und ruhig, ja freundlich und mitfühlend taten diese einfachen Männer ihre Arbeit.
    Mit demselben Haß, dem Rachedurst,

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