Novembermond
grinste er. Ich war erstaunt, dass er das konnte, und sein Grinsen sogar noch breiter wurde. „Das habe ich nie gesagt, Schönheit. Ich liebe dein Haar und kann kaum meine Finger davon lassen.“
Aha. Das hatte ich mir also nicht nur eingebildet.
„Ich werde dir jeden Tag sagen, wie schön du bist, wie sehr ich dich liebe, anbete und dir so lange die Wahrheit sagen über dich und es dir zeigen …“
Ich wurde rot wie Klatschmohn.
„… bis es das Selbstverständlichste auf der Welt für dich ist und du nie wieder an dir zweifelst.“
Das klang überzeugend. „Und die Gemeinschaft? Deine … Verpflichtungen?“
„Die werde ich regeln.“ Die Entschlossenheit in seinem Gesicht ließ keinen Zweifel daran. „Ich liebe dich“, meinte er behutsam. „Und ich werde dich beschützen. Immer.“
Das hatte er bereits bewiesen.
Sein Telefon klingelte. Nicht zum ersten Mal.
„Meine Leute.“ Er wühlte in unserem Kleiderhaufen und schaltete es aus.
„Willst du nicht rangehen?“
Er schüttelte den Kopf. „Nicht jetzt. Nichts ist wichtiger, als du.“
„Sie sorgen sich bestimmt um dich.“
Julian hob die Schultern. „Sie wissen, dass ich nicht in Gefahr bin.“ Er lächelte und schloss kurz die Augen. „Es gibt so vieles, was ich dir noch sagen möchte. Aber vielleicht ziehen wir uns jetzt besser an. Sie haben nicht bis zum Sonnenuntergang gewartet.“ Das schien ihm nicht recht zu sein. „Wir sollten zurückfahren nach Berlin. Bevor sie hier sind. Dann könnten wir noch länger allein sein und … reden.“
Reden? Auch wenn er mich nicht anlügen konnte – der leidenschaftliche Ausdruck in seinem Gesicht bewies mir, dass er auch diesmal allerlei ausließ. Doch ich entschied, großzügig darüber hinwegzusehen. „Du bist auf der Flucht vor deinen Leuten?“
Julian lachte erstaunt. „Ja. Es scheint so.“ Er las in meinem Gesicht und seine Augen funkelten. „Wir hatten ja nie Zeit“, beschwerte er sich. „Ich schulde dir noch immer die beste Nacht deines Lebens. Und ich begleiche meine Schulden. Immer. Wenn du mich lässt.“
„Das hast du doch schon längst. Das eben zwischen uns … war unglaublich.“ Ich schmiegte mich an ihn und fühlte mich wunderbar geborgen.
„Das kannst du noch oft erleben. Jede Nacht. Wieder und wieder“, sagte Julian selbstgefällig.
Es ging ihm bereits so gut, dass er zu seinem Macho-Tonfall zurückgefunden hatte. Da war Liebe. Vertrauen und Verlangen. An seinem Lächeln erkannte ich, dass ich wirklich keine Gefühle vor ihm verbergen konnte, und es störte mich nicht. Sein Kuss war voll Zärtlichkeit. Ein Versprechen. Eine Verheißung für die Zukunft.
Epilog
Christian schloss die Augen und atmete den Geruch von Erde und Staub. Die kühle Luft, die unter seine Kleidung kroch, erzeugte ein angenehmes Gruseln, ein milde s Entsetzen , de m er sich einen aufregend en Moment übe r ließ. Langsam öffnete er die Augen. Die Gitte r stäbe waren aus Stahl und zusätzlich durch Magie gesichert. Dennoch war er froh, Richard an seiner Seite zu wissen.
Z um ersten Mal befand er sich in der untersten Etage der Zentrale, vor dem Ge fängnis der Gemeinschaft, das allerdings, wie er g e hört hatte , seit mehr als sechzig Jahren nahezu leer stand . Die siebzehn Vampire der „ Familie “ , die in Grünau befreit w urden , hatten inzwischen ihre Zellen verlassen. Einige sehr schnell, bei anderen hatte es länger gedauert, je nachdem, wie Oliver entschied. Oliver führte viele Gespräche. Mit einigen nur eines, mit anderen me h rere, in verschiedenen Zeitab ständen. Inzwischen hatte n alle den Eid geleistet und waren der G e mei nschaft beigetreten, wobei sie durch ihre große Zahl für eine Situation sorgten , die für die Gemeinschaft vol l kommen neu war .
Nur dieser eine, Martin, war übrig, auch wenn er nicht mehr unter Bewachung stand . F ür seine Zu kunft durfte er nichts Gutes er war ten, und nichts wies darauf hin, dass er sein Gefängnis lebend ve r lassen würde.
„Oh. Hallo Richard, Christian. Murat hat gesagt, dass du hier unten bist.“
Sarah hatte eine große Flasche Wasser dabei, die sie, nach einem kurzen Blick auf den Gefangenen unter den Gitte r stäben hindurchrollte, sodass sie knapp vor ihm liegen blieb. Der Gefange blieb teilnahmslos auf seiner Pritsche und zeigte keine R e aktion.
„Hast du einen Moment Zeit?“
Richard nickte, war f Christian e i nen entschuldigenden Blick zu und folgte ihr.
„Ich soll dir sagen, dass wir morgen eine
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