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Novemberrot

Novemberrot

Titel: Novemberrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Theisen
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Mobiliar hatte seine Frau bei ihrem Auszug wohl zurückgelassen und auch seine Kleidung war, so wie es den Anschein hatte, noch vollständig vorhanden. Im Geräteschuppen fand er sein Werkzeug, darunter auch die vier quaderförmigen, anderthalb bis zwei Kilogramm schweren Pflasterer-Hämmer, noch genauso vor, wie er es am Tag seiner Einberufung verlassen hatte. Elzer kam immer mal wieder zu ihm und versorgte ihn mit Nahrungsmitteln und Kohle zum Heizen. Jedes Mal erkundigte er sich neugierig danach, was er denn so als Nächstes vorhaben würde. Michael war seinem Nachbar natürlich sehr dankbar für dessen umsichtige Fürsorge. Er wunderte sich jedoch ein wenig darüber, dass Elzer, der eigentlich auch nicht wohlhabend war, nicht zu darben brauchte. Nachdem sich Michael bei der alliierten örtlichen Verwaltung in St. Josef angemeldet hatte, begann er mit der Arbeitssuche. Auf seinem klapperigen Drahtesel sitzend, strampelte durch die Gegend rund um Mayberg und klapperte alle Steinbruchunternehmen ab. Doch niemand wollte ihn einstellen. Letztlich hatte er doch noch Glück im Unglück, denn er fand eine Arbeit als Heizer bei einer am Standrand von St. Josef befindlichen Ton verarbeitenden Firma. Es war zwar kurz gesagt eine knochenharte Schufterei unter übelsten Bedingungen im Schichtdienst und er erhielt angesichts dieser mühevollen Plackerei gelinde gesagt bloß einen Hungerlohn, doch er hatte endlich Arbeit gefunden. Für Michael war es der erste große Schritt, um Maria zu beweisen, so wie Kreismüller es ihm vorgeschlagen hatte, dass er selbstverständlich in der Lage war, für sie und die kleine Rosi zu sorgen. Da die paar lumpigen Reichsmark, welche er als Heizer in seiner wöchentlichen Lohntüte nach Hause brachte, mitsamt den Waren, die es für die Lebensmittelkarten gab, nur zum Notwendigsten reichten, arbeitete Michael in jeder freien Minute nebenbei als Pflasterer, wie er es auch vor dem Krieg schon tat, um sich so noch etwas Geld oder Essbares dazuzuverdienen. Soweit es sich vermeiden ließ, hielt er sich von den übrigen Dorfbewohnern fern. Er verspürte auch kein Verlangen danach, in der einzigen Gastwirtschaft des Ortes mit Namen Zur Post seinen Frust in Bier und Schnaps zu ertränken. Nur ab und an wurde der seltsame Kriegsheimkehrer von Leuten aus dem Dorf gesehen, wie er ein benachbartes Wäldchen nach Brennholz durchstöberte .
    » Der hat bestimmt was zurückbehalten, vom Krieg«, tuschelte man hinter vorgehaltener Hand in diesen Tagen. Eines guten Tages berichtete ihm Elzer, dass der hiesige Sportverein wieder neu ins Leben berufen wurde und man plane, für das nächste Frühjahr auch wieder eine Fußballmannschaft auf die Beine zu stellen .
    » Nur wenige sind noch übrig und die Vereinsoberen würden sich bestimmt darüber freuen, wenn du wieder den starken rechten Läufer geben würdest«, sagte er, um Michael einmal auf andere Gedanken zubringen. Aber Bergheim lehnte ab. Ihm stand einfach nicht der Sinn danach, Sonntag für Sonntag dem braunen Leder nachzuhetzen. Dabei hatte sein Nachbar nicht übertrieben. Michael war wirklich talentiert. Selbst der renommierteste Sportverein der Umgebung, die TUS aus St. Josef, hatte damals vor dem Krieg ihre Fühler nach diesem flinken und wendigen Flügelspieler ausgestreckt. Doch der Umworbene widerstand den Verlockungen und blieb stets seinem Heimatclub treu.
    Neben seinem alten Nachbarn schaute nur Justus bei Michael vorbei und half so gut er es konnte bei den Pflasterarbeiten mit. Justus, der in geringem Maße geistig behindert war, wurde von den meisten Dorfbewohnern nur als armer Teufel angesehen, der fast dreißigjährig mit seiner jüngeren Schwester und ihren Eltern ein einfaches Häuschen in der Segbachstraße bewohnte. Wenn Justus Bergheim beehrte, gab es zudem stets ein besonderes Ritual. Denn ohne dass Michael dem Guten eine spannende Geschichte aus der Sagenwelt von Göttern, Helden und Geistern vorgetragen hatte, machte der keinen Finger krumm. Wie besessen hing er dabei an Bergheims Lippen, wenn dieser dann Hercules, Odysseus und dergleichen für wenige Minuten wiederauferstehen ließ. Und Michael erzählte ihm die Geschichten sehr, sehr gerne. Denn bereits von Kindesbeinen an zogen ihn die Sagen der alten Griechen, Ägypter und Germanen in ihren Bann und, fasziniert davon, verschlang er regelrecht die einschlägige Literatur. Aber Michael blieb trotz alledem alleine. Sein einziger wahrer Freund in all den kalten Winternächten war ein

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