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Novemberrot

Novemberrot

Titel: Novemberrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Theisen
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folgend in Richtung seines Heimatortes Mayberg durchschlagen. Mayberg, ein Fünfhundert-Seelen-Nest, lag gut fünfundzwanzig Kilometer von Burgstadt entfernt, inmitten von Feldern, einigen kleineren Waldstücken, Hügeln und Seen. Hügel und Seen, die vor 15.000 Jahren einmal Vulkane waren. Daher gab es in dieser Gegend sehr viele Steinbrüche, in denen überwiegend Basalt abgebaut wurde. So arbeitete auch Michael, bevor er 1942 einberufen worden war, als Steinmetz in den nahen Steinbrüchen von St. Josef. Er war hauptsächlich damit beschäftigt Kopfsteine, im Volksmund wegen ihrer charakteristischen Form auch Katzenköpfe genannt, zu fertigen, die anschließend für den Straßenbau benötigt wurden. Je nachdem konnte er sich an den freien Samstagnachmittagen bei Pflasterarbeiten in Höfen oder Ställen der ansässigen Bauern oder wohlhabenden Bürger der Umgebung noch ein paar Groschen dazuverdienen.
    Er kam flott auf seinem Heimweg voran, denn die Straße war zum Glück in erstaunlich gutem Zustand. Bis zu der Stelle, wo eigentlich eine Brücke einen circa fünfzig Meter breiten Seitenarm des Rheins überspannte. Doch davon waren lediglich die beiden steinernen Brückenköpfe übrig geblieben. Die stählerne Brückenkonstruktion lag in Bruchstücken im Wasser. Stattdessen hatten die amerikanischen Besatzer einen behelfsmäßigen Übergang mit Pontons gut hundert Meter flussaufwärts errichtet. Um dieses Provisorium zu erreichen, führte ein unbefestigter, schlammiger Feldweg von der Hauptstraße hinab zum Fluss und auf der anderen Seite wieder hinauf. Der Weg war gerade so breit, dass ein Lastwagen diese Stelle ohne Risiko passieren konnte. Nachdem Bergheim diesen Umweg hinter sich gelassen und auf der Hauptstraße gut zehn Minuten unterwegs war, hörte er, wie sich von hinten ein Fahrzeug näherte. Er drehte sich kurz um und erblickte einen Geländewagen der US Army. Als das Gefährt mit ihm auf gleicher Höhe war, hielt es an und Michael sah, soweit er durch die verdreckten Scheiben etwas erkennen konnte, zwei Soldaten darin sitzen. Der Fahrer, ein dunkelhäutiger Gl, stieg aus und musterte den unbekannten Deutschen scharf. Michael, der gut einen Kopf kleiner und locker 30 Kilo leichter war als sein Gegenüber, verharrte regungslos .
    » Lasst mich doch einfach in Ruhe«, hatte er schon auf der Zunge. Doch dann, für den Heimkehrer umso überraschender, lächelte der US-Soldat freundlich und sprach ihn im typischen amerikanischen Slang, gespickt mit einigen deutschen Wörtern an: »Good morning man, can we help you? Sorry, können wir dir helfen? Where is your home?« Beide Amerikaner, sein weißhäutiger Beifahrer war inzwischen auch ausgestiegen, blickten ihr Gegenüber erwartungsvoll an. Michael, der nun nahezu eineinhalb Jahre in britischer Gefangenschaft gewesen war, konnte tatsächlich außer den Ziffern auch etwas in Englisch palavern. Und so antwortete er:«I have only one wish. I will see my wife and my little daughter. They lives in Mayberg! So, I must go, and have no time, to talk with you!« Er wollte sich gerade an den Soldaten vorbeimogeln, als sich ihm der Farbige genau in seinen Weg stellte .
    » Okay guy, du hast Gluck, das ist genau our way. Wir nehmen dich mit!«, sagte er mit kräftiger Stimme. Michael war verdutzt, denn mit einem kostenlosen Taxi hatte er absolut nicht gerechnet. Er nahm dieses unverhoffte Angebot natürlich dankend an, setzte sich auf die Rückbank des Army-Jeeps und sofort ging es auf direktem Weg in Richtung seines Heimatortes und zu seiner Familie .
    » Du musst hungrig und durstig sein«, sagte der hellhäutige Soldat und reichte dem Deutschen drei Stücke Weißbrot, etwas Wurst und heißen Kaffee. Michael wurde es erst jetzt wieder bewusst, dass er, seitdem sie Hannover verlassen hatten, weder etwas gegessen noch getrunken hatte, und er verschlang die gereichte Nahrung gierig .
    » Was hast du in deiner Tasche?«, fragte der Beifahrer neugierig und deutete mit einer Kopfbewegung auf den olivgrünen Stoffbeutel, den der Deutsche umhängen hatte. Michael war so mit Essen und Trinken beschäftigt, dass er erst mit etwas Verzögerung antwortete .
    » Es sind ein paar Dinge, die ich aus Norwegen mitbringen konnte.« Er kramte in der Tasche und zum Vorschein kamen ein altes Kartenspiel, ein gebündeltes Päckchen Briefe und eine Tafel Schokolade .
    » In den letzten Kriegstagen hatte ich die Aufgabe«, so fuhr Michael mit seiner Erzählung fort, »einen Versorgungsbunker der

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