Novemberrot
vom Acker. Der Lockenkopf begleitete seinen Kumpel noch bis zur Tür und kam dann kopfschüttelnd zu Weller zurück .
» Er fragte mich eben noch, ob das Museum den Hammer nach Abschluss des Falles als Exponat für deren Heimatkunde-Ecke bekommen könnte. Es sei doch schließlich ein Kulturgut und damit viel zu schade, dass es in so einer dämlichen Kiste in unserem Lager verschwinden würde.« Doch der Kommissar reagierte nicht auf diese Worte. Vielmehr hafteten seine Gedanken nun wieder furchterfüllt an den ausstehenden Laborergebnissen und zaudernd fragte er mit leiser Stimme: »Hast du auch schon irgendetwas für mich?«
»Ja, das habe ich allerdings und wenn mir unser Kurator eben nicht in die Parade gefahren wäre, dann wüsstest du jetzt schon was Sache ist.«
Der Kriminaltechniker lehnte sich locker mit seinem Gesäß gegen den Rand der Arbeitsplatte aus glänzendem Edelstahl. In dieser Position versperrte er Weller teilweise die Sicht auf die darauf liegenden Beweisstücke. Mit verschränkten Armen startete er nun seine Ausführungen:
»Das Mordopfer wurde definitiv mit dem Pflasterer-Hammer an besagtem Reinigungsschacht in Mayberg erschlagen und anschließend in den Kanal geworfen. Durch die hohe Fließgeschwindigkeit und die ausreichende Tiefe des Wassers, in Tateinheit mit dem glitschigen Kanalrohr, wurde der Gute so im Laufe der Nacht quer unter dem Ort hindurch gespült und blieb letztlich in dem Geäst hängen, wo er am anderen Morgen gefunden wurde. Denn das Blut an der Schachtwand, den eisernen Sprossen und selbstredend an unserer historisch wertvollen Tatwaffe, stammt eindeutig von Manfred Kreismüller. Doch nun wirds mysteriös.«
»Lass mich raten«, entgegnete Weller, »auf dem Hammer fandet ihr auch geringe Spuren vom Blut seines Vaters Heinrich Kreismüller.«
»Ah, stimmt genau, woher weißt du es?«
»Unser Grufti fand in der Kopfwunde des Toten ebenfalls winzige Blutpartikel seines Vaters und dazu noch rostige Metallteilchen. Und dann brauche ich schließlich nur eins und eins zusammenzuzählen und schon ist es klar.«
»Aber warum wickelte der Täter den Hammer in eine Wehrmachtsjacke ein? Ne Plastiktüte hätte es doch auch getan!«
»Das habe ich mich auch gefragt. Ich habe zwar eine Vermutung, doch die ist so abstrus …« Weller kratzte sich nachdenklich am Kopf .
» Und die wäre?«, fragte der Lockenkopf neugierig .
» Ein nach dem Krieg in Mayberg verschollener Wehrmachtssoldat ist sowohl 1967 als auch am letzten Sonntag zurückgekehrt und hat blutige Rache an den männlichen Familienmitgliedern des Kreismüller-Clans genommen!« Dann kicherte Weller wie irre vor sich hin. Kurz darauf zischte er mit wirrem Blick seinem Gegenüber in dessen verdutztes Gesicht: »Aber ich habe sie alle durchschaut. Mich legen sie nicht rein, mich nicht!«
»Schon gut beruhig dich, es gibt bestimmt eine ganz logische Erklärung dafür.«
»Bestimmt, bestimmt«, flüsterte der Kommissar und senkte seinen Kopf. Er kramte ein inzwischen wieder getrocknetes Papiertuch aus einer Jackentasche, faltete das zusammengepappte Teil mühsam auseinander und schniefte kräftig hinein. Dann stecke er Es wieder dahin zurück, wo er Es eben gefunden hatte .
» Wie siehts denn mit den Fingerabdrücken aus und habt ihr den Capri schon untersucht?« Weller schien sich wieder gefasst zu haben. Jedenfalls klangen seine Worte wieder halbwegs normal in den Ohren des Kriminaltechnikers .
» Auf dem Schachtgitter waren keine brauchbaren Spuren, bloß Fragmente, mit denen wir leider überhaupt nichts anfangen konnten, und den Capri untersuchen wir zurzeit.« Just in diesem Moment stiefelte einer von Lockenkopfs Kollegen ins Labor und unterbrach ihn unverblümt: »Ah, da seid ihr ja noch.« Der erst vor gut drei Monaten mit der Ausbildung fertig gewordene Frischling begrüßte die beiden, so als ob sie sich bereits eine Ewigkeit kennen würden, was jedoch nicht der Fall war. Und ohne sich lange mit Nebensächlichkeiten aufzuhalten, leierte er unverschämt schnoddrig seine Untersuchungsergebnisse herunter. Dass sie den goldfarbenen Ford Capri auf den Kopf gestellt und jede Menge verschiedener Haare darin gefunden hätten. Die am Fahrersitz seien natürlich vom Opfer selbst gewesen und dazu noch wenige dunkle, mittellange Frauenhaare. Doch sowohl am Beifahrersitz, wie auch an der Rückbank, hätten sie neben einem wahren Sammelsurium von mindestens fünf verschiedenen Haartypen unterschiedlichster Länge und Couleur
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