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Novemberrot

Novemberrot

Titel: Novemberrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Theisen
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Wehrmacht in der Nähe von Narwik zu bewachen. Als sich der Krieg dann dem Ende näherte, ging ich mit meinen Kameraden das ein oder andere Mal in die versteckten Stollen, um uns mit Essbarem zu versorgen. Unter Anderem war da auch eine Kiste mit Tafeln Schokolade, wovon ich mir einige abzweigen konnte. Ich dachte mir, dass meine Kleine doch Schokolade so sehr mag und dass die Versorgung bei uns zu Hause bestimmt schlechter sei. Doch als wir in Kriegsgefangenschaft gerieten, musste alles den Briten übergeben werden. Na sagen wir fast alles. Denn ich hatte Glück, dass der englische Soldat, der mich kontrollierte, mir eine der Tafeln gnädigerweise zugestand! Und die Briefe … ich hatte doch keine Gelegenheit, sie an meine Familie zu senden … ich freue mich so sehr darauf, meine Frau und meine kleine Rosi damit zu überraschen!« Nach dieser umfassenden Ausführung Bergheims drehte sich der Beifahrer mit einem wohlwollenden Lächeln wieder um. Michael war sich in dem Moment nicht sicher, ob sein Gegenüber alles verstanden hatte, aber dies war ihm im Grunde genommen auch ganz egal.
    Es war wenig Betrieb auf der Straße. Nur ab und an überholten sie ein Pferdefuhrwerk und mit Ausnahme eines grauen Mercedes-Busses und eines schwarzen DKW-Kleintransporters begegneten ihnen keine motorisierten Fahrzeuge. Nachdem sie ein gutes Stück ihres Weges zurückgelegt hatten, sah Michael den Grund dafür, dass zurzeit keine direkte Eisenbahnverbindung von Burgstadt nach Mayberg existierte. Denn sie erreichten nun die Stelle, wo die Straße durch ein Viadukt führte. Es bildete die Brücke zwischen zwei Hügeln, über welche die Eisenbahnlinie verlief. So wie es aussah, hatte es einige Bombentreffer, genau wie die Brücke über den Rhein-Nebenarm, abbekommen .
    » Yes«, sagte der Fahrer sogleich, »die Gleise wurden von einer Flying Fortress getroffen. Doch sorry, die Brücke über den Rhein, das seid ihr selbst gewesen. So ein crazy Nazi hatte es tatsächlich geschafft sie zu sprengen, kurz bevor wir eintrafen.« Michael hörte zwar, was der Soldat sagte, doch weil er inzwischen so angespannt damit beschäftigt war, sich die Landschaft entlang ihrer Route zu betrachten, antwortete er nicht. Eigentlich hatte sich seit dem letzten Mal, als er hier gewesen war, nichts verändert. Felder und Wiesen, garniert mit vereinzelt stehenden Scheunen, in denen die Bauern für gewöhnlich ihr Stroh lagerten. Da die Straße recht kurvig durch das Gelände führte, war das Tempo, mit dem sie fuhren, zwangsläufig nicht so hoch. Michael wurde von Minute zu Minute immer unruhiger. Er blicke abwechselnd aus dem linken und rechten hinteren Fenster des Jeeps. Sein Herz, das immer schneller schlug, begann förmlich zu rasen, als am Horizont die schemenhaften Umrisse der Kirche und anderer größerer Gebäude Maybergs links vor ihnen in der diesigen Novemberluft auftauchten .
    » Wie spät ist es denn jetzt?«, fragte er die beiden Amerikaner .
    » Fünfzehn Minuten nach Elf«, war deren kurze Antwort .
    » Und es sieht so aus, als wenn gleich schon wieder Nacht wäre, so wenig Sonnenlicht kommt heute durch«, murmelte der Heimkehrer. Dabei hatte er doch innerhalb der letzten vier Jahre seines Lebens, gerade was das Vorhandensein des Sonnenlichts anging, die ein oder andere neue Erfahrung an Norwegens Polarkreis sammeln können. Die letzten Kilometer der Fahrtstrecke kamen Michael schier endlos vor. Doch dann, hinter der nächsten Rechtskurve, lag sein Heimatort und seine Familie war nicht mehr fern .
    » Sicherlich sind sie gerade bei den Vorbereitungen zum Mittagessen«, ging ihm durch den Kopf. Am Ortsrand, wo sich der Weg gabelte, bat Michael die Amerikaner anzuhalten. Er wollte den Rest alleine zurücklegen, denn sein Haus befand sich nur gut hundert Meter von der Hauptstraße entfernt in einer schmalen Seitengasse. So verabschiedete er sich hastig aber freundlich von den US-Soldaten, die ihm noch etwas Proviant mitgaben und marschierte schnellen Schrittes ins Dorf. Die Amerikaner ihrerseits blieben weiter auf der Hauptstraße, die links an Mayberg vorbei führte und ihr Ziel nach fünf Kilometern in St. Josef hatte. Diese gesamte Region war zwar seit Sommer 1945 unter französischer Verwaltung, jedoch verfügte die US-Army noch über vereinzelte kleinere Kasernen, die zur Unterstützung der Franzosen verblieben waren.
    Kein Mensch war auf der Straße zu sehen und bis auf das stampfende Geräusch, das bei jedem Aufsetzen seiner Stiefelsohlen

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