Novizin der Liebe
waren einige Schweine angepflockt, die mit ihrem Dung, ihrem Wühlen und Graben alles in Morast verwandelten. Aus dem Brachacker war ein Schafpferch geworden, der Klee und die frostverbrannten Gräser waren abgerupft bis zur nackten Erde.
Cecily runzelte die Stirn.
„Was ist? Was ist nicht in Ordnung?“, fragte Adam.
„Zu viel Vieh“, erklärte sie und blickte noch finsterer drein. Das Strohdach einer der Bauernkaten musste ausgebessert werden, bei einer anderen hing die Tür schief in den Angeln. „Viel zu viel. Und das Winterfutter ist noch nicht geschnitten worden.“
„Erklärt mir das bitte etwas näher.“
Cecily sah ihn durchdringend an und fragte sich, wie ehrlich sein Interesse war. Hatte er vor, Fulford aller Reichtümer zu berauben, um es dann so verarmt zurückzulassen, dass es seine Bewohner nicht mehr ernähren konnte? Oder würde er das Land ihres Vaters umsichtig bewirtschaften? War Adam Wymark eine Heuschrecke oder ein gewissenhafter Gutsverwalter?
„Ich muss das wissen“, sagte er mit ernster Miene. „Ich bin Krieger, kein Bauer. Außerdem bin ich in der Stadt aufgewachsen. Es gibt viel, was ich lernen muss.“
Sie nickte, bereit, zunächst einmal den Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ gelten zu lassen. „Es ist November“, erklärte sie. „Selbst wenn genügend Winterfutter da ist, ist es schwer genug, auch nur eine Handvoll Tiere lebend über den Jahreswechsel zu bringen, doch das hier sind viel zu viele. Sie werden verhungern. Man hätte die besten Zuchttiere behalten und den Rest schlachten müssen.“ Als sie merkte, dass er ihr aufmerksam zuhörte, zeigte sie auf die Katen und fuhr fort: „Seht Euch diese Häuser an. Die Leute werden sich im Januar fast zu Tode frieren. Es liegt in niemandes Interesse, wenn das halbe Dorf an Lungenfieber zugrunde geht.“
Adam warf ihr ein schiefes Lächeln zu, und diesmal war es aufrichtig. „Cecily, darauf wäre ich auch selbst gekommen.“
„Ich weiß nicht, was Godwin sich dabei denkt …“
„Godwin?“
„Der Vogt, jedenfalls war er das vor vier Jahren noch. Damals war er schon alt. Vielleicht ist er krank.“ Einen finsteren Ausdruck auf dem Gesicht, blickte sie ihn vielsagend an.
„Oder vielleicht ist er auch tot.“
Sein Lächeln erstarb. „Wer wohnt in dieser Kate?“
„In der mit dem löchrigen Strohdach? Oswin und Mary.“
„Und in jener dort?“
„Alfred. Der arme Alfred hat seine Frau verloren, als sein Sohn Wat geboren wurde. Wat ist in meinem Alter.“ Und zurückgeblieben, dachte sie, bei der Geburt zu Schaden gekommen. Davon erzählte sie Adam jedoch nichts. Alfreds Kate wirkte heruntergekommen. Was war mit ihm geschehen? Als Bauer hatte Alfred nicht zu den Leibwächtern ihres Vaters gehört, doch vielleicht war er einer der Dörfler gewesen, die zusammengetrommelt worden waren, um mit Hacke oder Mistgabel bewaffnet gen Hastings zu ziehen? Wenn ihm etwas zugestoßen war, wer kümmerte sich dann um Wat?
Sie erreichten die Mühle. „Wie heißt das auf Englisch?“
„Mühle.“
„Mühle“, wiederholte Adam bedächtig. „Mühle.“
Hatte er wirklich vor, Englisch zu lernen? Cecily betrachtete verstohlen sein Profil, verwundert darüber, wie erpicht sie darauf war, sich jede Einzelheit genau einzuprägen: von der Farbe seiner Haare, die selbst im schwachen Licht schimmerten, bis hin zu seiner geraden Nase. Erfüllt von etwas, das eine seltsame Ähnlichkeit mit Sehnsucht aufwies, betrachtete sie den unwiderstehlichen Schwung seiner Lippen, als Adam ihr das Gesicht zuwandte und sie ansah. Hastig senkte sie den Blick und plapperte drauflos.
„Der Müller heißt Gilbert. Er ist mit Bertha verheiratet, und als ich fortging, hatten sie eine Tochter namens Matty und zwei Söhne, Harold und Carl. Matty müsste jetzt vierzehn sein und die beiden Jungen elf und zwölf.“
Adam nickte. „Mühle“, wiederholte er.
Sie ritten weiter. Vor ihnen erhob sich die Dorfkirche, ein einfaches strohgedecktes Gebäude mit einem Kreuz auf dem Dachfirst.
„Und dieses Bauwerk? Wie heißt das auf Englisch?“
„Kirche.“
„Kirche“, murmelte Adam. „Kirche.“ Er wechselte wieder ins normannische Französisch. „Sie ist aus Holz, wie die Katen und die Mühle. Es gibt keine Steingebäude in Fulford. In meiner Heimat, der Bretagne, ist das ebenso; im Allgemeinen sind nur die Burgen mächtiger Adliger und die Kathedralen aus Stein gebaut.“
Cecily nickte geistesabwesend. Ihre Augen waren auf den
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