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Novizin der Liebe

Novizin der Liebe

Titel: Novizin der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CAROL TOWNEND
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mehr übrig für bretonische Ritter, die kein Englisch sprachen. Ihr Augenmerk galt einzig und allein Gudrun. Sie entdeckte sie auf einer Bank an der Wand, halb versteckt hinter dem zurückgezogenen Vorhang, der den Schlafbereich vom Rest des Saals trennte. Der Schleier, der ihr braunes Haar bedeckte, war züchtig nach vorn über die Schultern gezogen, um ihre Blöße zu bedecken, denn Gudrun hatte ihr Mieder aufgeschnürt. Ein Säugling lag an ihrer Brust.
    Philip! Cecily eilte zu ihr und hatte Mühe, ihre Aufregung zu verbergen. Philip war kleiner, als sie gedacht hatte, mit einem zerknitterten Gesichtchen und einem erstaunlich dichten dunklen Haarschopf. Er hatte die Augen geschlossen, doch er saugte kräftig. Ihr Bruder! Der rechtmäßige Erbe von Fulford Hall.
    „Lady Cecily!“ Der Ausdruck tiefer Verblüffung auf Gudruns Gesicht machte rasch einem erleichterten Lächeln Platz. „Das ist Philip.“
    Cecily kniete auf dem Binsenstroh nieder, das den Boden bedeckte, und strich dem Kind über das Köpfchen. „O Gudrun, er ist so niedlich.“
    Gudruns Züge wurden weicher. „Nicht wahr?“
    Ein anderes Kind, ein pummeliges, rotbackiges Bündel, schlief in einem Weidenkorb zu Gudruns Füßen. Behutsam strich Cecily über ein rundliches Füßchen, das unter der Decke hervorlugte. „Und das hier? Wer ist das?“ Sie zupfte die Decke wieder zurecht.
    Gudrun lächelte. „Das ist meine kleine Agatha.“
    „Agatha. Sie ist auch entzückend.“
    Cecilys Blick wanderte zurück zu ihrem Bruder. Und während sie gegen die Tränen ankämpfte, sagte Gudrun leise zu ihr: „Ich bin sehr froh, dass Ihr gekommen seid, Mylady. Wilf und ich hatten Angst, als die da …“, sie schielte in Richtung der Feuerstelle in der Mitte des Raums, um das Richard und seine Gefährten sich versammelt hatten, „… hier aufgetaucht sind. Angst vor dem, was sie tun könnten. Wir wussten nicht, was das Beste für den Kleinen wäre: hierbleiben oder fortgehen wie Eure Schwester. Doch nun seid Ihr da, und Ihr wisst bestimmt, was zu tun ist. Ihr werdet doch bleiben, nicht wahr, Mylady?“
    „Ja, ich werde Sir Adam heiraten.“
    Die Augen weit aufgerissen, starrte Gudrun auf Cecilys Nonnentracht, auf das hölzerne Kreuz vor ihrer Brust. „Ihr, Liebes?“
    Cecily konnte sich eines Lächelns nicht erwehren. Gudrun hatte sich nicht verändert, dem Himmel sei Dank. Manchmal erinnerte sie sich daran, Cecily mit ihrem Titel anzusprechen, meist jedoch genügte ihr ein vertrauensvolles „Liebes“. Und das war Cecily nur recht.
    Ein Schatten verdunkelte den Eingang. Adam. Er hatte seinen Kettenpanzer und sein Schwert abgelegt. Ein schlichter grüner Waffenrock bedeckte seine breiten Schultern, und um die schmalen Hüften war ein Gürtel mit einer silbernen Schnalle geschlungen. Wie Cecily bereits im Kloster aufgefallen war, wirkte er schlanker ohne seine Rüstung. Sein Anblick war eine Augenweide. Er war ihr Feind, doch so unwahrscheinlich es auch anmutete, sie genoss es, ihn anzusehen. Es war zutiefst verwirrend. Er ging zum Feuer hinüber und streckte die Hände den Flammen entgegen. Sir Richard richtete das Wort an ihn, und Adam antwortete, ließ den Blick dabei jedoch durch den Saal schweifen, bis er sie entdeckte.
    Das tut er immer, wenn er einen Raum betritt, in dem ich mich aufhalte, dachte Cecily. Er sucht mich. Er beobachtet mich. Und gewiss nicht, weil mein Anblick ihm gefällt … nein, er misstraut mir. Ich muss auf der Hut sein, um Philips willen.
    „Nun, ich weiß nicht“, fuhr Gudrun fort. „Ich dachte, Ihr wäret Gott versprochen. Doch da Eure Schwester nichts von ihm wissen will, ist es vielleicht das Beste so.“
    „Ja. Ich … ich glaube schon. Erzähl mir, wie ist der Stand der Dinge hier auf Fulford?“
    Gudrun plapperte sogleich drauflos: Lufu, die Köchin, sei verschwunden; die Fleischvorräte so gut wie aufgebraucht, sie, Gudrun, und ihr Gatte Wilf bräuchten Unterstützung bei der Arbeit, denn Marie, die Dienstmagd ihrer Mutter, sei seit Lady Philippas Tod zu rein gar nichts mehr zu gebrauchen …
    Während Gudrun redete, ließ Cecily den Blick durch die Halle schweifen. Nichts schien sich verändert zu haben, nichts wirkte beschädigt. Vergangenen Monat war die Welt auf den Kopf gestellt worden, und der einzige Missstand, den Cecily entdecken konnte, war, dass man die Binsen, die den Lehmboden bedeckten, bereits vor Wochen hätte austauschen müssen.
    „Gudrun?“, unterbrach Cecily den Redefluss der

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