Nr. 13: Thriller (German Edition)
witterten?
Oder waren sie Opfer geworden? Daniel fragte sich, ob Stefan die beiden die ganze Zeit, in der alle dachten, sie wären tot, gegen ihren Willen festgehalten hatte. Vielleicht hatte er seiner Frau den Verrat, der ihn ins Gefängnis brachte und seinen Ruf zerstörte, heimgezahlt, indem er Noel wieder missbrauchte und sie zwang, zuzuschauen.
Und was, wenn es gar nicht Noel war, den Gloria gesehen haben wollte? Hieß das, der Junge war längst genauso tot und spurlos entsorgt wie seine Mutter? Glaubte Daniel der an beginnender Demenz erkrankten Frau Hamacher?
Leander steckte Notizblock und Stift weg. „Ich besorg als Erstes die Vergleichsproben.“
„Und ich werde zu Stefan Haas fahren, um ihm auf den Zahn zu fühlen.“ Noch während Daniel sprach, schob er seinen Chopper ein Stück rückwärts und drehte ihn geschickt um 180 Grad. Schnee knirschte unter den Rädern. „Im Krankenhaus gibt es keinen Uwe Beck, der für ihn redet, und keinen Roman Schäfer, der sich schützend vor ihn stellt. Nur ihn und mich.“
„Wenn du so redest, machst du mir Angst“, sagte Leander, grinste jedoch.
38. KAPITEL
Diesmal benutzten sie den Fahrstuhl. Während sie ins Untergeschoss fuhren, schwieg Benjamin betreten. Weil er schlecht über Roman Schäfer gedacht hatte. Und weil er vermutlich einen Fehler begangen hätte, wenn Roman ihn nicht davon abgehalten hätte.
„Du willst doch wohl nicht dein erstes Mal mit einem wegen Pädophilie verurteilten Sexualstraftäter verbringen, Kobold“, hatte Roman ohne jegliche Verachtung in der Stimme gesagt, sondern wieder ganz der väterliche Freund. „Such dir einen Jungen in deinem Alter, warte auf die große Liebe und dann gib dich mit Haut und Haaren hin.“ Noch bevor Ben eine Entscheidung getroffen hatte, schloss Roman die Schlafzimmertür, die er einladend aufgehalten hatte, wieder. „In dir steckt viel Leidenschaft, das spüre ich. Vergeude sie nicht an eine Bestie wie mich. Du hast etwas Besseres verdient.“
Ben bedauerte die verpasste Chance, erste homosexuelle Erfahrungen zu sammeln, war aber erleichtert. Mit Roman zu schlafen hätte sich nicht richtig angefühlt. Nachdem falsche Kumpels beinahe sein Leben zerstört hatten, suchte er eigentlich keine Freundschaften zu Typen, die Dreck am Stecken hatten, und wäre beinahe doch schwach geworden.
Wie gut, dass Roman die Notbremse gezogen hatte. Am Ende hatte sich der Sexualstraftäter wie ein edler Ritter verhalten.
Aber warum fasste er ihn bei jeder Gelegenheit an?
Beim Verlassen der Wohnung hatte Roman ihm den Vortritt gelassen. Als Ben an ihm vorüberging, hatte Roman ihm unnötigerweise die Hand auf den Rücken gelegt. Jetzt, in der Kabine, stand er so nah bei ihm, dass sich ihre Arme berührten. Mit einem unergründlichen Blick musterte Roman ihn von oben bis unten, was Ben, nun, da klar war, dass sie getrennte Wege gehen würden, unangenehm war.
Im Lift stank es immer noch nach Michael Engels Zigarette, dabei musste es bereits Mittag sein, vielleicht sogar später. Kalter, abgestandener Rauch, der sich mit dem herben Duft von Romans Aftershave mischte und Ben auf den leeren Magen schlug.
Er war froh, als er der stinkenden Enge entkam. Im Flur gab es keine Heizung. Es war eiskalt. Durch die geschlossene Haustür hörte Ben die Protestrufe der Nachbarn. Entweder standen sie unmittelbar davor oder es waren an diesem Tag eine ganze Menge mehr Personen als üblicherweise, vermutlich beides. Bestimmt war der Artikel über Michael Engel der Auslöser für das offensivere Verhalten.
Durch die aggressiven Rufe, das Schlagen von Stöcken von außen gegen die Hauswand und die Trillerpfeifen bekam Benjamin eine Gänsehaut. So musste es sich in belagerten Burgen angefühlt haben, die früher oder später vom Feind gestürmt werden würden.
Ben fragte sich, warum die Anwohner die Nummer 13 nicht auch von der Parallelstraße aus tyrannisierten. Für ihn lag nur eine Erklärung nah. Reine Taktik. Die Anwohner des Viertels wollten mediale Aufmerksamkeit, wollten die Zeitungen, die Stadt Köln und die Politik gegen das Wohnprojekt aufhetzen, bis irgendwer Offizielles entschied, dass die Hausgemeinschaft der Pädophilen aufgelöst werden musste, bevor es zum Eklat kam. Bisher war dieser Plan jedoch nicht aufgegangen. Deshalb rückten die Widersacher vor.
War Bens bisheriger Durchschlupf längst versperrt?
Während Benjamin über die Bedrohung nachdachte, begleitete Roman ihn zum Hinterausgang. Noch in Gedanken bei dem
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