Nr. 13: Thriller (German Edition)
gefährlichen Mob, der sich da draußen zu bilden schien, weil die Bürgerwehr keine Unterstützung von der Obrigkeit erhielt und die Reinigung ihres Viertels darum selbst anging, nahm er Uwe Beck erst wahr, als er ihm den Weg versperrte. Breitbeinig, die Daumen in die Hosentaschen gesteckt, stellte er sich vor die Tür, durch deren Ritzen frostige Luft hereindrang. Immerhin war es dahinter still.
In Ben wuchs die Hoffnung, doch ungesehen das Gebäude verlassen zu können – falls er an Beck vorbeikam.
Wie ein angriffslustiger Rottweiler zog Romans Mitbewohner die schiefe Nase kraus. Seine dunkelblauen Augen sahen Ben mit einem stechenden, kalten Blick an. Die Gelassenheit, mit der er über seine Aknenarben rieb, als würde er darüber nachgrübeln, ob er Benjamin sofort oder erst später verspeisen sollte, jagte Ben Schauer über den Rücken.
„Wir müssen reden“, sagte Beck.
Benjamin wünschte sich, dass Roman sich vor ihn stellen würde, wie er es bei Engel getan hatte, aber er legte ihm lediglich von hinten die Hand auf die Schulter. Ben war unsicher, ob er das tat, um ihn zu beruhigen, oder ob es eine besitzergreifende Geste war.
Roman rückte von hinten näher an Benjamin heran. „Lass erst den Jungen gehen.“
„Das sollten wir uns gut überlegen, mein Freund.“
„Was soll das, Uwe? Die Diskussion hatten wir doch schon und ich habe klargemacht, dass ich hier die Entscheidungen bezüglich Kobold treffe.“
Das angenehme Kitzeln, das der Schweißtropfen, der zwischen Benjamins Schulterblättern hinablief, verursachte, passte so gar nicht zu dem Schrecken, den er empfand. Endlich wusste er, wer das hitzige Gespräch mit Roman geführt hatte, wer gesagt hatte, er wollte nicht, dass Ben das efeuberankte Haus betrat. Es war derselbe Mann, der ihn in diesem Moment daran hinderte, es wieder zu verlassen, der ihn vor einigen Tagen vor Roman gewarnt hatte, während dieser zum Kiosk gegangen war, um Bier zu holen, der sich als Gutmensch getarnt hatte und ihm in Wahrheit eine Scheißangst einjagen wollte, damit er, wie Ben in diesem Moment erkannte, nie mehr zurückkehrte. Da das nicht funktioniert hatte, fühlte er sich wohl gezwungen, seine Maske zu lüften und wie angedroht das Problem „selbst zu regeln“.
Beck pulte etwas aus seinen Zähnen und schnippte es weg. „Was weißt du eigentlich über ihn?“
„Ich habe keine Lust auf kryptische Fragen. Wenn du etwas zu sagen hast, dann sag es!“ Ungehalten zeigte Roman durch den Korridor zum Vordereingang. „Die stacheln sich gegenseitig auf und machen Stimmung gegen uns. Sie könnten jeden Moment die Tür aufbrechen, um uns zu lynchen. Bis dahin muss Kobold verschwunden sein!“
„Die Polizei wird das für uns erledigen.“ Beck schüttelte seinen Arm, sodass die Armbanduhr bis zum Handgelenk hinunterrutschte und unter dem Sweatshirt-Ärmel hervorkam, und schaute darauf. „Mittag ist fast rum. Im Krankenhaus gab es bestimmt schon Essen. Spätestens jetzt wissen die Bullen, dass Michael auf und davon ist. Und wo werden sie ihn als Erstes suchen? Na, hier natürlich. Sie werden die nicht angemeldete Protestaktion auf dem Bürgersteig zerschlagen.“
„Die Polizei darf Kobold hier nicht finden. Er hat genug eigene Probleme.“
„Aber nicht weil er auf der Straße lebt, wie er dir erzählt hat, sondern wegen seiner schlechten Schulnoten. Oder weißt du längst, dass er kurz vor dem Abi steht? Ich denke nicht, denn der Nachhilfeunterricht des Herrn Professors beschränkt sich ja auf Sexualkundeunterricht.“
Erschrocken keuchte Benjamin. Offenbar wusste Uwe Beck weitaus mehr, als er sollte. Beck schien darüber im Bilde, was zwischen ihm und Roman lief. Aber nicht nur das, auch dass Ben zur Schule ging, was wohl kaum jemand tat, der auf der Straße lebte. Woher hatte er diese Informationen? War Uwe Beck ihm nach einem seiner Besuche gefolgt? Hatte Beck womöglich herausgefunden, wo er wohnte und dass er mit dem ermittelnden Kommissar verwandt war?
„Was redest du da?“ Aus Romans Stimme war Unsicherheit herauszuhören.
Mit einem siegessicheren Lächeln auf den Lippen öffnete Beck die Loge des Hausmeisters, einen kleinen leer stehenden Raum neben der Tür, griff hinein und zog Bens Tasche heraus. Mit sichtlicher Genugtuung warf er sie auf den Boden. „Schau selbst nach. Darin sind seine Schulsachen und noch ein wenig mehr, wie ein Skizzenbuch. Wusstest du, dass unser Benni gerne Schwänze zeichnet?“
Verdammt! fluchte Benjamin in
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