Nr. 13: Thriller (German Edition)
entkommen? Roman war ihm keine Hilfe. Bald würde er Uwe Beck nicht einmal mehr von ihm ablenken. Dann würde er zwei Gegnern gegenüberstehen und nicht den Hauch einer Chance haben.
Über sich hörte er Beck sagen: „Mach ihn fertig. Das Schäfchen fällt weder in mein noch in dein Beuteschema und weiß zu viel. Ich übernehme seinen Hirten.“
Als der Gummihammer auf Romans Schädel traf, vernahm Benjamin ein Knacken. Es verursachte, dass der Inhalt seines Magens augenblicklich die Speiseröhre emporkroch. Trotz Würgen schaffte er es, ihn wieder hinunterzuschlucken. Aus dem Augenwinkel sah er Engels Turnschuhe. Sie kamen auf ihn zu.
Mit einem Satz war Ben auf den Füßen. Eine Flüssigkeit lief seine Wange hinab. Er wischte sie ab in dem Glauben, dass es sich um eine Träne handelte, so sehr er auch versucht hatte, sie zurückzuhalten. Doch seine Finger waren rot.
Ekel. Kummer. Grausen.
Sein Herz krampfte sich vor Todesangst zusammen.
Weil ihm nur ein Fluchtweg blieb, kletterte Ben auf den Tisch. Während er verzweifelt am Fenster rüttelte, sah er in seinem Spiegelbild die roten Flecken in seinem Gesicht. Spritzer von Romans Blut.
Ihm war kotzübel.
„Geh auf, verfluchte Scheiße!“, schrie er, zog am Griff und drehte ihn hilflos hin und her. „Geh schon auf!“
Plötzlich glühte ein Schmerz in seiner rechten Wade auf. Weil Ben so erschrocken war, spürte er ihn im ersten Moment nur wie den Stich einer Impfnadel. Lokal, ein kleiner fieser Punkt, der einen ärgerte, mehr nicht. Doch innerhalb weniger Sekunden breitete sich das Brennen aus, wurde größer und schmerzhafter. Als er hinter sich schaute, um zu erfahren, was geschehen war, und den Schraubendreher aus seinem Unterschenkel herausragen sah, loderten die Flammen auf und wurden zu einem alles verzehrenden Feuer.
Benjamin hyperventilierte. Abgehacktes, atemloses Stöhnen drang aus seinem Mund. Der Anblick verstörte ihn.
Aus einem Impuls heraus schnellte seine Hand vor, packte den Schraubenzieher und zog ihn heraus. Gequält schrie Ben auf. Seine Augen wurden feucht. Schweiß drang aus jeder Pore seines Körpers. Kaum dass er wieder etwas klarer denken konnte, fiel ihm ein, dass er das besser hätte lassen sollen. Aber jetzt war es zu spät. Die Wunde blutete zwar, aber es schoss keine Fontäne heraus. Es tat teuflisch weh.
Engel schlug auf ihn ein. Mit bloßen Fäusten wollte er ihn also fertigmachen. Doch er war genauso wenig ein Schläger wie Ben. Außerdem war Benjamin jetzt sauer. Stinkwütend! Er mobilisierte seine letzten Kräfte und wehrte ihn ab. Immer weiter schob er ihn zum Ausgang. Er boxte und trat ihn, als wäre er von Sinnen, und machte ihn glauben, er wollte durch die Zimmertür fliehen. Ben erkannte sich selbst nicht wieder. Härter als jemals zuvor kämpfte er. Der Schmerz in seiner Wade stachelte ihn an. Er nutzte das Brennen, die Flammen und das Feuer in seinem Bein wie Treibstoff für seinen Motor. Damit überrumpelte er Engel. Dieser war völlig perplex. Schließlich wehrte er die Angriffe nur noch ab.
Doch trotz seines neu erwachten Kampfgeistes schaffte es Ben nicht, den Raum zu verlassen. Zumindest nicht durch die Tür. Aber es gab eine Öffnung, die unbewacht war – die einzige und vermutlich letzte Möglichkeit, dem Tode zu entkommen.
Ohne über die Konsequenzen nachzudenken, hob er sein Knie. Er rammte es dem kastrierten Engel in den, so hoffte er, noch nicht verheilten Unterleib. Dieser klappte zusammen. Aber er fiel nicht, wie erhofft, zu Boden. Sondern er fing sich viel zu rasch wieder.
Benjamin verbot sich zu grübeln. Denn dann wäre er unsicher geworden. Und diese Unsicherheit hätte ihn gelähmt. Er zog die Kapuze seines Hoodies auf und die Ärmel über die Hände.
Ein letztes Mal schaute er zu Roman. Er sah dessen deformiertes, blutüberströmtes Gesicht und seine geschlossenen Augen und hoffte, dass sein Freund längst tot oder immerhin bewusstlos war und nicht mehr mitbekam, wie der Hammer ihn entstellte und Stück für Stück die Lebensgeister aus ihm herausschlug.
Dann rannte Ben los.
Er sprang auf den Tisch.
Zog den Kopf zwischen die Schultern.
Und brach mit dem Rücken durch das Fenster.
Die Scheibe barst in tausend Stücke. Er flog durch einen Regen aus Scherben. Einige bohrten sich durch den Pulli in seine Haut, aber es scherte ihn nicht. Nicht einmal, als er im Schnee ausrollte und sie dadurch tiefer in ihn hineingetrieben wurden.
Mühsam stand er auf. Er schaute kurz zur
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