Nr. 13: Thriller (German Edition)
verstand, weil das Blut in seinen Ohren laut rauschte. An den Lippen meinte er die Worte „Entschuldigung“ und „Flieh“ abzulesen. Im nächsten Moment vergrub Beck seine Finger in Romans Haaren, zerrte ihn zum Fenster und knallte seine Stirn auf die Platte des Tischs davor. Er erinnerte Ben an einen Rottweiler, der sich von der Leine befreit hatte und sich in seinem Besitzer verbiss.
Aufgrund seines dröhnenden Schädels brauchte Ben ein paar Sekunden länger, um die Situation zu erfassen. Der Weg zum Hinterausgang war frei! Nur das kleine Stück durch den Korridor, und er würde im Schnee stehen, den Duft der Freiheit tief in seine Lungen inhalieren und erleichtert aufatmen können. Die Schmerzen im Kopf und in der Seite entzogen ihm Energie. Unsicher auf den Beinen, wankte er durch den Raum.
Doch bevor er ihn verlassen konnte, tauchte Michael Engel in der Tür auf. „Was is ’n hier los?“
„Kümmere du dich um den kleinen Wichser da. Der darf uns nicht entkommen!“ Uwe Becks grobkörnige Wangen bebten, während er zuerst auf Benjamin, dann auf Schäfer zeigte, der sich gerade mühsam aufrichtete und an die Stirn fasste. „Dieser Scheißgelehrte hier gehört mir! Er wollte uns vorschreiben, was wir zu tun und zu lassen haben. Jetzt tut er so, als wäre er plötzlich ein verdammter Heiliger, als wäre er besser als wir! Das hat er nun davon.“
Kaum hatte er zu Ende gesprochen, schlug Beck wieder auf Roman ein. Aber er hatte zu viel Zeit mit Reden vertan, sodass sein Gegner sich etwas erholt hatte. Lautlos bot Schäfer ihm Paroli. Beck dagegen brüllte zornig, wobei sein Speichel durch die Gegend stob.
„Wenn du dich freiwillig hinkniest wie ’n Köter und auf sein Urteil wartest, wird er dir vielleicht nix tun.“ Mit seiner Zungenspitze bewegte Engel das Lippenpiercing hin und her.
Benjamin ging eigentlich jeder Konfrontation aus dem Weg, besonders einer körperlichen, aber jetzt und hier war er bereit dazu. „Eher würde ich sterben.“
„Kannste haben.“
Engel schoss nach vorne. Er versuchte, den Arm um Benjamins Hals zu legen, um ihn in den Würgegriff zu nehmen. Ben, in Alarmbereitschaft, wehrte ihn jedoch rechtzeitig ab. Das ging leichter, als er erwartet hatte. Engel war eben nicht Beck, kein Fels in der Brandung, sondern ähnlich gebaut wie Ben selbst. Er erkannte, dass er eine reelle Chance gegen Michael Engel hatte. Wie alt mochte er sein? Bestimmt nur zwei, drei Jahre älter als Ben.
Den Baum kannst du fällen, das schaffst du, feuerte sich Benjamin an, als er hinter sich eine Bewegung wahrnahm. Erschrocken fuhr er herum.
Uwe Beck langte in die Schublade, die durch Bens Aufprall aufgegangen war, da sie auf Rollen lief. Seine Miene hatte etwas Gruseliges, etwas Irres an sich, sodass Benjamin einen Schritt von ihm weg machte.
Breit grinsend, als hätte er den Topf mit Gold am Ende des Regenbogens gefunden, entnahm Beck einen Gummihammer. Er betrachtete ihn. Wog ihn in der Hand. Und schwang ihn einige Male durch die Luft.
Ängstlich riss Ben seine Augen auf. Er schaute zu Roman, aber der wischte sich gerade Blut aus dem Auge, da seine linke Augenbraue aufgeplatzt war, und bekam nichts mit.
Benjamin wich weiter von Uwe Beck zurück und öffnete seinen Mund, um Roman zu warnen. Da legte Michael Engel seinen Arm von hinten um Bens Hals. Vor Sorge um seinen Freund hatte Ben seine eigene Deckung vernachlässigt. Das rächte sich nun!
Der Schrei blieb ihm in der Kehle stecken. Blitzschnell duckte er sich, um der Umklammerung zu entgehen. Sein Plan klappte aber nur zur Hälfte. Engel konnte ihn zwar nicht würgen, aber er schlang beide Arme um Bens Taille und hielt ihn fest.
Nackte Angst ergriff Benjamin! Denn während er versuchte sich loszumachen, drehte sich Uwe Beck um und schlug mit dem Hammer auf Roman ein.
Immer und immer wieder.
Gnadenlos. Unbarmherzig. Lachend.
Michael Engel war nicht viel stärker als Ben, aber auch nicht schwächer. Minutenlang rangelten sie, ohne dass sich etwas an ihrer Situation änderte. Die Zeit spielte Engel in die Hände, erkannte Ben, denn der verurteilte Sexualstraftäter brauchte ihn nur festzuhalten, bis Beck mit Schäfer fertig war und ihn übernahm.
Dann wäre es aus! Aus und vorbei. Bye-bye, Leben.
Panisch hieb er hinter sich, in der Hoffnung, Michael Engel so wehzutun, dass er ihn freigab, aber er traf ihn kaum. Auch Engel schwitzte. Ben spürte seine Schweißtropfen im Nacken und auf seinem kurz rasierten Schädel.
Plötzlich schrie
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