Nr. 13: Thriller (German Edition)
hinein. Als Daniel näher fuhr, sah er, dass es Roman Schäfer war. Demonstrativ stellte dieser sich in den Eingang, breitbeinig und sichtlich angespannt. Während er mit dem Mann diskutierte, schaute er ihn zwar freundlich an, aber er schob ständig seine Armbanduhr an seinem Handgelenk hin und her. Warum machte der Fremde ihn nervös?
„Stefan möchte das nun mal nicht. Das hast du zu akzeptieren.“ Schäfer klang wie der Internatsdirektor, der er einmal gewesen war: höflich, aber bestimmt und über seine Schäfchen wachend.
„Aber ihr müsst doch sogar abzählen, wie viele Blätter vom Klopapier ihr abreißt, bevor ihr euch den Arsch abwischt.“
„Das Geld reicht gerade so, aber es reicht.“
„Du hast doch auch mitgemacht. Warum nimmst du Haas jetzt in Schutz? Lass mich noch mal mit ihm reden. Dann überzeuge ich ihn schon.“
„Er hat Angst vor dir. Herrgott, wer kann es ihm verdenken, bei diesen blasphemischen Teufelshörnern? Was versuchst du damit zu kompensieren?“
Provokativ strich der Fremde über die rechte Wulst auf seiner Stirn. „Dann macht auch keiner Mätzchen mit mir.“
„Soll das eine Drohung sein?“
„Sei nicht schräg drauf, Roman. Wir sind doch Kumpels.“
„Geschäftspartner“, korrigierte Schäfer ihn.
„Wir ziehen an einem Strang. Ihr braucht Zaster, ich brauche Zaster. Ich habe ein Business und ihr die Ware. Du musst mit Haas reden. Überzeug ihn, dass er einen Deal mit mir machen muss.“
„Er muss gar nichts.“
„Ich kann auch etwas für ihn tun. Du weißt schon, was ich meine. Ein kleiner Bonus.“
„Kriminalpolizei.“ Daniel wurde es zu bunt. Er fuhr zu dem Freak und zeigte Dienstmarke und Polizeiausweis. „Ich verlange zu wissen, worum es geht.“
„Weil Ihre Stelzen nicht funktionieren, haben Sie wohl größere Ohren.“ Nur der auffällige Mann lachte über seinen Scherz.
Nervös schaute Schäfer hinter sich. Zu auffällig für Daniels Geschmack lehnte er sich mit der Schulter gegen den Türrahmen, als wollte er ihm den Blick ins Innere versperren. Verheimlichte er etwas? Ließ er deshalb diesen windigen Kerl nicht hinein?
Doch Schäfer hatte eins nicht bedacht. Daniel hatte den Sichtwinkel eines Kindes und brauchte sich lediglich etwas ducken, um zwischen Rahmen und seinen Beinen hindurchspähen zu können.
Zuerst sah er nur Dunkelheit. Doch da war etwas. Denn er hörte ein Zischen. Immer wieder. So, wie wenn Luft aus Schuhsohlen entweicht. Bei jedem Schritt. Das Geräusch wurde leiser. Jemand schlich durch den Korridor von ihnen fort. Wage machte Daniel in der Finsternis eine Bewegung aus.
Bevor er reagieren konnte, öffnete die Person die Tür am Ende des Ganges einen Spaltbreit und schlüpfte ins Freie. Daniel konnte gerade noch den langen dunklen Wollmantel erkennen, in dem der Flüchtende versank, und eine graue Kapuze. Der Mann, so vermutete Daniel, hatte die Größe eines Erwachsenen, aber die schlechte Haltung eines Jugendlichen.
Alarmiert setzte sich Daniel auf. „Leander!“
„Ich stehe direkt hinter dir.“
„Jemand hat sich durch den Hinterausgang verdrückt. Du musst ihn stellen.“ Daniel umfasste die Armlehnen so fest, als wollte er sie abreißen. Hatte der Bock ihm eben noch einen Vorteil verschafft, so bremste er ihn nun aus. „Ich brauche zu lange, um die Stufen zu überwinden.“
„Haben Sie einen Durchsuchungsbeschluss?“, fragte Roman Schäfer und verschränkte die Arme vor dem Oberkörper. „Wenn nicht, dann tut es mir leid.“
„Heuchler!“, unterdrückte Daniel mit Mühe. „Unter besonderen Umständen dürfen wir uns auch ohne richterliche Ermächtigungsgrundlage Zutritt verschaffen.“
„Sie suchen jemanden, aber dieser Jemand befindet sich nicht in meinem Haus, daher haben Sie keine rechtliche Handhabe, dieses Gebäude zu betreten.“ Schäfer zuckte mit den Achseln, während sein Bekannter ihm stumm mit einem Grinsen applaudierte.
Wie ein Verkehrspolizist winkte Daniel immer wieder in dieselbe Richtung. „Lauf um den Block zur Parallelstraße.“
„In der Polarjacke?“ Leander stöhnte, sprintete jedoch los. „Na bravo.“
Mit finsterer Miene wandte sich Daniel wieder Schäfer zu. „Ich könnte Sie wegen Behinderung von polizeilichen Ermittlungen drankriegen.“
„Wegen was ermitteln Sie denn? Bei Ihrem letzten Besuch ging es nur um eine fakultative Befragung, die ich bereitwillig über mich habe ergehen lassen. Liegen inzwischen Beweise für die diffamierenden Vorwürfe vor? Offenbar
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