Nr. 13: Thriller (German Edition)
Machte sich seine Mutter keine Sorgen um ihn? Warum ließen sie zu, dass das Monster ihm mit seinem Stachel wehtat?
Hemmungslos heulte er los. Er presste sein Gesicht in die Decke und wünschte sich, er könnte einfach aufhören zu atmen. Für immer.
25. KAPITEL
Daniel öffnete die Tür, damit wenigstens die Stimmen vom Korridor und aus den umliegenden Büros zu ihm drangen. An diesem Vormittag hielten sich Tomasz und Leander nicht im Präsidium auf. Dieser kleine Raum, der mit drei Personen überfüllt war, wirkte nun unangenehm leer.
Es gefiel Daniel nicht, an einem anderen Fall zu arbeiten als seine beiden Kollegen. Tom und er waren in den vergangenen Jahren meistens Mitglieder derselben Mordkommission gewesen. Doch nun forderte EKHK Fuchs ihn – auf Anweisung von Christian Voigt, so vermutete Daniel – häufig bei Tötungsdelikten an, bei denen die Sachlage von vornherein klar waren. Ein Sonderermittler ohne besondere Fälle. Diesmal jedoch hatte sich der Kriminaldirektor geschnitten und zwar so tief, dass es heftig bluten und wehtun musste.
Daniel war der Rothaarigen ein gutes Stück näher gekommen. Noch hatte er ihre Leiche nicht gefunden, wohl aber ihren Mörder, so schien es.
Grübelnd saß er in seinem Büro und vermisste sogar Leander. Vor allem Leander.
„Verflucht!“ Die Dinge änderten sich, ohne dass Daniel etwas dagegen tun konnte. Dabei mochte er es, wenn alles so blieb, wie es war. Beständigkeit entspannte ihn, weil er in seiner Kindheit in ständiger Angst vor plötzlichen Übergriffen seines Vaters gelebt hatte. Er hatte so hart an einem stabilen Umfeld gearbeitet, nun jedoch brach es auseinander. Stück für Stück verlor er die Kontrolle in jedem Bereich seines Lebens, und das drückte auf seine Stimmung. Er fühlte sich einsam: im Präsidium und auch zu Hause in der Südstadt, denn Benjamin war oft unterwegs – Daniel hoffte, dass neue Freunde oder gar eine Freundin der Grund dafür waren – und Marie arbeitete bis spätabends an den Kostümen für ein neues Musical, das bald Premiere feierte. Denkbar auch, dass sie ihm aus dem Weg ging, um weitere Diskussionen zu vermeiden.
Daniel stieß einen Seufzer aus und las den Bericht des forensischen Labors über die Untersuchung der braunen Kutte. Egal ob man sie für eine Mönchstracht oder ein Star-Wars-Kostüm hielt, sie konnte eine Rolle in einem Mordfall gespielt haben und Elisabeth Hamachers Zeugenaussage belegen.
„Ha!“, gab er von sich und klatschte in die Hände. Seine Vermutung bestätigte sich!
Die Kriminaltechniker hatten auf dem Kapuzenumhang neben Blut auch den Speichel einer weiblichen Person gefunden. Daniels Freude darüber hielt sich allerdings in Grenzen. Ohne Leichnam oder auch nur die Identität des Opfers zu kennen, konnten sie an keine DNA-Vergleichsprobe herankommen.
Aber dann stutzte er. „Was zum Henker …?“ Er las den Satz erneut, über den er gestolpert war.
Zu seiner Überraschung stammte das Blut nicht von der Unbekannten, sondern von Michael Engel. Als sie sich wehrte, hatte sie ihn da etwa gekratzt? Gegen diese Theorie sprach allerdings die große Menge Blut, die der Stoff aufgesogen hatte. Es handelte sich nicht nur um ein paar Tropfen, sondern eine handtellergroße Fläche, die notdürftig ausgewaschen worden war. Nicht gut genug, denn es konnte noch nachgewiesen werden.
„Mm“, machte Daniel. Noch etwas anderes irritierte ihn.
Die Mitarbeiter der Forensik fanden nur Schuppen und herausgerissene oder abgebrochene Haare von Engel und von zwei weiteren Personen – jedoch kein karottenfarbenes. Wenn es ein Gerangel gegeben und der Täter das Opfer am Schopf gezogen hatte, wie Frau Hamacher ausgesagt hatte, hätte doch wenigstens ein einziges rotes Haar an dem Baumwollstoff haften bleiben müssen.
Nachdenklich strich Daniel über seinen Bart.
Er musste daran denken, was Marie ihm von ihrem Treffen mit der alten Dame im Altersheim berichtet hatte, als sie das Phantombild nach Angaben der Augenzeugin hatte zeichnen sollen. Das Opfer besaß schlaffe Brüste, was vermuten ließ, dass entweder eine oder mehrere Schwangerschaften hinter ihr lagen oder sie im fortgeschrittenen Alter war.
So oder so passte sie nicht in Michael Engels Beuteschema, einem wegen Pädophilie verurteilten jungen Mann.
„Irgendetwas stimmt hier nicht“, sagte Daniel zu sich selbst. Er lehnte sich in seinem Chopper zurück und starrte aus dem Fenster, ohne wahrzunehmen, was sich am Himmel zusammenbraute, denn sein
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