Nr. 13: Thriller (German Edition)
mit Reiswein hinweg. Seine dunklen Augen funkelten belustigt.
„Du musst Quast in die Mangel nehmen. Quetsch ihn aus wie eine Zitrone.“ Langsam schloss sie ihre Faust, als würde sie genau das tun.
„Baby, so kenne ich dich ja gar nicht.“
Verlegen kicherte sie und nippte an ihrem grünen Tee. Nach all den Tagen angespannten Zusammenlebens seit ihrer Diskussion über eigene Kinder tat es gut, endlich einmal wieder zu lachen. „Lass aber die Schusters außen vor, so lange es geht. Ich möchte sie nicht in Gefahr bringen.“
„Ich werde sehen, was ich tun kann.“ Während Daniel in seinem Essen herumstocherte, sagte er leise, ohne aufzusehen: „Hast du mal über Adoption nachgedacht?“
Der plötzliche Themenwechsel erwischte sie kalt. Sie brauchte einige Sekunden, um sich zu sammeln. Wahrscheinlich wollte er ihre gute Laune ausnutzen, um dieses ernste Thema anzusprechen. Das war ein Fehler gewesen. „Nein.“
„Über Samenbanken?“
„Red keinen Unsinn! Ich will kein Kind von einem Fremden.“
„Aber mein Schwanz ist nutzlos und meine Ei… Hoden auch.“ Der Chinaimbiss hatte nur einen Glückskeks in die Tüte gepackt. Mit einer versöhnlichen Miene schob er ihn zu Marie hinüber. „Du solltest über Alternativen nachdenken.“
Er hatte nicht wir gesagt, bemerkte Marie. Offenbar saßen sie, was diese Angelegenheit betraf, nicht in einem Boot. Für ihn schien die Sache klar zu sein: Er konnte keine Kinder zeugen, also wollte er auch keine haben. Wenn sie Nachwuchs wollte, würde sie sich selbst und alleine darum kümmern müssen. Aufbrausend gab sie Daniel den Keks zurück, indem sie ihn auf sein Set knallte, sodass er zerbröselte. „Dann soll es eben nicht sein.“
„Im Alter wirst du bereuen, nie Nachwuchs gehabt zu haben.“
„Ich bin stärker, als du glaubst.“
„Du bist zerbrechlich wie ein Grashalm, sieh dich doch an.“
„Du kannst mich mal!“, rutschte ihr heraus. Sie erschrak über sich selbst. So etwas hatte sie noch nie zu ihm gesagt.
Im nächsten Moment schämte sie sich bereits für ihren Gefühlsausbruch. Weil sie von ihren Eltern gelernt hatte, stets die Haltung zu wahren. Weil sie wusste, dass Daniel es nur gut meinte. Aber vor allen Dingen, weil er bewies, dass das Thema sie emotional aufwühlte.
Daniel zwang sie, sich dieser Verletzlichkeit, die sie so verzweifelt zu verdrängen versuchte, zu stellen. Das brachte sie erneut gegen ihn auf.
Einen Schritt vor und zwei zurück.
Wütend darüber, dass Daniel die lockere Stimmung zerstört und sie seine Aussage durch ihren Ausbruch bestätigt hatte, zerriss sie das Tütchen mit dem zerbrochenen Glückskeks. Der Inhalt fiel auf die Tischplatte. Zwischen den Krümeln fischte sie den länglichen Zettel heraus und las:
Werde nie zornig, sonst könntest Du an einem
einzigen Tag das Holz verbrennen, das Du
in vielen sauren Wochen gesammelt hast.
(chinesische Weisheit)
27. KAPITEL
Daniel schloss die Tür des Behinderten-WCs hinter sich und massierte seinen Bauch. Das chinesische Essen vom Vorabend lag ihm immer noch schwer im Magen. Oder die Unterhaltung.
Er hatte geahnt, dass es nicht leicht werden würde, mit Marie über künstliche Befruchtung und Adoption zu sprechen, weil es nicht das war, was sie wollte. Aber irgendwann hatte er das Thema anschneiden müssen. Nur wenn sie darüber sprachen, konnte sich die unsichtbare Trennwand zwischen ihnen auflösen. Sie küssten sich weder morgens zum Abschied noch abends zur Begrüßung. Nähe und Intimität schienen erst wieder möglich zu sein, nachdem sie eine Lösung gefunden hatten. Doch wie sollten sie das schaffen, wenn Marie das Problem lieber totschwieg, weil es ihr zu wehtat, sich damit auseinanderzusetzen?
Daniel leerte seinen Katheterbeutel, wusch sich die Hände und fuhr zum Vernehmungsraum des Kriminalkommissariats 11, in dem Vinzent Quast schon auf ihn wartete.
„Wieso bin ich wirklich hier?“
„Was meinen Sie?“, fragte Daniel und ließ seinen Blick unauffällig über den Diamanten schweifen, den Quast auch heute wieder trug.
„Sie behaupten, dass Sie Fragen zu den Jungs in der Nummer 13 haben. Aber in Wahrheit geht es doch um mich, nicht wahr?“
Hatte er etwas zu verbergen? „Erläutern Sie das.“
„Es ist doch so.“ Vincente neigte sich vor und stützte sich mit den Ellbogen auf dem Tisch ab. „Sie sehen mich und denken: Was für ein abgefuckter Typ! Die spitzen Eckzähnen die schwarzen Klamotten und die roten Kontaktlinsen, das ist doch
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