Nr. 13: Thriller (German Edition)
ihn davor bewahren. Ich bin persönlich nach Graubünden gefahren. Im ersten Schritt werden Kohlenstoffreste rausgefiltert, die mit einer 60 000-Bar-Presse erst zu Grafit und dann zu einem synthetischen Diamanten gepresst werden. Hab mich für einen mit 0,4 Karat entschieden. An die 5 000 Euro habe ich dafür hinblättern müssen. Aber die Kohle kriege ich bestimmt schnell wieder rein, denn Walter war der Start für ein neues Geschäftsmodell.“
„Aus menschlicher Asche Juwelen pressen zu lassen?“ Daniel traute seinen Ohren kaum.
„Oder tierischer. Schon einige Kunden haben diesen Service in Anspruch genommen. Ein Paar legte sogar 20 000 hin, um einen Einkaräter zu bekommen.“
„In Deutschland herrscht aber Bestattungspflicht.“
„Deswegen habe ich mir einen Helvetier als Geschäftspartner gesucht. Die da drüben sind viel lockerer.“
In Daniel schwelte eine böse Vorahnung, die seine Magenschmerzen verschlimmerte. „Kann es unterschiedliche Farbtöne geben?“
„Sehen Sie, auch Sie sind begeistert! Im Körper ist Bor enthalten. Das ist ein Halbmetall. Jeder trägt unterschiedlich viel in sich. Und die Menge entscheidet über den Blauton.“
„Ich muss Ihre Rechnungen einsehen.“
Überrascht starrte Vincente ihn an. Er drehte unentwegt seinen Totenkopf-Ring am Finger. Dann fasste er sich an sein Tragus-Piercing, wohl um zu prüfen, ob der Stecker noch fest saß. Er schaute zum Fenster hinter sich, als wäre ihm plötzlich eingefallen, dass es heiß im Raum war, roch unter seinen Achseln und ließ seinen schwarzen Ledermantel über seine Schultern gleiten. Wieder das Piercing am Ohr. Er trank einen Schluck Cola und warf dabei einen Blick zum Venezianischen Spiegel. Tragus, die dritte.
Daniel fragte sich, ob Quast etwas zu verbergen hatte, weil er plötzlich so nervös wurde. Seinen Kundenstamm? Von welchen Verstorbenen die Asche stammte? Oder dass er seine Buchhaltung doch nicht sauber führte?
Schließlich zuckte Vincente mit den Achseln. „In Ordnung. Damit Sie sehen, dass bei mir alles legal zugeht. Und dass ich ein netter Kerl bin.“
„Ja, sicher.“
Am Nachmittag brachte Vincente den Ordner, der sowohl die offenen als auch die beglichenen Forderungen der Kunden, die Asche eines Angehörigen über ihn zu einem Diamanten hatten pressen lassen, im Präsidium vorbei.
Aufgeregt schaute Daniel sie durch. Es musste sich ein Hinweis auf Leentje und Friedrich Schuster finden! Die Spur war zu heiß, um ins Nichts zu laufen.
Das Telefon lag bereits neben ihm, damit er Marie sofort anrufen konnte, sobald er seine Theorie bestätigt fand. Er wollte ihr nicht nur helfen, den Verbleib von Thijs zu klären, sondern auch bei ihr punkten und damit den letzten Streit wiedergutmachen, denn der ging auf sein Konto.
Aber in den Unterlagen tauchten die Schusters nicht auf.
28. KAPITEL
„Bist du ein Kaninchen, oder was?“ Kopfschüttelnd betrachtete Daniel den Teller in Leanders Hand. Auf einem Haufen Grünzeug lagen einige mickrige Stücke gebratenes Hähnchenfleisch.
Der Hospitant setzte sich ihm gegenüber. Die Kantine im Polizeipräsidium hatte sich bereits bis auf wenige Plätze geleert, da die Mittagszeit fast vorbei war. „Das ist wenigstens gesünder als Schnitzel mit Pommes, beides frittiert.“
„Ich lebe vielleicht kürzer als du, aber glücklicher.“
„Wir sprechen uns in 20 Jahren wieder.“
Daniel fragte sich, ob er sich das nur einbildete, aber Leander wirkte anders als sonst. Sein Lächeln hielt nie lange an. Normalerweise saß er immer mit aufrechtem Oberkörper, steif, wie ein englischer Aristokrat. Jetzt jedoch machte er einen Buckel und ließ seine eckigen Schultern hängen.
„Alles in Ordnung?“, fragte Daniel beiläufig.
Lustlos schob Leander einen Streifen roter Paprika hin und her. Er zögerte, schien in sich hineinzuhorchen. Schließlich rückte er stockend mit der Sprache heraus: „Ich … ich weiß nicht, ob … der Polizeidienst etwas für mich ist.“
Bestürzt hörte Daniel mit dem Kauen auf. Damit hatte er nicht gerechnet. Mit gerunzelter Stirn schaute er sein Gegenüber an. Er schluckte den Bissen Fleisch, den er gerade im Mund hatte, hinunter. Seine Kehle fühlte sich an, als wäre sie enger als zuvor. „Du schlägst dich doch prima. Verstehst dich gut mit allen.“
„Mein Vater hielt nie mit seiner Meinung hinterm Berg. Alle fanden seine Ehrlichkeit toll. In meinen Augen verletzte er damit viele Menschen.“
Daniel hatte keine Ahnung, was das mit
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