Nr. 13: Thriller (German Edition)
Mundwinkel hingen herab. Sie schaute kurz zum Fenster hinaus und schien innerlich zu seufzen.
Trotz der beiden Duftkerzen, die brannten und einen intensiven Geruch verströmten – eine stand auf dem Couch- und eine auf dem Beistelltisch –, folgte Ben ihr. Er mochte keine Kerzen. Sie erinnerten ihn an die Beerdigung seines Großvaters.
Benjamin kannte den Grund nicht, aber er spürte, dass dicke Luft zwischen Marie und Daniel herrschte. Sie wussten das gut vor ihm zu verbergen, sprachen freundlich miteinander und schrien sich nicht an, wie seine Eltern es taten, wenn sie Streit hatten. So waren die beiden einfach nicht. Aber die Atmosphäre war bedrückend. Sie küssten sich nicht und nahmen sich auch nicht in den Arm, was untypisch war. Das belastete auch ihn. Er wollte, dass die beiden glücklich waren. Sie hatten es verdient.
Vorsichtig, damit das Handtuch nicht vorne aufklaffte, nahm er neben ihr Platz. „Das mit Daniels Tätowierung ist krass. Dein Name an seinem Ringfinger. Das würden nicht viele Männer tun.“
„Ist auch weiser.“
Verdutzt über ihre Antwort, brauchte er einen Moment, um etwas Aufmunterndes zu erwidern. „Manchmal muss man etwas Verrücktes tun, um seine Liebe zu beweisen.“
„Er muss nichts beweisen.“
„Dann weißt du auch so, dass er dich liebt?“
Endlich lächelte sie, aber das Lächeln konnte nicht den Kummer aus ihren Augen vertreiben. „Natürlich.“
Aber was war mit ihr? Liebte sie ihn auch noch? Ben wagte nicht, danach zu fragen. Über Gefühle zu reden, fiel ihm schwer. Daher machte er eine weitere Anspielung. „Den Ehering könnte er verlieren, das Tattoo dagegen ist für die Ewigkeit.“
„Es setzt einen aber auch ganz schön unter Druck.“ Verlegen schlug sie die Zeitung auf.
Als Benjamin sich gerade ein Herz gefasst hatte zu fragen, ob sie damit meinte, sich auch eins stechen lassen zu müssen, oder ob Daniels Tätowierung verhinderte, dass sie – jetzt oder eines Tages – die Trennung von ihm verlangte, sah er Roman.
Nicht in Person, sondern sein Konterfei neben einem Artikel. Unter dem Foto stand: Der clevere Kopf der Pädophilen, Prof. Dr. Roman Schäfer, ehemaliger Leiter des privaten Jungeninternats Wehrich .
Ungehalten klopfte Ben mit dem Zeigefinger auf die Titelzeile, die da lautete: Das Böse in Nummer 13. „Das Scheiß-Blatt zettelt ja eine regelrechte Hetzkampagne an.“
„Sie klären nur die Bevölkerung darüber auf, wer in ihrer Nachbarschaft wohnt. Hätte ich Kinder und würde in Ehrenfeld leben, würde ich das auch wissen wollen.“
„Sie prangern sie an! Mit Foto! Bald können Ro… dieser Schäfer und seine Kumpels nicht mal mehr zum Einkaufen gehen, ohne Angst haben zu müssen, erschlagen zu werden.“
„Beruhige dich. Du bist ja ganz aufgeregt.“ Sanft rieb Marie über seinen Handrücken. „Köln ist nicht die Bronx.“
„Sie haben ihre Strafe abgesessen. Wofür haben wir denn das verdammte Justizsystem, wenn man nach dem Knast immer noch als schuldig gilt?“
„Ich verstehe dein Argument ja, aber …“
„Das sind doch auch nur Typen. Der da sieht doch eigentlich recht nett aus.“
„Das ist Teil ihrer Masche.“
„Wie meinst du das?“
„Sie werfen lächelnd einen Köder aus und hoffen, dass ihr Opfer anbeißt.“ Marie nahm ihren Tee und blies auf die Oberfläche. Vorsichtig nippte sie und trank einige kräftige Schlucke.
Dialoge tauchten in Bens Erinnerung auf. Gespräche, die ihm zunehmend Bauchschmerzen bereiteten.
„Ich heiße Roman. Hast du Hunger? Ich habe Käse und Mortadella da. Magst du italienische Schinkenwurst? Was hast du da?“
„Nichts. Der Pulli kratzt nur.“
„Du kannst bei mir baden.“
„Sie geben sich betont sympathisch und kumpelhaft, nicht wie Erwachsene, sondern eher wie Gleichaltrige.“ Marie stand auf, ging zum Wohnzimmerschrank und öffnete eine der unteren Schubladen. Lautlos, da sie ihre Lammfellhausschuhe trug, kehrte sie zu Ben zurück und hielt ihm eine Kekspackung hin.
Benjamin schüttelte den Kopf. Er hätte keinen Bissen hinunterbekommen, obgleich es sich um seine Lieblingssorte handelte, mit Schokoladentropfen und Nüssen. Das Gespräch mit Roman, das in seinem Kopf erneut stattfand, bewirkte, dass ihm speiübel wurde.
„Willst du ein Bier? Warte hier. Ich gehe eben zum Kiosk an der Straßenecke und hole einige Flaschen für uns.“
„Ich dachte, du hättest welches da. Für mich brauchst du nicht los.“
„Das mache ich gerne.“
„Extra für
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