Nr. 13: Thriller (German Edition)
Polizeipräsidiums markierte, war ein Provisorium. Der Hausmeister hatte die Ziffern von Daniels Autokennzeichen mit der Hand übertragen, das Stück Papier in eine Klarsichtfolie gesteckt und mit Tesafilm aufgehängt.
„Damit es schnell und jederzeit wieder entfernt werden kann“, murmelte Daniel, der es abfällig betrachtete, während sein Chopper vor seinem Wagen ausrollte. „Bestimmt auf Anweisung von Direktor Voigt.“
Daniel dachte über das nach, was Leander in der Kantine über die Wertschätzung der Kollegen gesagt hatte. Vielleicht traf das in Wahrheit auf ihn selbst genauso zu: „Ich gehöre zu keinem Team, sondern komme mir vor, als würden alle versuchen, mich schnellstmöglich abzuschieben.“
Der Status „externer Sonderermittler“ ermöglichte ihm, entgegen der Statuten wieder beim KK 11 mitzuarbeiten. Jedoch bedeutete das gleichzeitig, dass er nicht dazugehörte. Er war nur Gast, nur hin und wieder geduldet, der arme Krüppel, dem man nicht den Todesstoß geben wollte, indem man sagte, dass er ein Klotz am Bein war und zu Hause bleiben konnte, der durch eigenmächtige Ermittlungen seine Rückkehr erzwungen hatte und der mit seinem Rollstuhl nur im Weg stand.
On-off-Beziehungen waren eigentlich nicht Daniels Ding. Scheidungen ebenso wenig. Plötzlich konnte er es kaum abwarten, nach Hause zu kommen und Marie zu sagen, dass er mitziehen würde, egal welche Entscheidung sie traf, denn er konnte sich ein Leben ohne sie nicht vorstellen.
Als er gerade in der Rückenlehnentasche nach seinem Schlüssel kramte, klingelte sein Handy. Er holte es hervor und schaute aufs Display. Ein Balken, immerhin. Kurz fragte er sich, ob er den Namen, unter dem er Leanders Nummer in sein Telefonbuch eingetragen hatte, ändern sollte, aber Spargel klang auch nicht respektvoller als Leia . Grinsend meldete er sich: „Ich bin schon auf der Straße.“
„Lügner.“
„Woher willst du wissen, dass es nicht so ist?“, fragte Daniel und grüßte Vasili „Papa“ Papadopoulos. Der Goth aus dem KK 35, zuständig für Computerkriminalität, schwebte wie ein kolossaler, aber lautloser Schatten an ihm vorüber.
„Du hast keine Freisprechanlage und gehst wegen der Handschaltung nie ran.“
Daniel drückte auf die Taste am Autoschlüssel. Die Lichter an seinem behindertengerecht umgebauten Wagen blinkten kurz auf. „Ich habe Anfang Mai Geburtstag. Jetzt weißt du, was du mir schenken kannst.“
„Tierkreiszeichen Stier. Wie passend!“
„Wolltest du nur mit mir flirten oder warum hältst du mich von meinem wohlverdienten Feierabend ab?“
„Die Ergebnisse aus der Gerichtsmedizin sind gerade eingetroffen. Der Abgleich der Blut- und Speichelproben von Michael Engel und Petra Schumann.“ Leander machte eine Pause. „EKHK Fuchs ist hier.“
„Ich komme hoch.“ Eilig schloss Daniel sein Fahrzeug über die Funkfernbedienung wieder ab und raste wie der Wind ins Kriminalkommissariat 11. Wenn der Abteilungschef im Büro stand, musste sich eine Spur ergeben haben. Unter Umständen war der Fuchs jedoch auch nur gekommen, um Daniel einen auf den Deckel zu geben, weil sich sein Verdacht als falsch herausgestellt hatte und er die Kollegen, die die beiden Fälle Engel und Mikwe bearbeiteten, übergangen hatte. Tomasz zum Beispiel.
Als er oben ankam, war er nicht einmal aus der Puste. Das Training zahlte sich aus.
Eine Zigarette wippte in Toms Mundwinkel, vermutlich hatte er gerade nach Hause aufbrechen wollen. Daniel konnte nicht anders, als ständig auf die Tränensäcke seines Freundes zu schauen. Bei Tomasz traten sie immer dann auf, wenn er sehr müde war, aber so extrem wie an diesem Tag waren sie noch nie hervorgetreten. Ein Bartschatten entfremdete sein Gesicht. Ungewöhnlich, denn im Gegensatz zu Daniel, der seit einer Ewigkeit einen Mund-Kinn-Bart trug, mochte er sein Gesicht nur glatt rasiert.
Aber etwas bereitete Daniel ernsthaft Sorgen. Tomasz’ Teint war blass. Er schien länger nicht ins Solarium gegangen zu sein. Egal wie viele Überstunden sie kloppten, für gewöhnlich schaffte er es immer unter die Sonnenbank. Wie oft hatten sie schon darüber gestritten. Daniel betrachtete exzessives Sonnenbaden als Vergewaltigung des eigenen Körpers. Die Schädigung der Haut fiel erst dann auf, wenn es bereits zu spät war. Tom dagegen wollte nichts von Hautkrebs hören, meinte, das wäre reine Panikmache und man sollte nicht päpstlicher als der Papst sein. Offenbar sah er sich mit ganz anderen Augen, denn er
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