Nubila 02: Aufstand der Diener
wusste, dass sie keine Chance hatte, den Monstern davonzulaufen. Es waren mehrere und sie suchten nach ihr.
Kara wusste, dass sie eigentlich starr vor Angst sein sollte, doch das einzige, worum sie sich sorgte, war Laney. Ihr eigenes Leben hatte sie bereits verwirkt, als sie beschlossen hatte bei Jason zu bleiben. Sie hatte gewusst, dass dieser Tag irgendwann kommen würde. Seit dem Tag, an dem Jason sie entführt hatte, um mit ihr zusammenleben zu können, hatte sie gewusst, dass sie damit nicht durchkommen würden. Niemand nahm den Ältesten etwas weg, was sie nicht abgeben wollten. Und dabei ging es gar nicht mehr darum etwas zurückzubekommen. Nein. Es ging darum, dass niemand sonst haben durfte, was den Ältesten versagt blieb. Kara schluckte. Sie fragte sich, ob sie Jason vielleicht mehr von Akimas Kräften hätte erzählen sollen. Vielleicht hätte sie ihm sagen sollen, dass die mächtigste der Ältesten dazu imstande war, anderen Vampiren ihren Willen aufzuzwängen. Und zwar nicht nur Warmblütern, sondern auch Kaltblütern. Und das schloss auch die Wilden nicht aus.
Auf den Gedanken, dass die Wilden vielleicht nur zufällig ihr Haus ansteuerten, kam sie gar nicht. In Australien gab es kaum Wilde. Es war hier zu trocken und warm, als dass sie sich wohlgefühlt hätten. Hinzu kam, dass Wilde selten in Gruppen anzutreffen waren.
Inzwischen konnte Kara hören, wie die Wesen näher kamen. Das gleichmäßige Schlagen ihrer Flügel ertönte bis weit über die Mauern ihres schönen Hauses hinaus und Kara konnte bereits den ledrigen Geruch wahrnehmen, der von ihren hässlichen Körpern ausging. Angewidert rümpfte sie die Nase.
Akima würde bei ihnen sein. Und Akimas Sohn Darius. Es war allgemein bekannt, dass auch er eine sehr mächtige Gabe hatte, die er jedoch nicht besonders häufig zu benutzen schien.
Sie selber hatte immer ein großes Geheimnis aus der Frage gemacht, ob sie auch eine Gabe besaß oder nicht. Das sollte alle anderen zur Vorsicht anregen und sie davon abhalten sich mit ihr anzulegen. Die Wahrheit war jedoch, falls sie eine Gabe besaß, dann wusste sie selbst nichts davon. Und bei Laney schien das bisher genauso zu sein.
Kara hörte die Wesen kreischen und bekam eine Gänsehaut. Sie hatte die Wilden immer schon gehasst. Ihr Aussehen, ihren Geruch, ihre unzivilisierte Art. Sie hatte nie verstanden, was die Ältesten dazu veranlasst hatte, sich auch noch einige der Wilden Untertan zu machen, obwohl es doch eigentlich ihr Hauptziel sein sollte, diese Wesen auszurotten. Hass durchströmte sie. Hass auf die Ältesten und insbesondere auf ihre Mutter Marlene. Hass auf Darius und auf die Wilden, die sich für die Zwecke der Ältesten manipulieren ließen. Und Hass auf die ganze Welt, die zuließ, dass sie ihre Tochter im Stich lassen musste. Doch kein Hass dieser Erde würde ihr jetzt noch das Leben retten.
Als die Tür aufflog, ging Kara in Angriffsstellung. Sie mochte heute Nacht vielleicht sterben. Doch sie würde es nicht tun, ohne noch das eine oder andere der Monster mit sich zu reißen und möglicherweise sogar ihrer Tante und ihrem Cousin einen Denkzettel zu verpassen.
Laney war wie besprochen ins Wohnzimmer gelaufen. Das Haus hatte keinen Keller, aber unter dem Teppich war eine Luke, die in einen kleinen Hohlraum führte. Zu klein für einen Erwachsenen, aber groß genug für ein kleines Kind. Laney hatte den Ablauf tausend Mal mit ihren Eltern geübt und kannte daher jeden Handgriff. Sie hatte den Teppich hochgehoben, sich in das Versteck gequetscht und die Luke wieder verschlossen. Dabei war der Teppich zurück in seine ursprüngliche Position gefallen, sodass nichts mehr darauf hindeutete, dass sich unter dem Boden ein Hohlraum befand.
Nun kauerte Laney sich zusammen und wartete. Bei den Übungen hatte Kara oft mehrere Stunden gewartet, bevor sie ihre Tochter wieder aus dem Versteck geholt hatte. Sie wollte, dass das Mädchen lernte lange still zu sitzen, denn nur diese Eigenschaft konnte ihr im Ernstfall das Leben retten.
Dieses Mal jedoch dauerte es nicht lange, bis Laney von oben Geräusche vernahm. Das erste, was sie hörte, war ein durchdringendes, ohrenbetäubendes Kreischen. Instinktiv hielt das Mädchen sich die Ohren zu und schrie ebenfalls. Ein solch schreckliches Geräusch hatte sie noch nie im Leben gehört. Es schmerzte regelrecht in den Ohren und erweckte in ihr den Wunsch, auf der Stelle zu sterben.
Als das Kreischen nachließ, hörte Laney, wie die Tür aufschlug und
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