Nubila 05: Die letzte Schlacht
die Tränen in die Augen. Ihre Eltern hatten sich getrennt. Nach dem Tod von Kara, und abgesehen davon, dass Darrek sie in Island verlassen hatte, war das vermutlich das Schlimmste, was sie sich im Leben vorstellen konnte. Sie war immer so dankbar über die Verbindung zwischen Jason und Kathleen gewesen, weil es ihr die Sicherheit verschaffte, dass sie nicht noch einmal eine Mutter verlieren würde. Aber ganz offensichtlich hatte sie sich da geirrt.
„Du wirst immer meine Tochter bleiben“, versicherte Kathleen ihr. „Ganz gleich, was Jason und ich entscheiden. Daran wird sich nie etwas ändern.“
Laney schüttelte enttäuscht den Kopf.
„Das sagen bestimmt alle Eltern, wenn sie sich scheiden lassen“, sagte sie traurig und wandte sich dann zum Gehen.
„Laney, wo willst du denn jetzt hin?“, fragte Jason ihr hinterher. „Bitte. Lass uns darüber reden.“
„Ich will nicht reden“, gab Laney zurück. „Ich will allein sein. Ich … Ich muss nachdenken.“
Kapitel 30
Ein besonderes Angebot
Der See war immer schon ein guter Ort zum Nachdenken gewesen, und jetzt, nachdem das Herrenhaus und das ursprüngliche Lager zerstört waren, war es der einzige Ort, der Laney noch geblieben war. Es war eigenartig, dass der See im Gegensatz zu dem Rest des Geländes verschont worden war. In gewisser Weise schien es ungerecht zu sein, aber Laney erfüllte es mit tiefer Dankbarkeit, dass zumindest dieser eine Ort ihrer Kindheit noch existierte.
Nachdenklich sammelte sie Steine auf und warf sie nacheinander ins Wasser, wie sie es immer tat, wenn sie nachdenken musste. Ihr war klar, dass sie eine Entscheidung zu treffen hatte. Johanna hatte Recht. Sie musste sich verbinden. Denn selbst die falsche Person war besser als gar keine Person. Doch wieder war die Frage: Wer kam dafür überhaupt in Frage?
Laney war sich inzwischen ziemlich sicher, dass die drei Schemen, die Johanna in ihrer Vision gesehen hatte, eher symbolisch zu verstehen waren. Es gab nicht Die Drei Personen , mit denen sie sich verbinden konnte, sondern sehr viel mehr. Theoretisch stand ihr eine riesige Auswahl an potentiellen Partnern zur Verfügung. Doch mit welchem Partner würde sie es den Rest ihres Leben aushalten können? Der Einzige, bei dem sie sich das, abgesehen von Darrek, tatsächlich vorstellen könnte, war Greg.
Frustriert warf Laney einen weiteren Stein, holte zu weit aus und traf auf der anderen Seite des Sees einen Frosch, der mit einem erschrockenen Quaken ins Wasser flüchtete.
„Gut gezielt“, bemerkte eine weibliche Stimme und Laney drehte sich überrascht um.
Leonie stand vor ihr und lächelte zurückhaltend.
„Leonie“, sagte Laney irritiert. „Was …?“
Sie betrachtete die junge Frau von oben bis unten und musste zugeben, dass sie sich bisher noch gar keine Gedanken darüber gemacht hatte, welche Rolle sie wohl in dieser ganzen Geschichte spielen könnte. Sie und Greg waren einander seit Jahren versprochen, das wusste Laney. Aber es war auch klar, dass niemand auf diese Verbindung bestehen würde, wenn die Beiden beschließen sollten es doch nicht zu tun.
Leonie sah gut aus. Das blond gefärbte Haar umrahmte ihr zartes Gesicht, und ihr kleiner Körper steckte in engen Jeans und einem modischen Shirt. Die hohen Schuhe, auf denen sie besser laufen konnte als manch andere Frau in flachen, rundeten das Bild perfekt ab.
„Ich wollte mit dir reden“, erklärte Leonie schnell. „Ich bin dir vom Lager aus gefolgt, weil ich privat mit dir sprechen wollte. Tut mir leid, falls ich dich bei etwas gestört habe.“
„Nur beim Grübeln“, antwortete Laney und wandte sich wieder zum See, um den nächsten Stein hinein zu werfen.
„Du und Greg … Ihr mögt diesen See beide sehr gerne, nicht wahr?“, fragte Leonie und stellte sich neben Laney.
Diese nickte nur.
„Ja, das kann ich mir vorstellen“, fuhr Leonie fort. „Es ist sehr schön hier. Als ich noch klein war, hat Greg mich auch einmal hier mit her genommen. Ich weiß noch, wie faszinierend ich diesen Ort fand. Greg und ich haben in diesem See schwimmen geübt und versucht, Frösche zu fangen. Das war eine tolle Zeit damals … Weißt du, wir haben ohnehin den Großteil unserer Kindheit zusammen verbracht. Seine Mutter Stephanie wohnt ganz in der Nähe meiner Eltern. So konnte ich ihn regelmäßig besuchen.“
„Ja. Das wusste ich. Dadurch habt ihr euch doch erst kennengelernt, oder?“
„Das stimmt. Er ist erst fort gegangen, als Stephanie ihre
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