Nubila 05: Die letzte Schlacht
ersten Verletzen aufbrauchen.
Frustriert drehte sie sich herum und staunte nicht schlecht, als sie einer jungen Frau gegenüber stand, die in Gesichtsform und –zügen große Ähnlichkeit zu Laney aufwies. Sie trug jedoch keinen der Schutzanzüge und hatte ein verschlagenes Lächeln auf den Lippen.
„Sieh an, sieh an“, sagte die Frau. „Suchst du vielleicht den hier?“
Sie hielt einen Blutbeutel in die Höhe, der mit einem Aufkleber vom Krankenhaus versehen war. Eindeutig Menschenblut.
„Woher …?“, begann Anisia und machte einen Schritt nach vorne.
Doch die fremde Frau wich zurück und brachte den Beutel außer Reichweite.
„Na, na, na“, sagte sie. „Wir wollen doch nicht unhöflich werden, oder?“
Mit diesen Worten holte sie ein Messer hervor und schnitt den Beutel auf, sodass das kostbare Blut auf den Boden floss.
„Sind Sie verrückt geworden?“, rief Anisia. „Ohne dieses Blut muss Laney möglicherweise sterben.“
Ein Funkeln erschien in den Augen der fremden Haut und Anisia bekam eine Gänsehaut. Wer war diese Frau und was wollte sie?
„Keine Sorge“, sagte die Fremde. „Darüber musst du dir bald keine Gedanken mehr machen. Denn sterben müssen wir alle.“
Das Blut tat gut. Laney fühlte sich zwar immer noch außerstande, sich selbständig auf den Beinen zu halten. Aber sie konnte schlucken. Und das war im Augenblick das Wichtigste. Ihr Körper benötigte diese dunkelrote, Leben spendende Flüssigkeit, und im Moment war ihr auch völlig egal, woher das Blut stammte. Dass es kein Kunstblut war, war eindeutig. Höchstwahrscheinlich war es einfach Spenderblut. Vielleicht stammte es aber auch aus einer der Fabriken, die ihr immer noch so verhasst waren.
„Du musst weitertrinken“, befahl Doreen, die ihr vorsichtig den Kopf hielt.
Dann wandte sie sich an Delilah.
„Delilah, Liebes. Könntest du bitte nachsehen, wo Anisia mit dem zweiten Blutbeutel bleibt? Dieser ist fast leer und ich glaube nicht, dass das schon genug war.“
Delilah warf einen besorgten Blick auf Laney und nickte dann.
„Natürlich“, sagte sie. „Ich bin sofort wieder da.“
Antonio sah seiner Gefährtin einen Augenblick lang hinterher und wandte seine Aufmerksamkeit dann wieder Laneys Wunde zu.
„Die Wunde verschließt sich langsam“, sagte er. „Allerdings wird das den Blutverlust nicht verbessern. Du brauchst mehr, und wenn wir kein Menschenblut mehr finden, dann brauchen wir das Blut eines Warmblüters.“
„Ich … könnte …“, begann Jason mit schwacher Stimme.
„Vergiss es“, zischte Doreen. „Du kannst dich genauso wenig auf den Beinen halten wie Laney. Einer von uns Beiden wird spenden, nicht wahr Viktor?“
Viktor nickte.
„Natürlich“, sagte er sofort. „Wir sind beide unverletzt und können auch problemlos auf ein paar Liter verzichten.“
Als Laney den Beutel geleert hatte, atmete sie tief ein und wieder aus. Sie war zwar immer noch hungrig, aber sie fühlte sich schon sehr viel besser und wusste, dass das nicht nur am Blut lag, sondern auch Antonios Verdienst war. Er hatte ihr einen Teil seiner Lebenskraft gespendet, damit sich ihre Wunde schloss. Dadurch hatte er sich aber selber geschwächt, was keine Selbstverständlichkeit war.
„Danke Antonio“, flüsterte Laney und drückte die Hand des alten Heilers.
„Gern geschehen“, gab dieser zurück und lächelte sie liebevoll an.
Genau wie alle anderen Diener, die freiwillig beim Herrenhaus geblieben waren, hegte er echte Zuneigung zu Laney und ihrer Familie. Er fühlte sich wohl bei ihnen und sah das Herrenhaus als sein zu Hause an. Zum ersten Mal wurde Laney bewusst, dass auch er und Delilah durch den Angriff der Ältesten ihr Heim verloren haben mussten. Diese Erkenntnis war bitter und sie drückte abermals Antonios Hand.
„Ihr müsst euch ausruhen, kleine Herrin“, sagte Antonio. „Ihr braucht eure Kraft, um wieder gesund zu werden.“
Laney nickte. Sie hatte es immer gern gehabt, wenn Antonio sie kleine Herrin nannte. Es klang eher wie ein Kosename als wie eine formelle Anrede, und sie hatte dabei nicht das Gefühl, dass er sich ihr gegenüber minderwertig fühlte. Im Gegenteil – für Laney war er immer so etwas wie ein liebevoller Onkel gewesen und würde es auch wohl immer sein.
„Gibt es auch etwas, das du für Jason tun kannst?“, fragte Viktor besorgt.
Denn während es Laney langsam besser ging, schien Jason nach wie vor stark zu leiden. Doch Antonio schüttelte den Kopf.
„Jason ist
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