Nubila 05: Die letzte Schlacht
Messer aus der Tasche und drehte es ein paar Mal hin und her.
„Wie habt ihr das gemacht?“, fragte sie nachdenklich, während sie ein Muster in Jasons Hemd ritzte, seine Haut aber nur leicht streifte. „Eine Verbindung kann man normalerweise nicht wieder lösen. Hatte es etwas damit zu tun, dass die Dienerin scheintot ist? Oder lag es daran, dass ihr einen Hass aufeinander entwickelt habt? Es muss doch irgendeinen Auslöser gegeben haben.“
„Sprich … nicht … so … über … Kathleen“, forderte Jason abgehakt und biss die Zähne zusammen, um den Schmerz besser zu ertragen.
„Aber warum denn nicht?“, fragte Liliana. „Es fängt doch gerade an, solchen Spaß zu machen.“
Blitzschnell ließ sie die Hand nach vorne fahren und stach mit dem Messer in seine Schulter.
Jason und Laney schrien gleichzeitig auf.
„Hör auf, du Hexe!”, rief Doreen. „Lass meine Kinder in Ruhe.“
„Das hättest du dir überlegen sollen, bevor du sie bei ihrem wahnsinnigen Plan unterstützt hast“, zischte Liliana, riss das Messer wieder heraus und rammte es in Jasons andere Schulter.
„Hör auf“, flehte Laney, während die Tränen ihr über die Wangen liefen. „Bitte. Hör auf. Das ist doch Wahnsinn.“
„Wahnsinn? Wahnsinn ist, dass die Ältesten, die mächtigsten Wesen auf der ganzen Welt, dabei sind, gegen ein paar dahergelaufene Sklaven zu verlieren. Und wessen Schuld ist das? Ganz allein eure. Wenn die Ältesten schon verlieren, dann werdet ihr, so wahr ich hier stehe, mit ihnen untergehen.“
„Warum quälst du meinen Vater, wenn ich es doch bin, die du tot sehen willst?“, rief Laney in dem verzweifelten Versuch, Liliana von Jason abzubringen.
Doch Liliana ließ sich nicht beirren, sondern schnitt eine Linie auf Jasons Brust, von der einen Wunde zur anderen. Sein T-Shirt war bereits blutgetränkt.
„Willst du immer noch leugnen, dass du mit deinem Vater verbunden bist?“, fragte Liliana. „Willst du mich ernsthaft für so dumm verkaufen, Laney? Wenn ich Jason umbringe, dann stirbst du gleich mit. Das sieht man doch an diesem dreckigen Diener dort auf dem Boden. Das Mädchen, dem ich eine Portion Gift in den Schädel gejagt habe, muss wohl mit ihm verbunden gewesen sein.“
Laney konnte vor lauter Tränen kaum noch etwas sehen. Die Trauer war noch viel schlimmer als der physische Schmerz. Antonio und Delilah waren also tatsächlich tot. Anisia vermutlich ebenso. Und warum? Weil sie Liliana im Weg gewesen waren. Diese Frau hatte keinerlei Gewissen.
Die Erkenntnis von Antonios Tod war niederschmetternd. Laney war mit dem alten Heiler aufgewachsen und Delilah war ihr Kindermädchen gewesen. Noch schlimmer war es jedoch für Jason, der die Beiden noch viel länger kannte und eine sehr viel innigere Beziehung zu ihnen gehabt hatte. Seine Gefühle waren wie ein Strudel, der dabei war, sie mit hinabzuziehen. Doch sie durfte sich nicht davon unterkriegen lassen. Sie musste den Schmerz beiseiteschieben und sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren. Sonst würde es an diesem Abend noch mehr Tote zu beklagen geben.
„Es gibt aber noch einen anderen Grund, warum ich lieber Jason quäle als dich“, gab Liliana zu und drückte das Messer tiefer in Jasons Haut.
Als Jason das Gesicht verzog und Liliana den Zorn in Laneys Augen erkannte, lächelte sie.
„Es ist schlimmer für dich, wenn ich ihn verletzte anstatt dir. Das gefällt mir.“
„Du bist ein Monster“, zischte Laney. „Wenn du uns töten willst, dann tu es doch einfach. Du spielst mit uns.“
Abermals lächelte Liliana und zum ersten Mal ging Laney auf, dass sie tatsächlich wahnsinnig sein musste. Vermutlich hatte sie eine genauso schwierige Kindheit gehabt wie Darrek. Aber sie hatte es nicht geschafft, diese Erfahrungen zu verarbeiten. Oder sie war einfach von Geburt an böse. An sich glaubte Laney nicht an so etwas, aber bei Liliana hielt sie es tatsächlich für möglich.
„Ich habe immer schon gerne gespielt“, sinnierte Liliana und strich über eins von Jasons Ohren. „Ich habe früher gerne meiner Großmutter Marlene geärgert, und dafür wurden mir dann die Ohren langgezogen. Du warst auch sehr ungezogen, Jason. Und ich finde, dafür gehörst du ebenfalls bestraft.“
Sie näherte sich seinem Ohr mit dem Messer und Laney hielt erschrocken die Luft an. Sie wollte doch wohl nicht …
„Niemand außer mir zieht meinem Sohn die Ohren lang“, fauchte Doreen und stürzte nach vorne.
Das Messer fuhr in das Ohr hinein,
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