Nuerburghoelle
da sie sich aus ihrer gemeinsamen Bundeswehrzeit kannten.«
Er richtete seinen Blick wieder auf den Mann, der sich grinsend zurückgelehnt hatte.
»Nach dem fiktiven Anschlag in Belgien kam es dann zum tatsächlichen auf dem Nürburgring. Sie haben absichtlich kurz vor dem Rennbeginn den Platz im Wagen mit Ihrem Bruder getauscht, wahrscheinlich haben Sie ihm eine kurzfristige Übelkeit oder etwas Ähnliches vorgegaukelt. Nach der Startphase hat sich Schulz dann an die Strecke begeben, was niemandem bei dem hektischen Treiben im Fahrerlager und der Boxengasse auffiel, und die Schüsse abgefeuert. Er war von Ihnen per Funk oder Handy bestens darüber informiert, auf welchem Streckenteil sich Ihr Bruder befand und wann er an der für Schulz günstigen Passage vorbeikommen musste.«
»Sie reden einen Stuss!«, blaffte Theberath. »Da kann ich noch nicht einmal darüber lachen.«
»Sollen Sie auch nicht, Herr Theberath.« Böhnke wollte fortfahren, doch meldete sich räuspernd Bahn.
»Entschuldigung, was habe ich denn mit dieser Sache zu tun? Oder bin ich außen vor? Ich habe doch auch einen Schuss abgekriegt.«
»Zu Ihrer Rolle in diesem hinterhältigen Spiel wollte ich gerade kommen, Herr Bahn.« Böhnke rutschte auf seinem Stuhl umher.
»Der zweite Schuss, der Ihren Wagen traf, war sicherlich auch für den anderen Wagen bestimmt. Sie hatten nur das Pech, erstens an dieser Stelle von Theberath überholt zu werden und zweitens noch den Schuss mitbekommen zu haben, weil Theberaths Wagen schneller schleuderte, als Schulz gedacht hatte. Selbstverständlich hat Anton Theberath wie alle anderen Rennfahrer auch gesehen, dass Sie am Steuer des Wagens hinter Berthold Theberath saßen. Über Ihre Startnummer konnte man rasch herausfinden, wer gefahren ist. Und übers Internet erfuhr Theberath sehr schnell, dass Sie als Journalist tätig sind und in der Boisdorfer Siedlung leben. Er hat Ihnen einen Drohbrief geschrieben, nicht wissend, dass es schon einen anderen Ganoven gibt, der Sie verunsichern wollte. Theberath hat Sie auch zusammengeschlagen, glücklicherweise nur krankenhausreif, aber nicht tot. Er hätte Sie garantiert getötet, wenn er nicht gestört worden wäre. Und warum? Um abzulenken. Jeder hätte vermutet, dass die Anschläge auf Sie mit Ihrer beruflichen Tätigkeit zu tun haben.«
»Schwachsinn«, bellte Theberath, während seine Schwägerin nervös mit den Augen zuckend Böhnke anblickte.
»Ich glaube nicht, dass es Schwachsinn ist. Vielleicht finden meine Kollegen den Baseballschläger oder eine Keule bei Ihnen in Vaalserquartier oder in Renesse.«
Theberath zuckte nur leicht, dann grinste er wieder frech.
»Ihr Pech war«, fuhr Böhnke unaufgeregt fort, »dass der andere Bedroher von Bahn geschnappt wurde, und damit schnell klar war, dass es einen zweiten gab. Das war für mich der erste Hinweis darauf, dass möglicherweise der Unfall auf dem Nürburgring und Sie etwas damit zu tun haben könnten.« In aller Seelenruhe griff er zu seinem Mineralwasserglas und nahm einen Schluck.
Theberath und die Witwe schwiegen ebenso wie Bahn; für Böhnke ein Zeichen, dass er mit seiner Einschätzung nicht völlig danebenlag. Theberath hatte es offenbar schon aufgegeben, mit Beleidigungen zu widersprechen.
»Ich muss Ihnen schon sagen, Sie sind ein guter Schauspieler«, meinte er zu dem Mechaniker. »Wie Sie eben reagiert haben, als ich Ihnen Bahn vorstellte, war echt gut. Man hätte tatsächlich glauben können, Sie würden ihn nicht kennen.«
Theberaths Kommentar bestand in einem hämischen Auflachen, ehe er wieder frech grinste.
»Nachdem Sie Ihren Bruder und Ehemann aus dem Weg geräumt hatten, mussten Sie Ihren Handlanger Schulz loswerden. Das war dann Ihr Part, Frau Theberath.«
Böhnke wandte sich der Frau zu, die erschrocken zusammenzuckte.
»Äh. Wie? Was?«, stammelte sie.
»Sie sind Schulz in den Urlaub gefolgt, waren mit ihm beim Schützenfest in Schalkenmehren, wo er so dreist und tollkühn war, an einem Preisschießen teilzunehmen, und er war dumm genug, den Hauptgewinn auf Sie zu übertragen. Das hätten Sie nicht zulassen dürfen, aber Sie hielten sich bewusst im Hintergrund, um nicht zu sehr aufzufallen. Sie nutzten seinen Hang zum Alkohol brutal aus, feierten gewissermaßen mit ihm den Preis und duldeten es, dass er in das Maar torkelte und darin ertrank. Vielleicht haben Sie ja auch nachgeholfen und ihn angestoßen, was aber nicht zu beweisen ist, da Sie sich geschickt zurückhielten und
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