Nuerburghoelle
genug.«
Böhnke blieb gelassen. »Vielleicht bin ich verrückt. Aber ich werde meine Geschichte spätestens morgen der Polizei mitteilen. Dann können Sie sich ja dort erklären.« Er breitete gönnerhaft die Hände aus. »Aber ich erzähle Ihnen auch gerne selbst meine Geschichte. Dann sind Sie nicht mehr so überrascht, wenn Sie eine Vorladung bekommen.«
»Ich will Ihre schwachsinnige Geschichte nicht hören!«, brauste Theberath auf.
»Ich auch nicht«, ergänzte seine Schwägerin.
»Ich aber«, meldete sich Bahn, der sich in seiner passiven Rolle äußerst unwohl vorkam, vor allem, weil er immer noch nicht alles verstand.
»Wir gehen«, sagte Theberath entschieden.
»Sie bleiben!«, herrschte ihn Böhnke an. »Sie bleiben oder ich lasse Sie hier und jetzt auf der Stelle verhaften.« Er wunderte sich über die Autorität, die er versprühte. Er hätte das Paar niemals festhalten können und bei der Polizei wahrscheinlich auch kein Gehör gefunden. Aber das brauchte ja niemand zu wissen. Er hatte sein Ziel erreicht und Theberath verunsichert.
»Dann lassen Sie mal hören«, höhnte der Mann, während er sich wieder an den Tisch setzte. »Aber machen Sie schnell. Ich bin nämlich nicht wegen einer Märchenstunde hier, sondern wegen eines spannenden Autorennens, Herr Böhnke.«
24.
Böhnke fixierte Theberath streng, dann nahm er die Frau ins Visier. Sie konnte seinem Blick nicht standhalten und schaute betreten an ihm vorbei. Unruhig spielte sie mit ihren Händen, während Theberath seine Arme aufgestützt und das Kinn auf die gefalteten Hände gelegt hatte. Er gähnte ungeniert.
Böhnke schmunzelte und nippte an dem Wasserglas, das eine Bedienung ihm gebracht hatte.
»Wie die Geschichte angefangen hat, weiß ich ebenso wenig, wie ich den Zeitpunkt benennen kann. Aber ich weiß, dass sie angefangen hat. Irgendwann meinten Sie, Frau Theberath, Ihr Schwager Anton sei Ihnen lieber als Ihr Gatte Berthold. Und Sie, Herr Theberath, Sie glaubten, dass Ihre Schwägerin besser mit Ihnen liiert sei als mit Ihrem Bruder. Ob Ihre Affäre in einer Besenkammer oder auf dem Rücksitz eines Autos begann, ist mir dabei völlig egal. Aber Sie haben eine Affäre begonnen, die sich wohl zu einer Liebesbeziehung entwickelte. Wie dem auch sei: Berthold Theberath stand Ihnen und Ihrer Beziehung jedenfalls im Wege. Er musste weg. Und so entwickelten Sie einen Plan, ihn zu töten. Dabei war es Ihnen ausgesprochen hilfreich, den ebenso zielsicheren wie tumben Wolfgang Schulz für sich zu gewinnen. Zum Schein suchten Sie seine Nähe, wenn ich es einmal so allgemein ausdrücken darf, Frau Theberath. Ich könnte auch sagen, Sie haben ihm falsche Hoffnungen gemacht.« Böhnke legte eine Pause ein und nahm einen kräftigen Schluck.
»Beim 24-Stunden-Rennen auf den Nürburgring war es dann so weit. Schulz schoss mit seinem Spezialgewehr …«
Böhnke unterbrach und richtete sich an den staunenden Bahn. »Sie müssen wissen, dass Schulz unehrenhaft aus der Bundeswehr entlassen wurde und mit ihm auch ein Spezialgewehr für Scharfschützen verschwand.«
Er räusperte sich. »Schulz schoss also auf dem Nürburgring an der sehr stark frequentierten Stelle, an der es am wenigsten auffiel, auf den Wagen und verursachte dadurch den Unfall, bei dem Berthold Theberath starb.«
»So ein Schwachsinn!«, schnaubte Theberath. »Das ist unausgegorene Kacke. Haben Sie etwa vergessen, dass in Spa auf mich geschossen wurde und ich ursprünglich auf dem Ring zu dem Zeitpunkt in dem Wagen sitzen sollte?«
»Selbstverständlich nicht«, entgegnete Böhnke mit aufreizender Lässigkeit. »Das waren zwei Ihrer Ablenkungsmanöver. Der Anschlag in Spa war nur fingiert. Ich glaube sogar, dass es dort gar keine Schüsse gegeben hat.«
»Und das Einschussloch im Heck? Das ist wohl Ardennenhexerei, was?«
»Vorher in Ihrer Werkstatt angebracht, wenn ich es so sagen darf. Sie haben es vor dem Rennen kaschiert und Ihrem Bruder verständlicherweise nichts davon gesagt. Während des Rennens hat Schulz vielleicht sogar geschossen, aber dann nur mit Platzpatronen.«
»Warum sollte Schulz solch einen Schwachsinn mitmachen?«
»Wer weiß, was Sie ihm versprochen haben?«
Böhnke lächelte die trotz Sonnenbräune blasse Witwe an. »Und wer weiß, was Sie ihm versprochen haben für diesen kleinen Scherz?«
Er wandte sich Bahn zu. »Um es Ihnen kurz zu erläutern. Schulz ist beim Militär zum Scharfschützen ausgebildet worden. Was übrigens Anton Theberath wusste,
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