Nuerburghoelle
im Zelt unterwegs, um irgendwelche Wünsche zu erfüllen, während die Männer über Motoren, Rennstrecken oder ihre nächsten Fahrzeuge fachsimpelten. Das war nicht seine Welt, beschloss Böhnke für sich, und auch nicht Bahns, wie er glaubte. Dafür war dessen Geldbeutel wahrscheinlich nicht genügend gefüllt. Gelangweilt blickte Böhnke aus der Fensteröffnung in der Plastikwand hinaus und stockte. Er schaute noch einmal genau hin, dann stieß er Bahn an.
»Kommen Sie!« Er trieb er ihn zur Eile an. »Wir haben gleich ein interessantes Treffen, glaube ich.«
Hastig verschlang der Journalist das Mettbrötchen und hastete hinter Böhnke her. »Was haben Sie bloß?«
Stumm zeigte Böhnke auf den Weg zwischen den Zelten und dem Garagengebäude. »Kennen Sie die?«
Bahn staunte ihn mit offenem Mund an. »Das hätte ich nun wirklich nicht gedacht.«
Mit einigem Abstand folgten sie den beiden, die zur Niederlassung von BMW gingen. Das Paar ließ sich an einem freien Tisch nieder, nachdem sie sich am Buffet mit Speisen und Getränken versorgt hatten.
»Jetzt ist die Zeit gekommen, um zu handeln, mein Freund«, sagte Böhnke entschlossen. Zielstrebig steuerte er den Tisch an.
»Sie gestatten?«, fragte er und setzte sich, ohne auf eine Antwort zu warten. Es wunderte ihn nicht, dass der Mann erbleichte und auch die Frau irritiert schluckte.
»Darf ich vorstellen?«, fragte er übertrieben höflich. »Das ist Helmut Bahn. Und das sind Anton Theberath und seine Schwägerin Elisabeth Theberath. Schön und überraschend zugleich, Sie hier zu sehen.«
Böhnke gab sich ausgesprochen rücksichtsvoll, wenngleich er sich über die Dreistigkeit wunderte, mit der sich das Paar in der Öffentlichkeit und dann auch noch auf dem Nürburgring zeigte. Sie mussten doch damit rechnen, dass man sie hier erkennen würde. Aber anscheinend war die Eitelkeit, als VIP beim Formel-I-Rennen eingeladen zu werden, so groß, dass manche Bedenken beiseitegeschoben wurden.
»Die Freude ist ganz unsererseits«, erwiderte Theberath schließlich. Er grüßte auch Bahn mit einem Händedruck. »Müsste ich Sie kennen?«
Bahn war perplex. Böhnke antwortete an seiner Stelle. »Sie sollten ihn kennen. Immerhin saß er in dem Wagen, den Ihr Bruder überholte, als es den …«, er unterbrach sich kurz, »soll ich Unfall oder doch besser Anschlag sagen, g ab ?«
»Ich verstehe Sie nicht«, meinte Theberath unbeeindruckt. »Sie stehlen uns nur die Zeit. Wir wollen das Rennen genießen und ein wenig die Trauer vergessen. Das ist doch wohl nicht verboten, oder?«
»Sie wollen nicht verstehen«, verbesserte Böhnke mit einem grimmigen Lächeln. »Aber das wundert mich nicht. Sie meinen, so abgezockt zu sein, dass Sie über den Dingen stehen.«
»Muss ich mir das antun?«, mischte sich die Frau schnippisch ein.« Sie wirkte nicht wie eine trauernde Witwe. Sie trug elegante, helle Sommerklamotten statt der eigentlich angebrachten gedeckten Kleidung, wenn Böhnke seine Maßstäbe an Tod und Verlust des geliebten Menschen anlegte. »Anton, lass uns gehen!«
»Gehen Sie ruhig«, schlug Böhnke ironisch vor. »Am besten gleich zur Polizeistation hier am Ring. Er kramte in seiner Jacke und holte einen Brief hervor, den er am Freitag in der Post vorgefunden hatte.
»Den können Sie gleich mitnehmen. Das wird einige unangenehme Fragen aufwerfen, könnte ich mir denken.« Er reichte den Umschlag der lustigen statt der trauernden Witwe, die ihn öffnete, den Brief studierte und ihn danach energisch zerriss.
»Was soll das? Das nützt Ihnen doch gar nicht«, meinte Böhnke gelassen. »Die Fakten können Sie nicht aus der Welt schaffen, die sind da und können jederzeit wieder vorgelegt werden.«
»Welche Fakten?« Bahn versuchte, irgendwie einen Überblick zu bekommen.
Böhnke nickte ihm kurz zu und wandte sich dann wieder Elisabeth Theberath zu.
»Fakt eins ist: Sie, Frau Theberath, sind Inhaberin des Reisegutscheins gewesen, den Wolfgang Schulz beim Preisschießen in Schalkenmehren gewonnen hat«, klärte er auf. »Fakt zwei ist: Diesen Gutschein für zwei Personen hat Elisabeth Theberath in einem Reisebüro in Daun eingelöst. Und Fakt drei: Sie hat die Reise nach Mallorca gemeinsam mit Anton Theberath gemacht.« Böhnkes Blick wurde finster. »In gewisser Weise kann man von Flitterwochen sprechen, nachdem es niemanden mehr gab, der die Liebe stören konnte.«
Theberath sprang wütend auf. »Das ist ja die Höhe! Sie sind verrückt. Ich habe
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