Nuerburghoelle
glauben Sie, wird gewinnen?«
Blöde Frage, dachte sich Böhnke. Der Erste natürlich. Aber er hätte keinen Namen nennen können, weil er keinen kannte. »Keine Ahnung, was meinen Sie denn?« Er heuchelte Interesse, das er niemals für diesen Sport aufbringen würde.
»Ich tippe auf Hamilton vor Vettel und Rosberg. Und Sie?«
»Dann nehme ich Rosberg.« Wer immer das auch sein mochte.
Der elegante, stilvoll möblierte Raum hatte sich wieder geleert. Auch Bahn hielt nichts mehr an dieser Stelle.
»Wie wärs mit einem Bummel durch das Fahrerlager?«, schlug er vor, wobei er unmissverständlich zu verstehen gab, er würde auch ohne Böhnke losziehen.
»Gerne, dann zeigen Sie mir mal das Fahrerlager«, antwortete der Ältere und folgte ihm.
Eher hatte Böhnke sich ein Zeltlager oder einen Parkplatz vorgestellt, als das, was er in und hinter dem Gebäude zu sehen bekam. In den einzelnen Garagen unter den Logen wuselten Mechaniker um die aufgebockten Rennwagen, schraubten, wischten oder schlossen Kabelverbindungen zwischen den Boliden und Computern. Die Reifen waren in schwarze Heizdecken verpackt. Beinahe hätte er im Trubel, der in und vor den Garagen herrschte, einen kleinen, in einer Rennmontur gekleideten Mann übersehen und umgerannt.
»Ich wusste gar nicht, dass Kinder hier hineindürfen«, kommentierte er sein Missgeschick und erntete einen entgeisterten Blick von Bahn.
»Das ist Alonso, den Sie eben beinahe über den Haufen gerannt hätten. Kennen Sie den etwa nicht?«
»Woher?«
»Das ist einer der Superstars in der Szene.«
»So klein und doch so groß«, spöttelte Böhnke. Er beobachtete den kleinen Mann, der aufgeregt mit anderen, auch nicht viel größer gewachsenen Männern diskutierte.
»Sind das etwa alles Zwerge?«
Bahn stöhnte auf. »Sie Ignorant. Das sind alles gestandene Formel-1 -Piloten. Die müssen im Prinzip klein und schmächtig sein, sonst passen die nicht in den Boliden. Da ist kein Platz für Riesen.«
Bevor Böhnke zur nächsten, aus Bahns Sicht despektierlichen Äußerung ansetzen konnte, erläuterte er, dass das bei den geschlossenen Tourenwagen anders sei. »Da können auch Normalgroße wie ich mitmachen, die nie und nimmer ins Cockpit eines Formel-i-Renners passen würden. Wie etwa unsere Theberath-Brüder, wenn Sie wissen, was ich meine.«
Böhnke nickte stumm und folgte Bahn, der zielstrebig auf ein stabiles, zweigeschossiges Zelt in einem eingezäunten Bereich zusteuerte.
»Das ist die Anlaufstelle. Da kommt nicht jeder rein. »Es sei denn, man hat eine Einladung von Mercedes oder ist ein VIP.« Er schien stolz auf seinen vorübergehenden Status zu sein.
»Ich schlage vor, wir essen dort ein Häppchen und trinken uns ein Käffchen und ziehen dann weiter zu BMW. Die haben immer bayerische Spezialitäten im Angebot ihrer Küche, Schweinshaxe etwa. Und das Beste, für uns ist alles umsonst. Denn auf dieses Gelände kommen nur die Rennteams, die Pressefuzzis und die Ehrengäste.«
»Gibts auch Audi und Porsche hier?«, fragte Böhnke der Ausgewogenheit willen, er hätte auch noch Opel, Ford und VW nennen können.
Wieder erntete er einen ungläubigen Blick. »Die machen nicht mit im Formel-i-Zirkus, also sind sie auch nicht hier. Herr Böhnke, Sie haben überhaupt keine Ahnung.«
»Sie sprachen eben von der Presse. Ist denn Ihr Kollege Krupp auch hier?« Langsam war es wieder an der Zeit, selbst aktiv zu werden, dachte Böhnke bei sich.
»Warum sollte er?«, blaffte Bahn. »Mit dem bin ich zurzeit durch. Der soll für sein Anzeigenblättchen über Taubenzüchter berichten. Bei einem Formel-I-Rennen hat der nichts zu suchen.«
»Und warum ist er bei Ihnen unten durch?«
»Der Kerl wildert in meinem Revier. Sie wissen, wegen der Schokoladenfabrik. Ich glaube, der will mich austricksen. Während ich mich um die schwachsinnigen Briefe und die beschissenen Pflastersteine kümmere und keine Ruhe finde, recherchiert der munter drauflos.«
Böhnke stutzte kurz. War das der Grund für die Aktionen der letzten Wochen? Waren sie reine Ablenkungsmanöver gewesen?
Und da war noch eine Sache, über die er Bahn informieren musste. Aber dafür wollte er eine passende Gelegenheit abwarten.
Trotz seiner abschweifenden Gedanken ließ er sich das Brötchen und den Kaffee schmecken. Dennoch kam er sich fehl am Platze vor. Die meisten Besucher waren fast nur salopp, aber dennoch gut gekleidete Männer jenseits der 30. Frauen waren meistenteils als dauerlächelnde, höfliche Hostessen
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