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Null-Null-Siebzig: Agent an Bord: Kriminalroman (German Edition)

Null-Null-Siebzig: Agent an Bord: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Null-Null-Siebzig: Agent an Bord: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Ferber
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unterhalb des Rocksaums erschien. »Es war wahrscheinlich gut, dass meine Mutter meinen Vater damals verließ. Ich meine, für mich. Durch die räumliche Distanz war meine Mutter auf eine bekömmliche Dosis zusammengeschrumpft. Wenn ich sie an den Wochenenden in London besuchte, war sie eher so etwas wie eine ältere, etwas überkandidelte Freundin, die mit mir zu Hemley’s fuhr, wo ich mir so viele Spielsachen aussuchen durfte, wie ins Taxi passten. Später, als sie nach Amerika ging, habe ich sie einmal für mehrere Monate besucht. Sie hatte so viel Energie und war so unternehmungslustig, keine Ahnung, wie ihr damaliger Mann es mit ihr ausgehalten hat. Sie wirft mit Energie und Geld nur so um sich, und je mehr sie verschwendet, desto mehr kommt wieder rein.«
    »Hört sich an, als wäre Ihre Mutter ein hyperaktiver Goldesel.«
    Sheila lachte. »Na ja, sagen wir lieber, sie hat immer einen Esel, der für sie Gold auswirft. Aber das mit der Hyperaktivität stimmt, James, ehrlich, ich war damals froh, als ichwieder zu Hause war, und habe in der ersten Woche nichts gemacht außer essen und schlafen. Ich bin nicht wie meine Mutter.«
    James grinste. »Das sagen alle Töchter.«
    Sie waren bei ihren nebeneinanderliegenden Kabinen angekommen. »Die gesamte Geburtstagsgesellschaft wohnt auf diesem Flur«, erklärte Sheila.
    James schob seine Karte in das Türschloss, das sich mit einem leisen Klack öffnete, und trat durch die schmale Tür in die Kabine. Sie war geräumig und bot allen Komfort eines Spitzenhotels. Nach dem, was Sheila über ihre Mutter erzählt hatte, überraschte ihn das nicht. Er trat ans bodentiefe Fenster und stellte fest, dass es sich öffnen ließ. Als er auf den Privatbalkon trat, kam auch Sheila aus ihrer Kabine. »Ich hoffe, es stört Sie nicht, dass wir uns einen Balkon teilen«, bemerkte sie lächelnd.
    »Nicht im Geringsten. Erwarten Sie nur nicht, dass ich mit Ihnen aufs Meer starre, bis die Sonne darin versinkt.«
    Sheila seufzte. »Ich hätte es wissen müssen. Sie haben wirklich keine.«
    »Was bitte?«
    »Keine romantische Ader.«
    »Doch, doch. Ich habe nur nichts übrig für Sonnenuntergänge. Fürs Meer übrigens auch nicht.«
    »Und für Kreuzfahrten und für neunzigste Geburtstage und ...«
    »Und trotzdem bin ich hier, nicht wahr«, unterbrach er sie. »Es gibt also offenbar doch etwas, das ich hier mag.«
    Sheila drehte sich um und ging in ihre Kabine zurück. Auch ohne ihr Gesicht zu sehen, wusste er, dass sie rot geworden war. »Dinner ist erst in einer Stunde«, rief sie ihm zu,»aber ich habe vorgesorgt und ein paar Sachen mitgebracht. Wollen Sie auch was?« Sie trat mit einem großen Korb wieder auf den Balkon und breitete mehrere Schokoriegel, eine Flasche Sekt, Trauben, abgepackte Sandwiches, gefüllte Weinblätter und frische Feigen auf dem Klapptisch aus, der am Geländer befestigt war.
    »Wer soll denn das alles essen?«, fragte James, aber im Grunde war es eine rhetorische Frage. Er holte Sektgläser aus seinem Zimmer. Da er keinen Hunger hatte, begnügte er sich mit einem Glas Sekt und ein paar Feigen, aber Sheila machte sich genüsslich über alles her. Er sah ihr ausgesprochen gern beim Essen zu. Sheila war ein Phänomen. Ihr gesunder Appetit war damals beim Secret Intelligence Service das Erste gewesen, was ihm an ihr aufgefallen war. Jedes Mal, wenn er die Kantine betrat, stand sie schon mit einem dick bepackten Tablett an der Kasse. Man konnte den Eindruck gewinnen, ihre Hauptaufgabe beim SIS sei es gewesen, nicht Informationen, sondern Nahrung zu verarbeiten. Dabei setzte Sheilas Körper niemals auch nur ein Gramm Fett an, weshalb sie eine der wenigen jungen Frauen war, die sich die damalige Minirock-Mode wirklich leisten konnten. Dem Minirock war sie bis zum heutigen Tag treu geblieben, und dass ihre Umwelt neidische, bewundernde oder amüsierte Blicke auf eine Dame Mitte sechzig im Minirock warf, schien sie nicht zu bemerken.
    Es klopfte laut und heftig an die Tür. James öffnete und war wenig überrascht, Phyllis in ihrem elektrischen Rollstuhl zu sehen. Obwohl sie darin so zart und klein wirkte, als wäre ihr der Rollstuhl drei Nummern zu groß, hatte sie eine ähnlich energische Art anzuklopfen wie ihre Tochter. Hinterihrem Rollstuhl stand ein auffallend großer alter Herr, dessen wallende weiße Haare bis auf die Schultern reichten, neben ihm ein jüngerer, untersetzter Mann mit Glatze, von dem James annahm, dass er ungefähr siebzig, also so alt war wie er

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