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Null

Null

Titel: Null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Fawer
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auf, als der Zug beschleunigte und die Stadt hinter sich ließ. Sie fragte sich, ob sie wirklich davongekommen waren, wusste aber, dass sie darüber nicht lange im Unklaren bleiben würden. Sie würden es nur allzubald erfahren.
     
    «Die Fahrscheine, bitte!», rief die korpulente Schaffnerin, die durch den Gang schlurfte. «Bitte halten Sie Ihre Fahrscheine bereit. Die Fahrscheine, bitte!»
    Nava steckte Caine ein paar Zwanziger zu. «Kaufen Sie eine einfache Fahrkarte nach Washington.»
    Als die Schaffnerin bei Caine ankam, tat er, was Nava gesagt hatte. Er reagierte nicht, als Nava eine Hin- und Rückfahrkarte nach Baltimore kaufte. «Falls jemand fragt,soll sie nicht glauben, dass wir zusammen reisen – das könnte uns Zeit verschaffen.»
    «Wir fahren also beide nach Baltimore?», fragte Caine.
    Nava schüttelte den Kopf. «Nein. Wir steigen beim nächsten Halt aus.»
    «Warum Newark?»
    «Ich will aus diesem Zug raus, bevor sie unsere Spur wieder aufgenommen haben.»
    «Kann ich auch ein Wörtchen mitreden?»
    «Nein. So ist es am sichersten.»
    Caine holte tief Luft. Er musste seine Wahnvorstellung in den Griff bekommen. Wenn er es bis zu Jasper schaffen würde, wäre er in Sicherheit. «Ich will nach Philadelphia fahren.»
    «Warum das?»
    «Mein Bruder wohnt dort.» Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, wusste Caine auch schon, dass es ein Fehler gewesen war.
    «Das ist genau der Grund, warum wir
nicht
dorthin fahren dürfen. Dort suchen sie uns zuerst.»
    «Wer sind
‹sie›

    «Sie sind das FBI und alle, die die NSA noch angeheuert hat, um Sie zu finden», flüsterte sie. «Oder haben Sie nicht aufgepasst?»
    «Aber ich muss zu Jasper.»
    «Nicht jetzt. Verstehen Sie das nicht?»
    «Das ergibt doch alles keinen Sinn!», entfuhr es Caine, was dazu führte, dass sich einige Fahrgäste zu ihnen umdrehten.
    «Sprechen Sie leiser», zischte Nava mit zusammengebissenen Zähnen. Überall spitzten Leute die Ohren, um ihnen zuzuhören. Sie lehnte sich zurück und flüsterte in Caines Ohr: «Nicht hier. Zu viele Leute.»
    «Na schön», flüsterte Caine. «Ich fahre aber trotzdem nach Philly.»
    «Nein, das werden Sie nicht. Sie brauchen mich, David, und ich sage Ihnen, dass es Selbstmord wäre, zu Jasper zu gehen. Bitte vertrauen Sie mir.»
    Caine öffnete den Mund, um etwas zu entgegnen, wusste aber, dass er sie nicht umstimmen würde. Er schloss die Augen und versuchte zu überlegen, was er tun sollte. Seiner Ansicht nach war Philly der richtige Schachzug, und Nava musste mit ihm gehen. Wäre dies alles real und er wirklich der Laplace’sche Dämon, dann wüsste er bereits, ob er es nach Philly schaffen würde. Oder er wäre zumindest in der Lage, seinen Willen durchzusetzen. Doch stattdessen fiel ihm nichts Besseres ein, als sich auf der Toilette zu verstecken.
    Er verachtete sich. Sein Plan sprach nun wirklich nicht von einer allwissenden Intelligenz. Er ließ seine Gedanken schweifen, versuchte herauszufinden, was er tun sollte, doch ihm kam nichts weiter in den Sinn als das wiederholte Bild, wie er in der Toilette stand und ein Handy –
    Plötzlich riss er die Augen auf und atmete laut keuchend ein. Nava wandte sich sofort mit besorgtem Blick zu ihm.
    «David, alles in Ordnung?»
    Ihre Stimme schien eine Million Meilen entfernt zu sein. Er sah auf seine Armbanduhr. Das Display zeigte 10   :   13   :   43 an. Wenn er es schaffen wollte, musste er in exakt 38   Sekunden auf den Geschäftsmann treffen. Abrupt stand er auf.
    «Wo   –»
    «Zur Toilette», beantwortete Caine ihre Frage, bevor sie ausgesprochen war.
    Sie sah ihn argwöhnisch an, stand dann auf und nahm seinen Ellbogen. «Ich helfe Ihnen.»
    «Klar», sagte Caine, der im Geiste die Sekunden zählte.Er musste sich nicht beeilen. Er hatte noch eine Menge Zeit. Vorsichtig machte er einen Schritt nach vorn und übertrieb sein Humpeln. Nava achtete nicht darauf, aber das wusste Caine bereits. Er ging weiter wie im Traum. Er hatte das Gefühl, sich durch einen Irrgarten zu bewegen, durch den er schon unzählige Male gegangen war.
    Am Ende das Waggons ging die Tür auf, und ein Geschäftsmann Anfang dreißig kam herein, wie nach Plan. Er trug mit beiden Händen ein Papptablett mit Snacks. Caine konnte aus der Entfernung nicht erkennen, was auf dem Tablett war, aber er wusste es auch so: ein mit Cola gefüllter Plastikbecher, eine Tüte Doritos und ein Thunfischsandwich. Der Mann kam näher. Caine blieb einen Moment lang stehen und tat so,

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