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Null

Null

Titel: Null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Fawer
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einmal versuchte zu verbergen. In der Anfangszeit, als er mit jedem Einsatz für Wahrheit, Gerechtigkeit und den American Way of Life zu kämpfen schien, hatte er immer strikt nach Vorschrift gehandelt. Doch nach siebzehn Jahren Überwachungen in Busterminals, Bahnhöfen, Flughäfen, öffentlichenToiletten (die waren wirklich zum Kotzen), Parks und Hotels war der Reiz des Neuen verloren gegangen – und genauso die feineren Aspekte der Ausbildung.
    «Nix. Bei dir?», fragte Murphy.
    «Nada.»
    Murphy öffnete den Mund zu einem breiten, stummen Gähnen. Augen, Augen, Augen. Mein Gott, es war eine verfluchte Zeitverschwendung. Niemals würde David Caine hier auftauchen. Er schaute auf seine Uhr. Noch eine Stunde, dann konnte er eine Pause machen. Er tastete sehnsüchtig nach der Zigarettenschachtel in seiner Tasche und träumte vom ersten Zug, während er die vorbeiziehenden Augen beobachtete.
     
    Nava erkannte ihn sofort. Entgegen allen Regeln gab er sich keine Mühe, unauffällig zu wirken. Er war groß und breit, wahrscheinlich einen Meter neunzig und 110   Kilo schwer, und hatte einen stahlgrauen Bürstenschnitt. Im erbärmlichen Versuch, sein Schulterholster zu verbergen, trug er einen blauen Blazer.
    Er hielt sogar ein Blatt Papier in der Hand, auf dem zweifellos Phantombilder von Caine waren. Der Agent hatte sie noch nicht gesichtet, da er die Reisenden nur musterte, wenn sie den Bahnsteig erreicht hatten. Ein weiterer Fehler. Nur zwölf Leute trennten sie von dem Agenten. Nava verfluchte sich, dass sie Caines Vorschlag gefolgt war, den Zug zu nehmen. Sie hätte einen Touristen in seinem Wagen überfallen, ihn in den Kofferraum werfen und nach Connecticut fahren sollen, um dann einen neuen Plan zu schmieden.
    Noch zehn Leute.
    Sie beugte sich nach vorn, um in Caines Ohr zu flüstern. «Gehen Sie zur Seite. Egal, was ich tue, folgen Sie mir.»Ehe Caine sich umdrehen konnte, hatte sie ihn zur Seite geschoben und sich neben ihn gedrängelt. Caine folgte ihrem Beispiel und hüpfte zurück auf die Stufe, die sie gerade freigemacht hatte.
    Noch vier Leute.
    Erstaunlich, dass der Agent nicht bemerkt hatte, wie Nava und Caine die Plätze tauschten. Erbärmlich. Obwohl sie wusste, dass sie dankbar hätte sein sollen, war sie irritiert von der Inkompetenz des Mannes. Amerikas Geheimdienste mochten mächtig sein, doch zum größten Teil waren sie schlecht ausgebildet.
    Noch zwei Leute.
    Mit äußerst zuversichtlichem Blick setzte Nava ein breites, falsches Lächeln auf. Vorausgesetzt, sie suchten nur nach Caine, müsste ihr Plan funktionieren. Wenn sie nach ihr suchten – und wenn der Agent so schnell war, wie er sein sollte   –, dann waren sie am Arsch.
    Nava bog den Rücken durch, streckte die Brüste vor und starrte den Agenten sinnlich an. Wenn er vom KGB gewesen wäre, hätte er zu dem Mann hinter ihr geschaut, der trotz der Dunkelheit eine Sonnenbrille trug. Aber er war nicht vom KGB. In diesem Moment war er nicht einmal mehr ein Geheimagent. Er war nur ein geiler Bock.
    Er fraß sie mit den Augen auf, ließ seinen Blick einen Moment lang auf ihren Brüsten ruhen, doch als er ihr ins Gesicht schaute, flackerten seine Lider. Sie musste etwas tun, bevor er reagieren konnte. Sie tat so, als würde sie stolpern, fiel auf ihren Möchtegern-Angreifer und ließ sich von ihm auffangen. Dann fuhr sie mit einer Hand schnell seinen Oberkörper hinauf und riss mit einem kurzen Ruck das Mikro von seinem Revers.
    «Hey, Sie haben   …» Er hörte auf zu sprechen, als er den Druck auf seine Leiste spürte.
    «Nicht bewegen», flüsterte sie mit eingefrorenem Lächeln. «Was Sie da spüren, ist die Spitze einer fünfzehn Zentimeter langen Klinge. Wenn Sie den Rest nicht auch noch spüren wollen, legen Sie jetzt behutsam Ihre Arme um mich, so als würden wir uns umarmen, und gehen zwei Schritte rückwärts zur Wand. Ganz langsam.»
    Der Agent gehorchte. Die Leute strömten an den vermeintlichen Turteltauben vorbei, ohne den Dolch an der Leiste des Mannes zu bemerken.
    «Wie viele sind noch hier?»
    «Hören Sie, Vaner   …»
    Nava stieß kurz mit dem Dolch zu und pikste seinen Oberschenkel. «Wie viele?»
    «Okay, okay», sagte er und versuchte, sein Becken zurückzuziehen, doch er stand mit dem Rücken an der Wand. «Es sind noch zehn andere im Bahnhof.»
    «Wie viele auf diesem Bahnsteig?» Sie reckte den Kopf, als wollte sie ihm einen Kuss geben. Sein Atem roch nach Zigarettenqualm.
    «Einer.»
    «Beschreiben Sie

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