Null
Nun schlug das Gremium Forsythe keinen Wunsch mehr ab. Zwar gab es bei den Entscheidungen immer eine Gegenstimme, aber die Mehrheit war alles, was Forsythe brauchte, und das war auch gut so, denn es war Grimes nie gelungen, etwas über den dritten Senator herauszufinden, einen ultrareligiösen Rechten aus Louisiana.
Seit fast sechs Jahren kontrollierte Forsythe nun das Aufsichtsgremium der STR und machte auch keinen Hehl daraus, forderte von Vorstandsvorsitzenden wie von leitenden Beamten Gefälligkeiten und Geld ein und erhielt beides. Es war ein herrliches Leben. Doch nun ging das alles zu Ende, durch das vorzeitige Ableben Senator Geoffrey Daniels’, der im Schlaf einem Herzstillstand erlegen war.
Als Forsythe aus den Nachrichten von Daniels’ Tod erfahren hatte, hatte er leise geflucht. Er wusste, dass Daniels’ Nachfolger Senator John «Mac» MacDougal sein würde, ein Liberaler aus Vermont. Zwei Jahre zuvor hatte sich MacDougal vergeblich um einen Sitz im Aufsichtsgremium beworben, und seitdem hatte er auf die nächste Gelegenheit gelauert. Forsythe war sich sicher, dass MacDougal bereits alle Hebel in Bewegung setzte, um auf diesen Posten zu gelangen.
Da er vorausgesehen hatte, dass MacDougal eines Tages sein Ziel erreichen würde, hatte Forsythe Grimes als Präventivmaßnahme Belastungsmaterial suchen lassen. Dummerweise fand der Hacker lediglich heraus, dass ein Cousin MacDougals, der in der pharmazeutischen Industrie tätig war, auf Staatsaufträge hoffte.
Als Forsythe an diesem Morgen ins Labor kam, lag bereits eine Nachricht aus MacDougals Büro vor, in der um ein Treffen gebeten wurde. Da wusste Forsythe, dass er seinen Posten spätestens zum Monatsende los war. Ihm war immer bewusst gewesen, dass er diese Position nicht ewig innehaben würde, aber er war davon ausgegangen, dass es mindestens bis zu den nächsten Wahlen zum Senat noch so weitergehen konnte.
Glücklicherweise traf es ihn nicht gänzlich unvorbereitet. Im Laufe der vergangenen Monate hatte er zwölf Millionen Dollar aufgetrieben, um damit ein eigenes Forschungslabor zu eröffnen. Risikokapitalgeber stellten nur selten wie im Fall Forsythes Blankoschecks aus – aber andererseits bot sich ihnen ja auch nur selten die Gelegenheit, einen Mann wie Forsythe zu finanzieren – jemanden, der buchstäblich über Tausende durchführbare Pläne verfügte.
Das Problem war nur, dass Forsythe immer davon ausgegangen war, dass ihm noch mindestens ein Jahr blieb, um die perfekte Idee zu finden. Nun hatte er dafür nicht einmal mehr einen Monat. Aber er konnte es dennoch schaffen. Er würde in den kommenden zwei Wochen Abstracts sämtlicher Forschungsvorhaben querlesen, bis er eine Idee entdecken würde, die es wert war, gestohlen zu werden. Und wenn er dieses Projekt erst einmal gefunden hatte, würde er die entsprechenden ST R-Unterlagen verschwinden lassen, damit ihm der Staat keine Konkurrenz machen konnte.
Wie der Zufall wollte, hatte er einige Tage zuvor ein viel versprechendes Abstract gelesen. Es schilderte die illegalen Experimente eines Biometrikers, den die STR schon seit einer ganzen Weile beobachtete. Der gute Onkel Doktor hatte offenbar einer Testperson ein faszinierendes Präparat injiziert, das hochinteressante Auswirkungen auf deren Gehirnströme hatte. Forsythe wusste zwar nicht, wer das menschliche Versuchskaninchen war (das immer nur als «Testperson Alpha» bezeichnet wurde), aber er kannte den Professor.
Zufällig hatte dieser bereits beim Labor um einen Termin gebeten. Wahrscheinlich brauchte er Fördermittel. Es war perfekt. Forsythe griff zum Hörer und rief seine Sekretärin an.
«Ich möchte baldmöglichst einen Termin mit diesem Mann. Die Kontaktdaten müssten Ihnen bereits vorliegen … Ja, morgen wäre mir recht … Der Name ist Tversky.»
Kapitel // 4 //
Caine schnupperte ängstlich die Luft. Sie war kühl und steril und roch leicht nach Alkohol. Er fuhr mit den Händen über die viel zu steife Bettwäsche, und da wusste er, wo er war: im Krankenhaus. Langsam schlug er die Augen auf, befürchtend, die Welt wäre gedehnt und verzerrt, aber die Proportionen stimmten, und er sah alles nur ein wenig verschwommen, weil die Kontaktlinsen fehlten. Er hob den Arm, um sich die verklebten Lider zu reiben, und da sah er die Infusionsnadel in seinem Handrücken stecken. Es war ein seltsames Déjà-vu-Erlebnis, so als wäre er schon ein paar Mal in diesem Bett erwacht und hätte dasselbe gedacht.
Er fragte sich, wie
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