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Null

Null

Titel: Null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Fawer
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Nachricht für Martin Crowe:
    Wenn Nava fragt, wo ich bin, sagen Sie es ihr.
    Nur so kann ich Betsy retten.
    – David Caine
     
    Auf einmal begriff er die Bedeutung der Nachricht und riss sich ein letztes Mal zusammen.
    «D10», keuchte er. «Sagen Sie ihm   … sagen Sie ihm, dass ich meinen Teil erfüllt habe.»
    Während die Synapsen seines Gehirns allmählich aussetzten, blitzte das strahlend bunte Bild eines Sommernachmittags vor ihm auf, den er damit verbracht hatte, mit seiner kleinen Tochter Regenbogen zu jagen. Wenn das der Tod war, war er gar nicht so schlimm. Und mit diesem Gedanken erlosch das Feuer seiner Synapsen, und Martin Crowe tat seinen letzten Atemzug.

Kapitel   // 33 //
    Die Dunkelheit fühlte sich gut an, sehr viel besser als das Licht. Die Wirkung der Medikamente ließ nach. Nun war Caine in der Lage zu fliehen. Zwar konnte er seinen Körper nicht befreien, dafür aber seinen Geist. Und genau das tat er auch, ließ sich in das
Immer
sinken, wo die Zeit nur ein theoretisches Konzept war. Als er alles betrachtete, das
Jetzt
, die Vergangenheit und die Zukünfte, merkte er, dass diesmal etwas anders war.
    Diesmal war er nicht allein.
    …
    Da ist eine Frau. Sie ist jung und alt zugleich. Er weiß, dass Sie schön ist, obwohl er Sie nicht sehen kann. Ihre Schönheit strahlt von innen heraus. Wie sein Wissen ist auch das Ihre unendlich, aber im Gegensatz zu ihm hat Sie Ihres verinnerlicht, es durchfließt Ihren Geist.
    Auf einmal wird Caine von Wissen überschwemmt.
    …
    Sie –
Verstehst du?
    Caine
– Ja. Die Zukunft ist ungeformt, bis sie beobachtet wird. Wenn man eine Münze wirft, existieren zwei mögliche Zukünfte:
eine, in der die Münze Kopf zeigt, und eine, in der sie Zahl zeigt. Keine von beiden erlangt jedoch das Sein, solange man sie nicht beobachtet.
    Sie –
Ja. Darum existieren Teilchen an allen möglichen Orten zugleich, weil sie alle möglichen Zukünfte gleichzeitig verkörpern.
    Caine
– Aber das steht im Konflikt zur Theorie vom Laplace’schen Dämon. Laplace glaubte, wenn man alles wüsste, was es im
Jetzt
zu wissen gibt, dann würde man sämtliche vergangene Ereignisse kennen und sämtliche zukünftige. Wenn Laplaces Theorie zutrifft, dann ist die Zukunft determiniert, dann gibt es nur eine einzige – aber es gibt nicht nur eine Zukunft, sie ist unendlich in ihrer Vielzahl.
    Sie –
Das stimmt. Laplaces Theorie ist unvollständig. Sie trifft zu, was die Vergangenheit des
Jetzt
betrifft, aber den Zukunftsaspekt vermag sie nicht zu fassen.
    Caine
– Ah. Der Laplace’sche Dämon weiß alles Vergangene, weil es immer nur eine Vergangenheit gibt und weil alle Verzweigungen vorwärts weisen. Aber die genaue Zukunft kennt der Laplace’sche Dämon nicht, weil es mehr als eine gibt. Der Laplace’sche Dämon weiß alles in allen möglichen Zukünften.
    Sie
– Ja. Weil du das
Jetzt
in seiner Mannigfaltigkeit vollständig siehst, siehst du alle möglichen Zukünfte; folglich sind deine Wahrnehmungen unendlich. Weil die Wirklichkeit ein Abbild deiner Wahrnehmung ist, wählst du deine eigene, jedem vorwärts sich verzweigenden Moment entstammende Wirklichkeit, indem du dir aussuchst, welchen Moment du wahrzunehmen wünschst.
    Caine
– Ich verstehe. Darum kann ich das
Immer
nicht mit offenen Augen sehen – wenn ich die Welt wahrnehme, verbleibt sie im
Jetzt
und schließt andere mögliche Zukünfte aus.
    Sie
– Ja.
    Caine
– Aber   … warum ich? Warum bin ich der Dämon? Warum nicht jemand anders?
    Sie
– Das ist schlichte Wahrscheinlichkeit, wie die Gauß’sche
Glockenkurve. Jeder besitzt einige «dämonische» Fähigkeiten. Bei den meisten sind sie nur sehr schwach ausgeprägt, bei einigen hingegen sehr stark. Manche Menschen haben überhaupt keine dämonischen Fähigkeiten. Folglich müssen einige alle haben. Diese wenigen sind die Dämonen.
    Caine
– Wenn so viele Menschen einige dämonische Fähigkeiten besitzen, warum kenne ich dann niemand anderen, der das
Immer
bereist?
    Sie
– Das
Immer
ist in ihrem Unterbewusstsein gefangen. Sie sehen es vielleicht, aber sie begreifen es nicht. Manchmal ist es nur ein Widerhall.
    Caine
– Ein Déjà-vu etwa?
    Sie
– Ja. Ein Déjà-vu ist die Erinnerung an eine mögliche Zukunft, die man schon einmal gesehen hat. Normalerweise betreten die Menschen den in die Zukunft führenden Pfad, den sie gesehen haben, nicht. Folgen sie ihm jedoch einmal ganz genau, kommt die Erinnerung wieder hoch – das ist ein

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