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Null

Null

Titel: Null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Fawer
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Millionen Dollar, so rechnete er, entsprach das einem Stundenverdienst von 43   Millionen Dollar. An dem Abend, an dem die Gewinnzahlen bekannt gegeben wurden, war er derart überzeugt, dass sich sein Schicksal erfüllen würde, dass er im O’Sullivan’s eine Runde schmiss. Das kostete ihn 109   Dollar plus Trinkgeld, und anschließend war er komplett pleite, aber das spielte keine Rolle. Er war sich sicher, dass er am Ende des Abends so reich sein würde, dass er die ganze Kneipe kaufen konnte.
    Bloß dass dann die Zahlen in den Nachrichten nicht seine Zahlen waren. Von den sieben Zahlen hatte er nurzwei richtig. Tommy war so überzeugt gewesen, dass er gewinnen würde, dass er zunächst dachte, denen beim Fernsehen wäre ein Irrtum unterlaufen. Doch am nächsten Tag bestätigte die Zeitung, dass sich der weißhaarige Nachrichtensprecher nicht vertan hatte. Tommy hatte verloren.
    Sein Selbstvertrauen war erschüttert, erholte sich aber wieder. Er musste einfach dranbleiben; das war alles. In der nächsten Woche setzte er sich wieder in den Zug, um seine Zahlen zu spielen. Doch genau wie beim ersten Mal hatte er nur zwei Richtige. Nach ein paar Monaten schwand allmählich seine Hoffnung. Er hätte es aufgegeben, hätten ihm die Zahlen nicht im Schlaf immer so deutlich vor Augen gestanden. Und so spielte Tommy weiter Lotto und verpasste es keine Woche, aus Furcht, in ebendieser Woche könnten endlich seine Zahlen gezogen werden.
    Nach ein paar Jahren rechnete Tommy nicht mehr damit zu gewinnen, spielte aber weiterhin Lotto. Und jedes Mal, wenn er betrunken war – was in letzter Zeit oft vorkam   –, erzählte er allen, die ihm zuhörten, dass er eines Tages Millionär sein werde. Wartet’s nur ab, ihr werdet’s schon sehen. Bloß dass dieser eine Tag nie kam.
    Die Tage gingen ins Land, und alles wurde immer schlimmer. Also, nicht direkt schlimmer, aber es wurde auch nicht besser, und das lief auf das Gleiche hinaus. Es war jetzt zehn Jahre her, dass er die Highschool abgeschlossen hatte, und er wohnte immer noch in derselben beschissenen Bruchbude in Brooklyn und hatte denselben beschissenen Job. Die Wohnung wie auch der Job waren ihm zunächst richtig cool vorgekommen, doch dann hatte Tommy einsehen müssen, dass das, was mit achtzehn cool wirkt, mit achtundzwanzig nur noch lächerlich ist.
    Schlimmer noch: Auch die Mädels wussten das. Mädelswie Gina. Klar, hin und wieder zog sie gern mit ihm um die Häuser, aber wie sie ihm gewissenhaft erklärt hatte, verfügte Tommy über kein «Langzeitpotenzial». Er hatte versucht, aus sich den Mann zu machen, als den sie ihn gerne gesehen hätte, aber es war ihm nicht gelungen. Achtundzwanzigjährige ohne Collegeausbildung, die seit der Schule immer nur bei Tower Records an der Kasse gearbeitet hatten, wachten nun mal nicht eines Morgens auf und hatten Langzeitpotenzial.
    Bis heute. Ab heute habe ich Langzeitpotenzial, nicht wahr?
Tommy ging zum Couchtisch und hob die Waffe auf. Er drehte sie in den Händen hin und her und fragte sich, warum er sich immer noch die Mündung in den Mund stecken und abdrücken wollte.
    Er musste sich nicht mehr umbringen. Da er nun das Geld gewonnen hatte, würde alles gut werden   … nicht wahr? Aus irgendeinem Grund war er sich da nicht sicher. Im Grunde seines Herzens wusste er, dass das Geld nichts änderte; er war immer noch der gleiche Versager, der er immer gewesen war. Aber er wusste auch noch etwas anderes: Er war zwar immer noch derselbe Typ, der nur Minuten zuvor bereit gewesen war, sich das Hirn rauszupusten, aber er musste dieser Typ nicht
bleiben.
Er konnte sich verändern, konnte jemand werden, der   … tja, was?
    Jemand, der einen Lebenssinn hatte – ja, das war es. Er seufzte sehnsüchtig und nickte.
Ich kann es wenigstens versuchen.
Ja. Tommy zwang sich, nicht weiter darüber nachzudenken, und versteckte die Waffe wieder im Wandschrank, unter einem Stapel schwarzer Konzert- T-Shirts , die er im Laufe der Jahre gesammelt hatte. Früher hatte er sie ständig getragen, in letzter Zeit aber nur noch, wenn er nichts anderes Sauberes mehr anzuziehen hatte.
    Nachdem er den Wandschrank geschlossen hatte, trankTommy sein Bier aus und legte sich auf die Couch. Und obwohl er viel an die Nummern dachte, bevor er dann schließlich einschlief, leuchteten sie zum ersten Mal seit zehn Jahren nicht in seinen Träumen.
     
    Es war Nacht, als Caine erwachte. Das Licht des Fernsehers flackerte über die dunklen Wände und warf

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