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Null

Null

Titel: Null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Fawer
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huschende Schatten durch den Raum. Auf der Mattscheibe gab eine temperamentvolle junge Frau die Gewinnzahlen des Powerball-Lottos bekannt. Caine betätigte die Fernbedienung, und im Zimmer wurde es dunkel. Er wartete ab, bis sich seine Augen an die Finsternis gewöhnt hatten.
    Er hatte das quälende Gefühl, etwas vergessen zu haben. Hing es mit etwas zusammen, das er geträumt hatte? Nein, das war es nicht. Er hatte fest geschlafen. Einige Träume waren bereits von seinem Bewusstsein überschattet. Dann fiel es ihm wieder ein. Er hatte die Kapsel geschluckt. Er griff nach seinem Mobiltelefon auf dem Nachttisch, um nachzusehen, wie spät es war. Es war kurz vor zwei Uhr nachts. Er hatte das Medikament schon seit elf Stunden intus.
    Er drehte den Kopf nach links, dann nach rechts, blinzelte dabei mit den Augen. Er fühlte sich nicht anders als zuvor. So weit, so gut. Aber war das nicht genau das, was Jasper gesagt hatte?
Man spürt gar nichts davon.
Dennoch glaubte Caine, dass es ihm nicht verborgen bleiben würde, wenn jetzt bei ihm eine Schraube locker wäre. Er würde es bemerken. Es konnte gar nicht anders sein.
    Das Telefon begann in seiner Hand zu vibrieren. Caine erschreckte sich so, dass er es fast fallen ließ. Er sah auf dem Display nach, wer der Anrufer war, aber die Rufnummernübermittlung war unterdrückt.
    Er überlegte kurz, nicht ranzugehen, entschied sichdann aber dagegen. Mit immer noch kribbelnden Händen klappte er das Telefon auf.
    «Hallo, Caine, Vitaly hier. Wie geht es Ihnen?»
    Caine spürte, wie sich sein Magen zusammenkrampfte.
    «Oh, hallo. Danke, es geht mir gut. Wie geht es Ihnen?», fragte Caine, der nicht wusste, was er dem Mann sagen sollte, dem er elftausend Dollar schuldete.
    «Nicht so gut, Caine. Aber ich hoffe, dem können Sie abhelfen.» Nikolaev verstummte. Caine wusste nicht, ob er darauf jetzt etwas erwidern sollte, fühlte sich aber nach wenigen Augenblicken genötigt, das Schweigen zu brechen.
    «Also   … äh, ich schätze mal, Sie rufen wegen dem Geld an.» Keine Reaktion. Caines Zunge wurde trocken wie ein Schwamm, der in der Sonne lag. «Ich habe das Geld, Nikolaev. Sobald ich aus dem Krankenhaus raus bin, kann ich es Ihnen zurückzahlen.»
    «Zuzüglich Zinsen.»
    «Ja, zuzüglich Zinsen. Selbstverständlich.» Caine versuchte zu schlucken, aber es gelang ihm nicht. «Apropos: Wie hoch sind denn die Zinsen?»
    «Der übliche Satz. Fünf Prozent pro Woche, wöchentlich zu begleichen. Ich möchte nur sichergehen: Sie haben das Geld, nicht wahr? Denn, ich meine, Sie sind einer meiner liebsten Gäste. Und ich möchte Sie bald wieder im Club begrüßen können, verstehen Sie?»
    «Ja, natürlich habe ich das Geld», log Caine. «Kein Problem.»
    «Schön», sagte Nikolaev mit tiefer, drohender Stimme. «Ist es auf der Bank?»
    «Äh, ja.» Caine war zum Kotzen zumute.
    «Gut. Da Sie ja flachliegen, schicke ich Sergey zu Ihnen rüber. Sie können ihm Ihre Scheckkarte geben, undich hebe dann das Geld für Sie ab. So müssen Sie deswegen nicht extra nach Downtown kommen», sagte Nikolaev, «und können sich ganz Ihrer Genesung widmen.»
    «Oh, danke», sagte Caine. Es hatte ihm die Sprache verschlagen, und er versuchte Zeit zu schinden. Das Letzte, was er jetzt gebrauchen konnte, war ein Besuch von Sergey Kozlov, Nikolaevs hünenhaftem Leibwächter. «Es ist bloß, Vitaly – ich muss erst noch ein paar Geldgeschäfte tätigen, verstehen Sie? Ich habe ungefähr zweitausend Dollar auf dem Konto, und der Rest ist in Wertpapieren angelegt. Ich muss ein paar Depositenzertifikate zu Geld machen, solche Sachen halt.»
    «Haben Sie nicht gerade gesagt, Sie hätten das ganze Geld auf der Bank?» Nikolaev schwieg einen Moment lang. «Das ist kein guter Zeitpunkt, um damit anzufangen, mich zu belügen, Caine.»
    «Das tue ich ja auch gar nicht. Ich habe das Geld; es ist bloß nicht alles flüssig. Aber das lässt sich regeln.» Schweigen. «
Sie bekommen Ihr Geld
, Vitaly. Sobald ich hier raus bin.»
    «Also gut. Wir werden Folgendes tun. Sergey wartet unten am Eingang. Er kommt gleich zu Ihnen rauf, um die Scheckkarte abzuholen. Er wird heute Nacht tausend Dollar abheben und dann jeden Tag weitere fünfhundert Dollar, bis Sie aus dem Krankenhaus raus sind und Ihre Wertpapiere zu Geld machen. Einverstanden?»
    «Klar, Vitaly. Einverstanden», sagte Caine, dem bei der Sache entschieden wohler gewesen wäre, wenn er mehr als nur vierhundert Dollar auf dem Konto gehabt hätte.
    «Gut.

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