Null
Jasper am Arm fest, damit er nicht hinfiel. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber über seine Lippen drang nur unverständliches Genuschel. Spirn und Nava führten ihn zum Heck des Lieferwagens. Spirn riss die Tür auf und half Jasper hinein, und Nava schirmte sie währenddessen so gut sie konnte von den Passanten ab.
Dann stieg sie ebenfalls ein, und Michaelson und Brady folgten. Beide wirkten enttäuscht, dass die Zielperson keinen Widerstand geleistet hatte. Brady knallte die Tür zu, und Gonzalez gab Gas. Nava sprach in ihr Mikro: «Wir haben die Zielperson und kommen jetzt zur Basis.»
«Verstanden. Ich werde Dr. Jimmy die gute Nachricht überbringen.»
Nava beugte sich vor. «Gonzalez, lassen Sie mich an der nächsten Ecke raus.»
«Kommen Sie nicht mit?», fragte Michaelson verdutzt.
Sie schüttelte den Kopf und tat, als müsste sie gähnen. «Ich habe die ganze Nacht lang observiert. Ich gehe jetzt nach Hause. Spirn, Sie haben das Kommando. Melden Sie sich bei Grimes, wenn Sie im Labor angekommen sind.»
Der Lieutenant nickte. Als der Lieferwagen hielt, öffneteNava die Tür und sprang hinaus, nahm ihren Rucksack und warf ihn sich über die Schulter. Sie schloss die Tür wieder und klopfte kurz dagegen. Als der Lieferwagen außer Sicht war, zückte sie ihren PDA.
Sie gab die neue GP S-Kennnummer ein und wartete, während das Gerät die Verbindung zu dem Satelliten herstellte. Der vertraute Stadtplan mit den beiden blinkenden Punkten erschien. David Caine war zwei Kilometer entfernt, ging in Richtung Westen. Es war 17.37 Uhr. Ihr blieben nur noch 23 Minuten.
Sie überlegte, ein Taxi zu nehmen, aber zu dieser Tageszeit kam man zu Fuß schneller voran.
Tversky richtete die Videokamera auf den rostigen Chevrolet. Es war ein kalter Abend, und deshalb waren nur wenige Leute unterwegs, aber wegen einer Baustelle hielten hier etliche Laster, und unter dem Baugerüst standen ein paar Benzinfässer. Er richtete das Objektiv so aus, dass er freie Sicht auf den Gehsteig hatte. Perfekt. Jetzt musste er nur noch abwarten. Er versuchte sich einzureden, dass alles in bester Absicht geschah, auch wenn er wusste, dass das nicht stimmte.
Er wollte unbedingt, dass David Caine hier vorüberkam. Wenn er kam, bewies das, dass Tversky die ganze Zeit Recht gehabt hatte und, was viel wichtiger war, dass auch alles andere, was Julia vorhergesagt hatte, in Erfüllung gehen würde. Wenn Caine nicht kam … tja. Tversky seufzte und schüttelte den Kopf. Er wollte nicht daran denken. Nicht jetzt. Er musste sich konzentrieren.
Er öffnete die Lederhülle und betrachtete die elektronische Vorrichtung. Er hatte sie zwar an diesem Nachmittag schon mindestens zehnmal ausprobiert, machte sich aber immer noch Sorgen, dass etwas schief gehen könnte. Erbemühte sich, diese Gedanken beiseite zu schieben und stattdessen an die Ereignisse zu denken, die ihn hierher geführt hatten. Seine Forschungen. Der Zwischenfall in dem Restaurant. Seine Entdeckung. Forsythes Zurückweisung. Julias Vision.
Jedes dieser Ereignisse war ein Glied der Verkettung von Umständen, die ihn hierher geführt hatten. Er fragte sich, wie groß die Wahrscheinlichkeit war, dass es zu einer derartigen Verkettung von Ereignissen kam. Eins zu tausend? Zu einer Million? Einer Billion? So etwas ließ sich nicht berechnen. Das war das Schöne am Leben: Alles war möglich, und alles war äußerst unwahrscheinlich – doch einige all dieser unwahrscheinlichen Ereignisse mussten dennoch geschehen.
Plötzlich tauchte ein Mann auf dem kleinen Bildschirm der Videokamera auf. Er trug einen großen Aktenkoffer aus Metall. Er ging an dem Tanklaster entlang, der in zweiter Reihe hielt, ein paar Meter von dem Chevy entfernt. Tversky Puls beschleunigte sich, und er wartete darauf, dass er das Gesicht des Mannes erkennen konnte. Tversky wischte sich die zitternden Hände an der Hose ab und ließ den Bildschirm keinen Moment aus dem Blick. Vorsichtig berührte er die kleine Tastatur.
Der Mann drehte sich langsam um, war nun im Profil zu sehen. Tversky seufzte enttäuscht. Es war nicht Caine. Sein Gesicht war schwammig und mit Aknenarben überzogen. Er sah aus, als würde er auf jemanden warten. Tversky hoffte für den Mann, dass er nicht lange dort stehen blieb. Es wäre schade, wenn ihn die Explosion ebenfalls erwischen würde.
«Ich glaube, wir haben ein Problem, Sir.» Lieutenant Spirns strenge Stimme ertönte in Grimes’ Headset.
«Na wunderbar.
Weitere Kostenlose Bücher