Null
ihr schlaksiger Waffenausbilder, bestand darauf, dass sie die Mechanik jeder Waffengattung und ihre technischen Grundlagen genau verstand, bevor sie einen Schuss abgab. Er brachte ihr den Unterschied zwischen einer Automatik (die mit einem Magazin oder Clip geladen wurde) und einem Revolver bei (dessen Patronen einzeln geladen wurden). Sie lernte, dass man den Hahn eines Revolvers mit Single-Action-Abzug manuell spannen musste, bevor man ihn abfeuerte, während ein Double-Action-Revolver dies automatisch tat. Sie erfuhr, dass es sich beim Kaliber einer Waffe einfach um den Durchmesser ihrer Munition handelte, dass ein Revolver Kaliber .38 Patronenmit einem Durchmesser von 0,38 Zoll hatte. Darüber hinaus lernte sie, dass Patronen größeren Kalibers langsamer flogen, aber mehr Schaden anrichteten.
Sie prägte sich die Vorteile einer halb automatischen 9-Millimeter -Pistole – Hochgeschwindigkeitskugeln, relativ leiser Schuss, nahezu perfekte Treffgenauigkeit, geringer Rückstoß und ein großes Magazin – genauso wie ihre Schwächen ein – geringe Durchschlagskraft und dadurch nur wenig blutende Eintrittswunden, höhere Blockieranfälligkeit.
Tanja lernte die drei Möglichkeiten, mit denen eine Kugel einen Menschen zur Strecke bringen konnte: Blutverlust, Schädeltrauma oder Durchdringen eines lebenswichtigen Organs wie Herz oder Lunge. Dies führte zu weiteren Lektionen, wie zum Beispiel der, dass sie auf den Kopf zielen musste, wenn sie einen Mann mit einer Waffe Kaliber .22 töten wollte, weil eine Kugel kleineren Kalibers nur genug Durchschlagskraft besaß, um in den Schädel einzudringen, nicht aber, um auszutreten, sodass die Kugel, einmal im Inneren, herumsprang und das Gehirn des Opfers pürierte. Benutzte man allerdings eine Waffe Kaliber .45, war ein Schuss in den Oberkörper tödlich, da eine 45er Kugel stark genug war, ein menschliches Organ aus der fünfzehn Zentimeter großen Austrittswunde zu pusten, die sie in den Rücken riss.
Sie lernte, dass Hohlspitzgeschosse eine abgeplattete Spitze hatten, damit sie Organe beim Eintritt in den Körper zerfetzen konnten, und dass es sich bei einer Glaser-Sicherheitspatrone einfach um eine mit flüssigem Teflon und einer Bleikugel gefüllte und mit einer Plastikkappe verschlossene Kupferhülse handelte. Beim Einschlag zerfiel die Kappe, wodurch die Energieübertragung auf die Inhalte maximiert wurde. Das Teflon und die Bleikugelschwirrten dann aus, die Wahrscheinlichkeit, eine Hauptschlagader zu treffen, nahm zu. Das bedeutete zudem, dass das Projektil nicht abprallte oder aus dem Körper austrat, was sie zu einer «sicheren» Sache für jeden außer dem Ziel machte.
Schließlich erklärte Michail ihr die verschiedenen Modelle. Die österreichische Glock, die deutsche Heckler & Koch, die schweizerische Sig-Sauer, die amerikanischen Pistolen – Smith & Wesson, Colt, Browning – die italienische Beretta und natürlich die russischen Gyurza und Tokarev.
Damals, nachdem sie mehr gelernt hatte, als sie jemals geglaubt hatte über Waffen wissen zu können, reichte ihr Michail einen altmodischen russischen Nagant-Revolver. Nachdem Tanja sorgfältig die 7.6 2-Millimeter -Patronen in die sieben Kammern des Zylinders geladen hatte, ging sie in Schussposition, zielte, spannte den Hahn und drückte ab. Der Rückstoß war so heftig, dass sie von den Füßen geworfen wurde und hart auf dem Rücken landete.
Es war das einzige Mal, dass sie Michail lachen sah. «Und das», sagte er, «ist der Unterschied zwischen Theorie und Praxis.»
Zornig rappelte sich Tanja auf und feuerte einen weiteren Schuss ab. Sie fiel nie wieder hin.
Wie auch den übrigen Unterrichtsstoff lernte Tanja den Umgang mit Waffen äußerst schnell und meisterte Handfeuerwaffen jeden Kalibers, bevor sie zu anderen Gattungen überging. Zunächst gab es die Maschinenpistolen: Uzis, Browning M2HB und M60, nach deren Benutzung sich ihre Arme wie Gummi anfühlten. Danach kamen die Gewehre, wie das Baikal MP-131K und das Heckler & Koch CAWS, welches durch seinen kraftvollen Rückstoß einen blauen Fleck auf ihrer Schulter hinterließ. Schließlichbrachte ihr Michail bei, wie man die Entfernung, die Windgeschwindigkeit und den Luftwiderstand berechnete, damit ihre Schüsse mit dem Scharfschützengewehr Dragunov immer ihr Ziel fanden.
Nava hielt inne. Sie hatte sein Bein fertig geschient. Caine war schweißgebadet.
«Das müsste gehen.» Sie begutachtete ihr Werk.
«Danke», sagte er.
Nava
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