Nullpunkt
wehte wie ein seidener Drachen. Es verfing sich kurz in der Antenne des Anhängers, bevor es endgültig davongeweht wurde und im dunklen Himmel verschwand.
Carradine richtete sich auf und rieb sich zufrieden die Hände. «Das ist schon besser», sagte er über das Rumpeln des Diesels hinweg. «Okay, bringen Sie sie rein.»
Gonzalez zählte ein letztes Mal durch. «Steigen Sie ein»,sagte er zur ersten Reihe. «Suchen Sie sich eine Ecke und machen Sie sich’s gemütlich.»
«Drängen Sie sich nicht alle zusammen», fügte Carradine hinzu. «Verteilen Sie Ihr Gewicht so gleichmäßig wie möglich.» Er sprang in den Schnee hinunter. «Ich habe ein C B-Funkgerät mit einer Reservebatterie in den Anhänger gelegt, damit Sie mit mir in der Führerkabine reden können. Einer muss sich darum kümmern.»
Jemand hob nervös die Hand. «Das kann ich machen.» Es war Fortnum, der Kameramann.
Penny beobachtete, wie die beiden Verletzten in den Wohnwagen verfrachtet wurden: der unentwegt leise vor sich hin plappernde Toussaint, zusammengesunken und unter dem Einfluss starker Beruhigungsmittel, und die einstige persönliche Assistentin von Ashleigh Davis, still, verängstigt und mit einem dicken Kopfverband. Als die Reihe langsam näher rückte, spürte Penny die Wärme, die aus der offenen Tür strömte. Zweifelsohne hatte Carradine die Heizung im Anhänger bis zum Anschlag hochgedreht. «Ich brauche jemanden vorne bei mir», sagte er. «Jemanden, der mir Richtungen ansagen kann, falls es brenzlig werden sollte.»
«Das mache ich», sagte Penny.
Carradine sah sie zweifelnd an. «Können Sie ein GPS programmieren?»
«Ich bin Informatikerin.»
«Das wird reichen, einverstanden. Ich will oben nur noch die Kühlerabdeckung und den Alkoholverdunster überprüfen, dann können wir los.»
Penny trat aus der wartenden Reihe und in den relativen Schutz unterhalb des Führerhauses. Als der Letzte aus der Gruppe in den Anhänger gestiegen war, reichte Marcelin dieKanister mit Wasser und die Notvorräte nach oben. Carradine inspizierte den Sattelzug ein letztes Mal von allen Seiten, kletterte in den Wohnwagen, warf einen kurzen Blick in die Runde und zeigte Fortnum die Bedienung des Funkgeräts. Dann stieg er aus, schloss die Tür und ging nach hinten, um die Versorgungsanschlüsse zu lösen. Augenblicklich wurde es rings um den Anhänger dunkel, nur noch die Rücklichter brannten.
«Fertig?», fragte Gonzalez.
Der Ice Road Trucker antwortete, indem er den Daumen hob.
«Dann viel Glück, mein Freund, und gute Reise.»
Carradine half Barbour hinauf in die Kabine, dann trottete er vorn um die Zugmaschine herum und kletterte auf den Fahrersitz. Er überprüfte die Instrumente mit Hilfe einer Checkliste, die hinter ihm an der Kabinenwand hing, legte den Sicherheitsgurt an und nahm das Handteil seines Funkgeräts vom Armaturenbrett. «Alles klar dahinten?», fragte er.
«Wir sind bereit»
, antwortete Fortnum.
«Zehn-vier.» Er hängte das Mikrophon wieder an den Haken und sah Penny Barbour an. «Fertig?»
Sie nickte.
«Dann los.» Er löste die Luftbremse, legte den Gang ein und ließ die Kupplung langsam kommen. Der Lastzug erzitterte und rollte langsam los.
Penny Barbour starrte nach draußen in das Schneegestöber. Sie fuhren hinaus in die Ödnis und die Dunkelheit. Das Letzte, was sie von Fear Base sah, waren drei Soldaten – Gonzalez, Marcelin und Phillips –, die neben dem leeren Schlitten standen, die Waffen im Anschlag, und ihnen hinterherblickten.
38
Zuletzt war die Offiziersmesse ein Ort hektischer Aktivität gewesen. Eine nach der anderen hatten sich die Gruppen versammelt und bereit gemacht, um anschließend von den Soldaten in die Wetterkammer geführt zu werden. Gonzalez hatte den Regisseur angefunkt und einen letzten Versuch unternommen, ihn zur Vernunft zu bringen und zu überreden, die Basis zusammen mit den anderen zu verlassen. Conti hatte ihm kaum zugehört. Er hatte Rohmaterial gesichtet auf der digitalen Videokamera, die Fortnum ihm zurückgelassen hatte. Schließlich war es Gonzalez zu bunt geworden. Er murmelte etwas wie er sei «die Zeit nicht wert, die es dauert, ihn gewaltsam zum Truck zu bringen», und warnte ihn davor, allein durch die Basis zu laufen. «Sie wollen unbedingt etwas filmen? Filmen Sie den Kadaver, sobald wir das Biest erledigt haben.» Marcelin und Phillips kamen zurück, um die letzte Gruppe von sechs Personen nach oben zur Wetterkammer zu eskortieren.
Damit waren sie nur
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