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Nullsummenspiel

Nullsummenspiel

Titel: Nullsummenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mack
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öffnete sie die Tür und spähte hinaus, um herauszufinden, was sie dahinter erwartete.
    Straßenlärm und goldenes Licht drangen durch den schmalen Spalt zwischen der Tür und dem Rahmen. Bewegte Schatten deuteten darauf hin, dass draußen Fußgänger vorbeiliefen. Sarina lauschte, und als es kurz etwas ruhiger wurde, schob sie die Tür so weit auf, dass sie hindurchschlüpfen konnte.
»Komm schon«
, sagte sie. Bashir hastete hinaus und sah sich um, ob man sie beobachtet hatte. Die wenigen Breen-Zivilisten, die hier vorbeikamen, schienen nicht mitbekommen zu haben, dass Bashir und Sarina aus einer Tür mit der Aufschrift »Zutritt verboten« getreten waren. Sarina verriegelte die Tür wieder.
»Lass uns von hier verschwinden.«
    Entschlossene Schritte und eine bruchstückhafte Unterhaltung bewirkten, dass sie unter den vielen Breen-Fußgängern, die sie wie ein steter Strom mit sich zogen, nicht weiter auffielen. Sie blieben dicht beieinander, und Bashir ließ Sarina entscheiden, wo sie an den Kreuzungen abbogen. Nachdem sie etwa eine Stunde gelaufen waren, blieb sie stehen und huschte in eine schmale Gasse neben einem breiten, hell erleuchteten Boulevard voller Geschäfte und Lebensmittelverkäufer sowie Gebäude, die Bashir für Bürokomplexe hielt. Die meisten Geschäfte wurden von riesigen Videobildschirmen dominiert, auf denen ein stetiger Strom an Produktabbildungen und Texten angezeigt wurde, begleitet von mehreren miteinander wetteifernden, dröhnenden Audioanpreisungen in Breen-Maschinensprache.
    »Das ist genau das Richtige für uns«
, sagte Sarina, als sich Bashir hinter ihr in die Schatten schlich.
»Eine Vielzahl an Geschäften und Zivilisten, die aus mehr als einem sozialen Umfeld zu stammen scheinen. Das ist eine anthropologische Goldmine.«
    »Ich komme gerade nicht mit«, gestand Bashir. »Was genau wollen wir hier?«
    »Nur zusehen und zuhören. Nutze die Helmsensoren, um Unterhaltungen zu belauschen, und achte auf die Körpersprache der Beteiligten, über die wir ja gestern schon gesprochen haben. Diese Straße wird unser Lehrmeister sein.«
    »Ich dachte, wir sollen nach der geheimen Schiffswerft suchen.«
    »Wenn wir die Feinheiten der Breen-Sprache und -Kultur nicht erlernen, werden wir nur mit sehr viel Glück wieder an die Oberfläche gelangen, die Schiffswerft aber ganz bestimmt nicht finden.«
Sie schien sich schon mehr auf das Kommen und Gehen auf der Straße als auf ihn zu konzentrieren.
»Wir müssen gehen lernen, bevor wir rennen können, Julian.«
    Bashir kam die Heimlichtuerei und das Beobachten wie Zeitverschwendung vor. Er wollte in Bewegung, in Aktion bleiben, aber als er überlegte, wo er hingehen und was er dort tun wollte, wurde ihm bewusst, dass Sarina recht hatte. Die Übersetzer in ihren Helmen ermöglichten es ihnen, die Breen-Sprache rudimentär zu begreifen, doch all die kulturellen Feinheiten blieben ihnen verborgen. Wenn sie die Einheimischen einige Zeit beobachteten, konnten die Heuristiken in Bashirs und Sarinas Anzug mehr Daten sammeln, die in der Theorie zur genaueren Übersetzung der verbalen und schriftlichen Sprache führen würden.
    Doch all das machte das Belauschen der alltäglichen Interaktionen nicht interessanter. Kunden stritten mit Händlern über Waren oder stellten Fragen zu Lebensmitteln, die diese verkauften. Zufällig aufgeschnappte Unterhaltungen gingen ineinander über: Beschwerden über Arbeitspläne, unerträgliche Vorgesetzte oder verschobene Termine, Small Talk, der sich um unartige Kinder, undankbare Partner oder Musik drehte. Es wurde nach dem Weg gefragt, nach dem nächsten Transportmittel oder ungefragt ein Ratschlag erteilt.
    Dann erregte ein Fetzen einer einseitigen Unterhaltung Bashirs Aufmerksamkeit, der allerdings nicht herausfinden konnte, wo genau sich der Sprecher befand: »
Ich möchte eine ungewöhnliche Aktivität melden. Zwei Individuen auf Ebene achtundzwanzig, Tyzil-Sektor … Händlerviertel, der Neunhunderterblock … Sie stehen seit mehreren Stunden in einer Gasse. Ich weiß nicht, was sie da machen, aber sie benehmen sich seltsam

    Bashir stupste Sarina an. »Da meldet uns jemand den Behörden.«
    »Ich hab’s gehört«
, erwiderte Sarina.
»Wir sollten von hier verschwinden.«
Sie mischten sich wieder unter die sich schnell vorwärts bewegende Menge.
    Irgendwo in der Ferne war eine Sirene zu hören, die schnell lauter wurde.
    Auf jeder Welt und in jeder Sprache war das kein gutes Geräusch, was Bashir natürlich

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