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Nummer Drei: Thriller (German Edition)

Nummer Drei: Thriller (German Edition)

Titel: Nummer Drei: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Lake
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erklärt. Verstehst du denn gar nichts? Wenn du den Dieb nicht fängst, dann fang seinen Bruder. Ich bin nützlich für diese Mannschaft. Für die Küstenwache Südliches Zentrum. Ich spreche gut Englisch, mein Bruder aber nicht. Deshalb brauchen sie mich. Ich bin derjenige, der arbeiten und bezahlen muss.«
    Es klang gepresst, als hätte jemand um jedes einzelne Wort eine Garotte gelegt.
    »Das tut mir leid«, entschuldigte ich mich, obwohl ich es immer noch nicht richtig begriff.
    Er zündete sich eine Zigarette an und lächelte im schwachen Licht.
    »Mit dieser Aktion hier werde ich erheblich mehr als fünfzigtausend Dollar verdienen«, fuhr er fort. »Das hoffe ich jedenfalls. Ich befreie meinen Bruder, und dann verlasse ich mit ihm das Land. Vielleicht gehen wir nach Ägypten.«
    Wir redeten noch eine Weile, aber es war schon spät, und ich dachte mir, mein Dad machte sich vielleicht Sorgen. Deshalb stand ich auf und wollte wieder hineingehen. Auch Farouz stand auf.
    »Ich muss draußen bleiben«, sagte er. »Wache schieben.«
    »Ich weiß«, antwortete ich. »Ic h … danke für die Uhr. Danke, dass du mir die Sterne gezeigt hast.«
    O Gott, klang das lahm! Und kitschig. Und lächerlich wie ein Disneyfilm. Dieser somalische Pirat kam aus einer ganz anderen Welt. Für mich war er fast ein Außerirdischer.
    Er fand es aber nicht seltsam.
    »Gern geschehen.« Er schüttelte mir die Hand, und ein knisternder, blaue Funken sprühender Stromstoß durchfuhr mich.
    Er zündete sich eine weitere Zigarette an und wandte sich ab.
    »Ich habe Wachdienst«, erklärte er.
    Dann entfernte er sich, und mit ihm verschwand die Elektrizität, als hätte jemand den Stecker aus der Welt gezogen.

18 Eigentlich war ich meiner Mom nicht böse. Ich bin es auch heute nicht. Ich will damit sagen, dass ich ihre Tat verstand. Es ging ihr nicht gut, und sie wollte dem Elend ein Ende bereiten. Ich glaube, ich konnte ihre Entscheidung respektieren.
    Der einzige Abschiedsbrief war eine kurze, an mich gerichtete Nachricht. Am Abend, nach dem Krankenhaus, fand ich ihn unter dem Kopfkissen. Nach dem Wartezimmer. Nachdem man uns den kleinen Beutel mit ihrem Ehering gegeben hatte, den ich jetzt am Ringfinger trage. Es ist mir egal, ob jemand denkt, ich sei verlobt. Die Handtasche und die Börse mit meinem Kinderfoto gab man uns nicht, weil sie mit Blut bedeckt waren – verunreinigt, wie die Sekretärin im Krankenhaus sagte. Diese Sachen mussten verbrannt oder eingeäschert werden.
    Meinem Dad habe ich nie von dem Abschiedsbrief erzählt. Auch den Anruf habe ich nie erwähnt. Werfen Sie mir das vor? Ich wollte eben nicht offen zugeben, dass ich sie getötet hatte, dass ich ungeheuer dumm gewesen war und nicht begriffen hatte, was sie plante.
    Der Brief unter meinem Kopfkissen war ganz kurz:
    Wir sind Sternenstaub.
    Ich ballte die Hand zur Faust und zerknüllte den Zettel. Laut rasselte der Atem in meiner Brust. Alles strahlte sehr hell.
    Im Geist war ich wieder mit Mom am Strand auf dem North Fork. Ich war noch klein, vielleicht neun Jahre alt. Sie zeigte mir die Sterne. Der North Fork ist den Hamptons ähnlich, aber weniger aufgetakelt, wie Dad es ausdrückte. Kurz nach seiner ersten großen Beförderung hatte er das Haus gekauft. Es steht in der Nähe einer Kleinstadt namens Greenport, wo es einen Jachthafen, viele Antiquitätenläden und ein paar Bars und Restaurants gibt. Im Emilio’s aßen wir immer Pizza, im Sound View beobachteten wir das Meer und bestellten Krabben und Hummer.
    Vor allem fuhren wir wegen der Aussicht nach North Fork. An unserem Ende, dem entfernten, ist die Halbinsel sehr schmal. Dort überwiegt die Landwirtschaft: Mais und Kürbisse, die in der entsprechenden Jahreszeit am Straßenrand auf Karren verkauft werden. Außerdem Wein und Weintrauben. Zu beiden Seiten sieht man hinter den unglaublich langen Stränden das Meer in der Sonne glitzern oder bei schlechtem Wetter im Zwielicht schimmern. Das Land ist flach, es gibt nur einige Dünen, die Seevögel und die Grasinseln. Es ist schön.
    Besonders bei Nacht. Im Vergleich zu New York und anderen Gegenden gibt es dort nur sehr wenig Licht. Die Sterne platzen förmlich aus der Finsternis hervor.
    »Daraus sind wir gemacht«, sagte Mom zu mir, dem neunjährigen Mädchen, als sie zum Himmel deutete. »Wusstest du das?«
    »Was?«
    »Sternenstaub. Daraus sind wir gemacht.«
    »Nein, sind wir nicht«, widersprach ich, weil ich gerade etwas in der Schule gelernt hatte. »Wir sind

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