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Nummer Drei: Thriller (German Edition)

Nummer Drei: Thriller (German Edition)

Titel: Nummer Drei: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Lake
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sie krank?«, fragte er.
    »Ja, sie war krank. Hier drinnen.« Ich berührte meinen Kopf und ging davon aus, dass er die Geste verstand.
    »Ja«, sagte Farouz.
    Ich umklammerte die Reling, meine bleichen Finger lagen auf dem glatten Metall neben seinen dunklen Händen.
    »Nach dem Anruf fuhr meine Mom zur Arbeit«, erzählte ich. »Sie stieg aufs Dach des Gebäudes. Sie stand auf dem Dach un d … un d …«
    Farouz berührte meine Hand. Die Berührung war warm. Seine Finger waren warm.
    »Verstehe«, sagte er. »Ich verstehe. Ist schon gut. Ich verstehe es. Du musst nichts mehr erzählen.«
    Ich nickte und zog die Hand weg. Das Meer unter uns war so schwarz, dass es mir vorkam wie ein Loch in der Existenz.
    Jemand stürzte durch die Schwärze von den Sternen auf die Erde herab.
    Als meine Mutter mich in der Schule anrief, ging ich im Geist die Chaconne von Bach durch und stellte mir die Bewegungen der Finger vor. Dieses virtuose Stück wollte ich spielen, wenn ich in die Endausscheidung des Menuhin-Wettbewerbs kam. Ich gehörte zu den weltweit einundzwanzig Auserwählten, die an dieser wirklich großen Ausscheidung teilnehmen durften. Sobald ich mich am Handy meldete und ihre Stimme hörte, brach die Musik ab, und seitdem hat sie nicht wieder eingesetzt.
    Die ganze Zeit, während meine Mutter sprach, betrachtete ich die Kaffeemaschine im Gemeinschaftsraum. Der Apparat war von Gaggia, was zu der Schule passte. Auf der rechten Seite hatte sie einen Kratzer. Sie glänzte silbern und konnte aus zwei Düsen Espresso sprühen. Auf dem Fenster hinter der Maschine zeichnete sich ein handtellergroßer Schmierfleck ab. Jenseits des Glases wuchs eine Kastanie, unter der ein Mädchen mit bunten Bällen jonglierte. Auf einem Resopaltisch stand eine halb geleerte Tasse Kaffee. Rechts war eine Ecke vom Tisch abgeblättert.
    Auf der äußeren Fensterbank spazierte eine Taube hin und her. Es war 11 . 16 Uhr, behauptete die Uhr der Mikrowelle neben der Kaffeemaschine. Die Mikrowelle war von Samsung, von innen klebte verkrustete Tomatensoße am Glas. Die Beschriftung der Knöpfe war abgenutzt. Ich erkannte nur noch die Einstellung 360 Watt .
    Bis heute sehe ich dieses Bild völlig klar vor mir. Seitdem kann ich keine Kaffeemaschine von Gaggia in einem Café und kein Gerät von Samsung betrachten, ohne daran zu denken, was als Nächstes geschah. Es ist, wie wenn Sie das eigene Handy oder den eigenen Mantel sehen. Es ist nur ein Handy oder ein Mantel. Nur ein Gegenstand, der keine große Bedeutung hat. Aber weil er Ihnen gehört, scheint er eine Aura zu besitzen. Er ist wichtig, es gibt eine Verbindung, und er scheint von innen heraus zu strahlen, weil diese Verbindung besteht.
    So wirken diese Herstellernamen auf mich. Für andere ist es nur eine Gaggia-Kaffeemaschine, nur eine Samsung-Mikrowelle, aber für mich erstrahlen die Gegenstände immer und immer wieder, gleichgültig, ob in einem Café in London oder in der Werbung. Sie haben für mich eine Bedeutung bekommen, sie haben diese starke Ausstrahlung, die sie nie verlieren werden. Wenn Sie Ihr Auto verkaufen und es später auf der Straße wiedersehen, strahlt es immer noch und unterscheidet sich von allen anderen Fahrzeugen. Dieser Glanz, den ich sah, war jedoch nicht schön.
    Sogar Farouz erkannte es, sogar er. Als ich ihm die Geschichte erzählte, wusste er schon vorher, was passiert war, nachdem meine Mutter mir aufgetragen hatte, mich um meinen Dad zu kümmern. Zeigt das nicht, welch entsetzlicher Trottel ich bin?
    Ich bin erbärmlich, denn selbst Farouz, der Pirat aus Somalia, der meine Mutter nicht kannte, wusste genau, welche Wendung die Ereignisse nehmen würden.
    Nach dem Gespräch mit mir, nachdem sie mir mehrmals gesagt hatte, ich solle auf meinen Dad aufpassen, nachdem sie mir deutlich erklärt hatte, was sie vorhatte, fuhr meine Mom zur Arbeit. Nachdem ich nicht zugehört und nichts verstanden hatte, betrat sie das moderne Gebäude, in dem ihre wissenschaftliche Zeitschrift beheimatet war, betrat aber nicht ihr Büro, sondern fuhr mit dem Aufzug bis ganz nach oben und ging über das Dach – es ist mit Dachziegeln belegt, ich war dort und habe es mir angesehen – und stürzte sich hinunte r …
    Einen Moment lang flog sie.
    Hatte sie Angs t ? Fürchtete sie sich und hätte ihren Entschluss gern rückgängig gemach t ? Ich weiß es nicht.
    Dann schlug sie unten auf und wurde ins Krankenhaus eingeliefert. Die Ärzte übertrugen ihr 5 , 7 Liter Blut und versuchten, die

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