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Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Titel: Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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der wir uns angeschrien hatten vor Wut und Verzweiflung und tiefem Kummer. Wir waren zusammen in Cornwall gewesen, das wusste ich noch. Wir wollten uns alles noch mal überlegen, eine Lösung finden, und dann … ich konnte mich nicht mehr so recht erinnern, was vorher oder nachher passiert war. Irgendwie war ich in den Bus nach London gelangt. Allein. Doch aus der Zeit davor war so viel aus meinem Gedächtnis verschwunden, dass der Arzt von »traumatischem Gedächtnisverlust« sprach. Doch ich war sicher, dass all das noch irgendwo gespeichert war. Nur für den Moment wusste ich nicht, wo.
    »Was mit uns passiert ist, meinst du?« Vielleicht war es ganz gut, dass ich mich nicht so genau erinnerte. Allerdings würde all das früher oder später doch wieder auftauchen. »Ich kann mich nicht genau erinnern.«
    »Ich habe mich nur gefragt … die Nacht, als … der Geburtstag meiner Mutter …« Er sah ein wenig betreten drein.
    »Lieber Gott, ich weiß es einfach nicht mehr genau.« Ich hatte es endlich geschafft, mir eine Zigarette anzuzünden. »Ich versuche ja, Stück für Stück zusammenzutragen, aber in meinem Kopf ist alles so verdammt verschwommen.«
    Alles, was unmittelbar vor dem Unfall geschah, war mir klar: Wir waren auf dem Parkplatz einer Autobahnraststätte kurz hinter Bristol in Streit geraten. Ein ölverschmierter Alex, wie er wutentbrannt gegen die Fahrertür trat. Ein weiterer hitziger Streit. Stumme Tränen, die in der Dunkelheit unbemerkt über meine Wangen liefen. Ein Taxi. Ich saß allein auf den orangefarbenen Stühlen im fluoreszierenden Licht des Busbahnhofes und wartete. »Ich weiß, dass wir gestritten haben und dass ich deshalb den Bus nahm.« Einen Moment lang sah ich ihn an, während meine Lungen sich mit dem Rauch der Zigarette vollsogen. »Aber ich weiß nicht mehr, warum wir überhaupt dort waren.« Bedächtig blies ich den Rauch vor mich hin.
    In dieser Sekunde sah er fast erleichtert aus. Dann drehte er sich um und stellte die Kaffeetasse ab. »Warum rauchst du eigentlich wieder, Maggie? Ich dachte, du hättest aufgehört.«
    Gereizt schüttelte ich den Kopf. »Warum fragst du das alles jetzt überhaupt, Alex? Das ganze Zeug über den Unfall. Hast du davor irgendetwas angestellt?«
    »Unsinn. Ich habe mich nur gefragt.« Er beugte sich zu Digby hinunter und schnippte mit den Fingern. Der kleine Hund sprang auf Alex’ Zeichen, so hoch er nur konnte. Mich sah er nicht mehr an. »Ich muss wieder weg. Können wir jetzt über die Wohnung reden?«
    »Was soll damit sein?« Energisch drückte ich die Zigarette aus.
    »Nun, Serena und ich …«
    »Oh.« Jetzt war der Groschen endlich gefallen und rollte zwischen uns hin und her. »Ja, natürlich.« Ich schlug mir mit der Hand vor die Stirn. »Du willst mit ihr hier einziehen.«
    »Hör zu, vergiss endlich diese doofe Serena. Das mit ihr funktioniert einfach nicht.«
    Konnte er die Erleichterung in meinen Augen lesen? Sofort schlug ich den Blick nieder. Alex aber sprach weiter: »Ich muss … über die Zukunft nachdenken. Was nach Glasgow kommt.«
    Die Zukunft. Als er mit mir zusammen war, hatte er höchstens für den Abend Pläne geschmiedet und sich überlegt, was er trinken würde. Ich dachte an Serena. An Alex in seinem tollen Anzug auf Bels Hochzeit. An das perfekte Aussehen des Mädchens, das vor Alex’ hochgewachsener Gestalt erst richtig zur Geltung kam. »Nun, letzte Woche habt ihr noch recht verliebt ausgesehen.«
    »Wohl kaum. Ich meine, sie ist schön und alles, aber … na ja, du weißt schon.«
    »Was?«
    »Maggie …« Seine Stimme wurde ganz leise, als er mich ansah. Fast hätte er es gesagt. Ich konnte es in meiner Brust knacken hören, als das Eis aufbrach. Ich spürte, wie mein Herz klopfte, als Alex einen Schritt auf mich zutrat und seine narbige Hand ausstreckte. Wie erstarrt stand ich da und sah ihn an. Dann zwang ich mich, einen Schritt zurückzutreten. Ich nahm ein Geschirrtuch und begann, mit vollem Körpereinsatz die Arbeitsplatte sauber zu wischen. In meinem Kopf jagten sich die Gedanken und landeten doch immer wieder nur in einer Sackgasse. Immer machte er das mit mir. Alex konnte einen wild gewordenen Bären bezirzen, wenn er einen guten Tag hatte.
    »Weißt du, das mit Serena geht, wenn ich was getrunken habe oder …«
    Heute hatte er keinen guten Tag. Ich hörte auf zu schrubben. »Ich dachte, du trinkst nicht mehr.«
    »Das tue ich auch nicht.« Zu spät. Er sah mich nicht an, sondern studierte aufmerksam

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