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Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Titel: Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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zu freuen, dass ich mich abwenden musste. »Verräter«, murmelte ich angesichts von Digbys speichelleckenden Liebesbeweisen. Ich schrubbte eine längst saubere Pfanne und wünschte mir, es wäre Alex’ Kopf.
    Mein Vater erschien im Türrahmen, Digbys Leine in der Hand.
    »Ah«, sagte er unsinnigerweise. »Alexander.«
    »Schön, Sie wiederzusehen, Sir.« Alex ging mit ausgestreckter Hand auf ihn zu.
    Sir? Dieser Schleimer.
    »Ich denke … Sollen wir dich allein lassen, Maggie? Jenny wollte sich noch von dir verabschieden, ich sage ihr einfach, dass das nicht nötig ist … außer natürlich …« Mein Vater sah mich an. »Ist das für dich in Ordnung?«
    Ich versuchte zu lächeln. »Ist schon gut, Dad. Wirklich. Vielen Dank für euren Besuch.«
    Mein Vater küsste mich auf die Wange und nahm mich einen Moment lang fest in seine Arme. Wenn die letzten Monate etwas Gutes gehabt hatten, dann war es diese neue Nähe zu meinem Vater. Sie hatte sich spät eingestellt, obwohl ich sie mir immer gewünscht hatte. Dafür wusste ich sie jetzt umso mehr zu schätzen.
    »Rufst du mich später noch an?«
    »Natürlich.«
    »Auf Wiedersehen, Bill. Es war schön, Sie wiederzusehen.« Alex hob den Kopf. Er streichelte immer noch Digbys Bauch.
    »Nun …« Manchmal war mein Vater so ungeheuer britisch. »Gleichfalls.«
    Als die Wohnungstür sich hinter ihm geschlossen hatte, wandte ich mich wieder Alex zu. »Lass den verdammten Hund in Ruhe. Du wolltest ihn fünf Monate lang nicht sehen, also tu jetzt nicht so, als liege dir etwas an ihm. Der Ärmste. Er hat ja schon vergessen, wie du aussiehst.«
    »Merkt man«, meinte Alex trocken, während Digby begeistert sein Gesicht abschlabberte.
    »Nun, er war nie ein kluger Hund.« Ich knallte die Pfanne auf die Spüle, wo sie ins Rutschen kam, um mir dann prompt auf den Fuß zu fallen. »Au!« Schmerz und Wut trieben mir die Tränen in die Augen, aber ich kämpfte sie tapfer nieder. »Verdammter Mist! Was genau willst du eigentlich, Alex?« Ich drehte mich nicht zu ihm um, weil es mir schwerfiel, die Fassung wiederzugewinnen.
    Alex hob die Pfanne auf. »Es ist nur … wir haben uns ja nicht mehr richtig unterhalten, seit du deinen …« Seine Stimme brach.
    »Unfall, Alex. Das Wort heißt ›Unfall‹.«
    »Ja, tut mir leid. Ich weiß, ich war nicht besonders nett.«
    »Nicht besonders?«
    »Gut.« Er hob abwehrend die Arme. »Ich habe mich wie ein Idiot benommen. Aber als du gesagt hast, du willst mich nicht mehr sehen, da bin ich …«
    »Du weißt genau, warum ich das gesagt habe.« Ich runzelte die Stirn. »Aber schließlich hättest du ja trotzdem kommen können.«
    »Ich dachte nicht …« Wieder blieb ihm die Stimme weg. »Nachdem … weißt du, als Bill …«
    »Wie auch immer.« Wenn ich etwas hasste, dann waren es Alex’ Halbwahrheiten. »Jetzt ist es vielleicht ein bisschen zu spät dafür.«
    »Es tut mir leid. Ich konnte es einfach nicht ertragen, dich im Krankenhaus zu sehen.« Er sah meinen Gesichtsausdruck und überlegte es sich anders. »Nun, also. Ich wollte, dass du weißt, dass ich mein Leben umgekrempelt habe.«
    »Toll«, murmelte ich ungnädig.
    Da gab er auf. »Okay. Aber wir müssen die praktischen Dinge klären. Wie wir die Kosten aufteilen und so weiter.«
    Ich starrte aus dem Fenster auf die silbrig glitzernden Gleise, deren schimmernde Spur sich oberhalb des Hauses in der Dunkelheit verlor.
    »Außerdem wollte ich … ich wollte einfach nur wissen, woran …« Wieder hielt er inne. Sonst war Alex nie um Worte verlegen.
    Ich sah mich nach Zigaretten um. »Was?«
    »Woran du dich erinnerst.«
    »In Bezug auf was?« Verblüfft sah ich Alex an. Er hielt meinem Blick nur einen kurzen Augenblick stand. Dann senkte er seinen. Seine gelblichen Augen mit den dunklen Schatten darunter wirkten müde. Er hatte immer schon Schlafprobleme gehabt.
    »Auf den Unfall, meinst du?« Mein Herz schlug schneller, wenn ich nur daran dachte. »Es ist alles ein wenig unklar.«
    Schließlich fand ich meine Zigaretten unter einem Stapel Papier. Meine Hand zitterte, als ich mir eine anzündete.
    »Ja, klar. Tut mir leid. Aber eigentlich meinte ich eher, ob du dich an das erinnerst, was vor dem Unfall passiert ist.«
    Ich biss mir auf die Lippen. Irgendwann würde ich sie noch durchbeißen. Doch die Zeit vor dem Unfall, der Unfalltag und die Wochen davor waren in meiner Erinnerung nur noch verschwommen vorhanden. Ich erinnerte mich nur an eine düstere Zeit der Vorwürfe und Tränen, in

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