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Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Titel: Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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seine Nägel. Vielleicht suchte er ja nach einem Stück, das er noch nicht abgekaut hatte. »Zumindest kaum noch.«
    »Lieber Himmel, Alex. Warum musst du nur dauernd lügen?«
    »Du lügst wohl nie?«
    Jetzt schmerzte das Bein vom langen Stehen. Ich ließ mich auf einen der verchromten Küchenstühle fallen, die wir an einem betrunkenen Sonntagnachmittag in einem der kleinen Lädchen an der Upper Street gekauft hatten. Mir hatten sie im hellen Tageslicht nie so richtig gefallen. Aber er wusste es natürlich wie immer besser. Die Stille breitete sich zwischen uns aus wie die Wellen in einem Teich, in den man einen Stein geworfen hat. Ich war so müde, so traurig, so müde des Traurigseins.
    »Ich finde … es ist besser, wenn wir uns im Moment nicht sehen, Alex«, flüsterte ich schließlich und starrte auf ein Loch in seinen Turnschuhen. »Ich will nichts hören über deine neuen Freundinnen.« Ich spürte, wie Niedergeschlagenheit mich umfing, eine Niedergeschlagenheit so weit und groß, dass ich darin unterging. Nichts, flüsterte sie und schlang ihre gierigen Fangarme um mich, für dich gibt es hier nichts mehr zu holen. Meine Zukunft hielt nur Einsamkeit für mich bereit. Verließ nicht sogar meine beste Freundin das Land? Arbeitete ich nicht immer noch wider besseres Wissen für den Idioten Charlie? »Könntest du nicht einfach ein Weilchen deine Probleme selbst lösen?«
    »Nun, die Jungfrau Maria bist du auch nicht gerade, wie man so hört«, entgegnete er bissig und fuhr sich mit der Hand durchs Haar.
    »Was soll das denn bitte heißen?«, fragte ich und sah ihn herausfordernd an.
    »Gar nichts.« Er drehte sich um und nahm seinen Schlüsselbund. »Hör mal, das ist doch alles Schwachsinn. Ich bin eigentlich nur gekommen, um dir zu sagen, dass ich die Wohnung gerne verkaufen würde.«
    »Aha!« Ich starrte ihn wütend an. »Supertoll! Du willst mich also auch noch obdachlos machen.«
    »Wir müssen es ohnehin früher oder später tun, warum also nicht gleich?«
    »Und dafür hast du den langen Weg auf dich genommen?«
    »Ja.« Digby zog an dem Schal, den Alex in seine Hosentasche gestopft hatte. »Lass das, Dig.«
    »Warum hast du nicht einfach angerufen?«
    »Hab ich doch.«
    »Hast du?« Ich war sicher, dass er nicht angerufen hatte. Oder doch?
    »Ich bin gekommen …« Der Hund kaute immer noch auf dem Schal herum. »Ich bin gekommen, weil …« Alex wehrte ihn halbherzig ab. »Weil ich dachte, dass sich das einfach gehört.«
    »Du hast noch nie etwas getan, was sich gehört.«
    »Und ob.« Jetzt sah er aus wie ein kampfbereiter Teenager. »Hin und wieder.«
    Ungläubig starrte ich ihn an und kämpfte gegen den plötzlichen Drang zu lachen. In diesem Augenblick löste sich die Spannung zwischen uns mit einem Mal auf. Auch Alex spürte das und grinste mich verlegen an. Wieder machte mein Herz eine Rolle vorwärts, auf ihn zu.
    Aber ich lachte nicht, denn in diesem Augenblick zog Digby den gestreiften Schal aus der Hosentasche seines Herrchens und schleifte seine Beute triumphierend durch die Küche. Dabei fiel etwas anderes mit heraus und lag nun zwischen uns auf dem Küchenboden. Ein Päckchen mit goldenen und silbernen Konfetti und der Aufschrift: »Bel und Johnno für immer und ewig - wetten?« Die beiden hatten diese Konfettipäckchen an die Gäste verteilt. Ich hob das kleine Ding auf und sah Alex fragend an.
    »Wo hast du denn das her?«
    »Ich weiß nicht.« Alex kaute nun an seinem Daumennagel. »Das ist von dir, nicht von mir. Ich muss jetzt sowieso weg.«
    »Das gehört mir nicht. Du warst doch gar nicht auf Bels Hochzeit, oder?«
    Er nagte weiter am Daumen.
    »Alex! Warst du auf der Party?«
    »Nein.« Wieder fuhr er sich mit der Hand durch das kurz geschnittene Haar, dass es nach allen Seiten abstand. Verwirrt schüttelte ich den Kopf: auch nicht gerade die Jungfrau Maria. Das hatte er gesagt. Ich verstand nicht gleich. Gut, da war Sebastian gewesen. Der erste Mann, mit dem ich wenigstens ansatzweise geflirtet hatte, seitdem wir uns getrennt hatten.
    Er spielte mit seinem Schlüssel. »Ich muss jetzt gehen. Serena wartet auf mich.«
    »Alex, sag die Wahrheit.« Ich trat auf ihn zu. »Warst du da?«
    »Nun, ich wollte eigentlich hin, aber dann …«
    »Was?«
    »Ich hab’s nicht gepackt. Also bin ich draußen im Auto sitzen geblieben.«
    Ich erschauerte, als mir das Erlebnis mit dem Auto wieder einfiel, das ich an jenem Abend hatte.
    »Hast du mich herauskommen sehen? Du hast aber nicht

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