Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu:
ja, dieser Fall ist nicht unbedingt ein Paradebeispiel für einen dringenden Fall«, setzte Nyman an, aber Barbro konterte blitzschnell.
»Aber es könnte sich herausstellen, dass er genau so ein Fall ist. Wenn man in ein paar Tagen eine tote Dreijährige findet, werden Sie vielleicht bereuen, dass Sie diesem Fall keine Priorität gegeben haben. Ich finde, diese Möglichkeit sollten wir ausschließen.«
»Das klingt ja richtig unheilschwanger«, lachte Nyman in den Hörer. »Aber ich werde tun, was ich kann. Außerdem sind ja noch keine vierundzwanzig Stunden vergangen.«
Barbro warf einen Blick auf die Uhr, die erst Viertel nach acht zeigte. Vielleicht sollte sie sogar dankbar sein, dass er um diese Zeit überhaupt schon arbeitete. Aber sie fühlte sich nicht besonders dankbar. Stattdessen hatte sie das dringende Gefühl, auch dieses Mal von ihm nicht ernst genommen zu werden.
»Wie schwer kann das denn sein?«, fragte sie in dem barschesten Tonfall, der ihr zur Verfügung stand. »Sehen Sie einfach zu, dass es erledigt wird, dann sind Sie mich auch los. Ich lasse im Laufe des Tages noch von mir hören.«
Barbro beendete das Gespräch und fühlte sich nicht weniger zornig als vorher, aber dafür umso entschlossener, das Projekt in trockene Tücher zu bringen. Mit einem gereizten Schnauben schüttelte sie den herablassenden Ton des Kriminalbeamten von sich ab, und eine halbe Stunde später schloss sie die Wohnungstür hinter sich ab, um sich für einen weiteren Tag in die Welt der Stockholmer Kleingartenkolonien zu begeben.
*
Es überraschte ihn nicht wirklich, dass es Joakim selbst war, der ihm um Viertel nach acht die Tür öffnete. Er betrachtete Sjöberg mit einem Blick, aus dem erst Verwunderung und dann Angst sprachen.
»Ich war gerade in der Gegend«, erklärte Sjöberg.
Eine barmherzige Lüge, redete er sich ein.
»Ich dachte, dann müssen wir dich heute nicht zur Wache vorladen.«
Joakim schaute ihn an, und Sjöberg konnte förmlich beobachten, wie die Gedanken hinter den ängstlichen Augen rasten.
»Ja, du musst dich schließlich um deine Mutter kümmern, dachte ich«, fuhr Sjöberg fort, als er keine Antwort bekam. »Ich hätte da ein paar Fragen, die ich dir stellen wollte, wenn das jetzt möglich ist. Darf ich reinkommen?«
»Ja … natürlich«, stammelte Joakim und trat ein paar Schritte zurück.
Dort blieb er stehen, im Flur, und Sjöberg hatte das Gefühl, dass Joakim ihn nicht weiter hineinlassen wollte. Trotzdem zog er sich die Schuhe aus und machte ein paar Schritte auf Joakim zu, ohne sich die Jacke auszuziehen. Joakim stand wie festgewachsen, und aus seinem Blick sprach Verzweiflung.
»Und?«, sagte Sjöberg so ruhig er konnte. »Wollen wir reingehen?«
Joakim lehnte sich gegen die Wand und ließ ihn vorbei. Sjöberg ging in das Wohnzimmer und warf einen Blick auf die Sitzgruppe.
»Ist das eine Hausdurchsuchung oder …?«, brachte Joakim über die Lippen.
»Nein, nein«, antwortete Sjöberg. »Ich schaue mich nur ein bisschen um.«
Er ging weiter in die kleine Küche, in der nur Platz war für einen Tisch für zwei Personen vor einem Fenster, das auf einen Innenhof hinausging, sowie für eine Arbeitsplatte mit Ober- und Unterschrank und einem Herd. An der gegenüberliegenden Wand standen eine Kühl-Gefrierschrankkombination und ein Schrank, der Putzsachen oder Lebensmittelvorräte enthalten konnte. Alles machte einen etwas abgenutzten Eindruck, aber es war sauber und aufgeräumt.
»Und wo ist deine Mutter?«, fragte er äußerlich unberührt.
»Sie schläft«, antwortete Joakim schnell. »Was für Fragen hast du?«
Sjöberg war bereits auf dem Weg aus der Küche hinaus und antwortete mit einer Gegenfrage:
»Liegt sie dort hinten?«
Er durchquerte erneut das fantasielos eingerichtete Wohnzimmer mit dem Bücherregal ohne Bücher, der üblichen Sitzgruppe und dem Fernseher, der seine besten Tage offensichtlich auch schon hinter sich hatte. Auf dem Tisch stand ein halbvoller Aschenbecher. Vor den Fenstern hingen vergilbte, halb durchsichtige Gardinen als Rahmen für ein paar erstaunlich gut gedeihende Monstera.
Ein kleiner, mit Garderoben versehener Korridor führte an einem Badezimmer vorbei und endete vor einer Wand mit zwei geschlossenen Türen. Aus einem der Zimmer hörte man Stimmen, die von einem Radio oder einem Fernseher stammten. Sjöberg klopfte vorsichtig an die Tür und schaute mit einem Lächeln zu Joakim hinüber, von dem er sich erhoffte, dass es treuherzig
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