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Nur Der Tod Kann Dich Retten

Titel: Nur Der Tod Kann Dich Retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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Unzulänglichkeit gewürdigt hatte. »Flach wie ein Pfannkuchen«, hatte sie immer wieder erklärt. »Du suchst dir besser einen Mann, der Pfannkuchen mag.« Ständig machte sie sie herunter und verglich sie mit ihren Schwestern, was die spätere Entfremdung der Kinder untereinander praktisch besiegelt hatte. »Ruthie hat wundervolle Brüste«, hatte ihre Mutter häufig gesagt. »Die hat sie von mir. Leider schlagen Lorraine und du nach der Seite eures Vaters, obwohl Lorraine wenigstens hübsche Beine hat.«
    Kerri strich über ihre vormals schweren Hüften. Mit einer Menge Fitnesstraining und ein bisschen Fettabsaugen hatte sie die Partie sauber ausgeglichen, auch wenn die wichtigsten Mitspieler den Platz längst verlassen hatten. Kerris Schwestern hatten es beide geschafft, ihrer Mutter zu entkommen. Ruthie war vor zehn Jahren nach Kalifornien gezogen und rief nur an, wenn sie wieder Geld für den Aufenthalt in einer Sucht-Klinik brauchte. Und Lorraine hatte es sich leicht gemacht und war einfach gestorben.
    Kerri drehte sich zum Haus um und sah, dass ihre Mutter sie vom Fenster ihres Zimmers aus beobachtete. Sie wartet bloß darauf, dass wir alle sterben, damit sie glücklich abtreten kann, dachte Kerri.
    »Ich postiere jemanden vor dem Haus«, bot John an, als sie seinen Streifenwagen erreichten. »Bis wir Cal festgenommen haben.«
    »Das ist sehr nett.« Kerri hörte zu, wie John per Telefon
einen Deputy anforderte. Er war immer um ihr Wohl besorgt gewesen, dachte sie, während er sein Handy wieder in die Hosentasche steckte. Er hatte sie in all ihren Inkarnationen gemocht, flach oder üppig, mit schmalen Hüften oder vollen Lippen, mollig oder zurechtgemeißelt. Schade eigentlich, dass sie mit ihrem Timing immer ein bisschen danebengelegen hatten, dass sie drei Nieten geheiratet hatte, von denen zwei Danny hießen, und er diese Hexe Pauline. Und während Kerri alle drei Ehemänner irgendwann an den Ohren gepackt und vor die Tür gesetzt hatte, wusste sie auch, dass John Weber bei aller aufgesetzten Großspurigkeit nie den Mut aufbringen würde, seine Frau zu verlassen.
    Warum kam ihr das jetzt überhaupt in den Sinn? Ihre Affäre mit John lag schließlich schon Jahre zurück. Sie hatte kein einziges Mal mehr an ihn gedacht seit dem Abend, an dem sie ihren Computer eingeschaltet und sich von einem erfolgreichen, aber unzufriedenen Arzt aus dem Norden des Staates New York in einen witzig zweideutigen Chat hatte verwickeln lassen. Schon bald hatten sie Fotos und Telefonnummern getauscht und sich in Miami sogar zu einem von mehreren heimlichen Rendezvous getroffen. Bei dem zweiten dieser Treffen hatte er gestanden, was ihre Mutter bereits vermutet hatte. Er war verheiratet. Aber anstatt ihr die Ohren über die Nutzlosigkeit einer weiteren Beziehung mit einem verheirateten Mann vollzunörgeln, die nur in einer Sackgasse enden konnte, gab ihre Mutter ihr plötzlich Tipps, wie sie ihre falschen Nägel noch tiefer in das biegsame Fleisch des guten Doktors schlagen konnte. »Blas ihm einen, dass ihm Hören und Sehen vergeht«, riet sie höchst unmütterlich. Nach ihrer nächsten leidenschaftlichen Begegnung verkündete der gute Doktor seine Absicht, nach Torrance zu ziehen. Als er fünf Monate später tatsächlich seine neue Praxis in der Stadt eröffnete, riet Rose ihrer Tochter, die Beziehung zu beenden. »Noch einen blasen und ihn dann verlassen«, reimte sie mit einem kalten Lächeln, als wäre sie O.J. Simpsons Anwalt
beim Schlussplädoyer. Kerris aufgespritzte Lippen hatten ein letztes Wunder gewirkt, bevor sie dem Traummann ihrer Mutter Adieu gesagt hatte. Dann hatte sie gewartet. Sechs Wochen später hatte Ian Crosbie seine Familie verlassen. Rose versicherte ihr, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis er ihr einen Antrag machte.
    »Triffst du dich heute Abend nicht mit Dr. Crosbie?«, fragte John, als hätte er den letzten Teil ihrer Gedanken gelesen.
    »Heute Abend nicht«, sagte Kerri und meinte, in Johns müdem Ausdruck eine Andeutung von irgendwas gesehen zu haben, als wüsste er etwas, was sie nicht wusste. »Wir sind schließlich nicht an der Hüfte zusammengewachsen.« Trotzdem fragte sie sich, wo Ian war. Bis auf die Tatsache, dass er einen anstrengenden Tag hinter sich hatte und früh schlafen gehen wollte, hatte er keinen Grund für seine Absage genannt. Kerri hatte überlegt, ihm einen Überraschungsbesuch abzustatten, obwohl sie Überraschungen selbst immer gehasst hatte, weil sie die hässliche

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