Nur Der Tod Kann Dich Retten
fragte sich, ob Delilah dazu fähig wäre. Könnte ihre Tochter wirklich einen anderen Menschen erschießen?
Cals unvermitteltes Lachen beantwortete die Frage für sie. »Wem willst du denn was vormachen, Fettarsch? Du erschießt niemanden.« Er drängte sich an Delilah vorbei und war die Treppe hinuntergerannt, bevor das zitternde Mädchen begriffen hatte, wie man die Waffe entsicherte. Die Haustür fiel krachend ins Schloss.
»Oh Gott«, jammerte Kerri, als sie hörte, wie er mit quietschenden
Reifen wegfuhr. »Gib mir das Ding, bevor du noch jemanden umbringst.« Sie nahm ihrer Tochter die Pistole aus den zitternden Händen. »Wo hast du die überhaupt her?«
»Das ist meine«, verkündete Rose, die, beide Hände in den grünen Chenille-Bademantel verkrallt, plötzlich in der Tür stand.
Ihre Mutter hatte eine Pistole? Was zum Teufel war hier los? »Seit wann hast du eine Waffe?«
»Sie gehörte deinem Vater.«
»Hast du einen Waffenschein dafür?«
»Woher soll ich das wissen?«, fragte Rose ungeduldig.
Kerri ließ die Pistole in die ausgestreckte Hand ihrer Mutter fallen. Der Abend geriet immer mehr zu einer Katastrophe. Erst hatte Ian ohne Begründung ihre Verabredung abgesagt, dann hatte Cal Hamilton vor der Tür gestanden und das Haus in Trümmer gelegt, daraufhin hatte sich ihre Tochter in John Dillinger verwandelt, und jetzt gab ihre Mutter die Ma Barker. »Du solltest sie lieber verstecken, bevor der Sheriff kommt.«
»Weshalb denn?«, fragte Rose abschätzig. »Sie ist sowieso nicht geladen.«
»Sie ist nicht geladen?«, fragte Delilah.
»Natürlich nicht. Frag nicht so blöd.«
»Pack das verdammte Ding einfach weg, ja?«
Rose schlurfte zurück in ihr Zimmer. Es war erstaunlich, dachte Kerri, aber nach all den Jahren schaffte ihre Mutter es immer noch, sie zu überraschen.
»Alles in Ordnung?«, fragte Delilah. »Hat er dir wehgetan?«
»Nein. Er ist nicht mal ein halb so harter Bursche, wie dein Daddy es war.« Kerri breitete die Arme aus, und Delilah stürzte sich so ungestüm hinein, dass sie ihre Mutter fast umgeworfen hätte. »Danke, Schätzchen. Du warst sehr mutig.« Sie küsste ihre Tochter auf die Stirn und schmeckte den Angstschweiß auf ihrer Haut. Delilah drückte sie mit jedem
Atemzug enger an sich. Kerri entwand sich ihrer Umarmung und begann, sich ihre bei dem Aufruhr ramponierte Frisur glatt zu streichen.
»Er hat sie umgebracht«, flüsterte Delilah. »Ich weiß es.«
»Aber das ergibt doch gar keinen Sinn«, widersprach Kerri. »Ich meine, warum sollte er dann herkommen und auf der Suche nach ihr das halbe Haus verwüsten?«
»Um den Verdacht von sich abzulenken.«
»Mein Gott. Du hast vielleicht eine Fantasie. Glaubst du, er hat auch Liana getötet?«, scherzte Kerri mit einem halben Lachen, das ganz erstarb, als sie den Gesichtsausdruck ihrer Tochter sah. »Ich glaube, du guckst zu viel Fernsehen«, sagte Kerri. »Glaubst du ernsthaft, Cal Hamilton wäre ein Serienmörder?«
»Vielleicht. Oder er hat Liana umgebracht, damit es aussieht wie die Tat eines Serienmörders.«
Es klingelte.
»Dein Ritter in glänzender Rüstung ist da«, rief ihre Mutter quer durch den Flur.
»Hast du die Pistole weggepackt?«, fragte Kerri, als sie an ihrer offenen Zimmertür vorbeikam.
»Welche Pistole?«, fragte Rose aus ihrem Bett.
»Ich könnte einen Drink vertragen«, sagte Kerri.
»Verschweigst du mir irgendwas?«, fragte John Kerri, als sie ihn gut vierzig Minuten später zu seinem Wagen begleitete. Sie waren die Ereignisse mehrmals durchgegangen, und er hatte zudem sowohl ihre Mutter als auch ihre Tochter über die Geschehnisse befragt. Niemand hatte die Pistole erwähnt. Meinte er das?
»Ich bin ziemlich sicher, dass wir dir alles erzählt haben.«
Er nickte, obwohl seine Miene verriet, dass er nicht wusste, ob er ihr glauben sollte. »Und dir geht es auch wirklich gut?«
»Alles bestens.« Selbst im Dunkeln konnte Kerri die Blicke
des Sheriffs auf ihrem Körper spüren und betonte ihren Hüftschwung noch ein wenig mehr. Sie wusste, was John Weber für sie empfand, dass er seit der sechsten Klasse hinter ihr her war, als sie noch gar keine Hüften gehabt hatte, Herrgott noch mal. Auf jeden Fall noch keinen Busen, dachte sie, straffte die Schultern und drückte ihre zweifach vergrößerte Brust heraus.
Sie wusste gar nicht mehr, wie ihre eigenen Brüste ausgesehen hatten. Erinnern konnte sie sich nur noch an die ätzenden Sticheleien, mit denen ihre Mutter ihre
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