Nur Der Tod Kann Dich Retten
heutzutage?«
Darauf wüsste Pauline wahrscheinlich eine Antwort, dachte Sandy, ließ ihre Hand in den Schoß sinken und beschloss, in ihrem Leben nie wieder einen Green-Apple-Martini zu trinken, weil das Getränk offensichtlich ihre Hirnströme verzerrte. »Nur dass wir uns klar verstehen«, sagte sie, »du willst
die Scheidung, würdest dir aber gern die Option offenhalten, hin und wieder mit mir zu schlafen. Willst du mir das sagen?«
»Warum nicht? Geschiedene Paare machen es ständig.«
»Oh, das wusste ich nicht.«
»Wir fühlen uns offensichtlich immer noch sehr zueinander hingezogen. Und wir waren immer so gut zusammen«, erinnerte er sie.
»Und Kerri?«, erinnerte Sandy ihn . »Wie gut seid ihr zusammen?«
Ian senkte den Kopf und warf einen verstohlenen Blick zur Tür. »Ganz ehrlich« – er lächelte – »mit Kerri zusammen zu sein, ist, als wäre man auf einem Trampolin.«
Sandy starrte ihren Mann mit offenem Mund an. »Wie machst du das?«, fragte sie, als sie ihre Stimme schließlich wiedergefunden hatte.
»Wie mache ich was?«
»Wie schaffst du es, ohne jede Spur von Scham oder Verlegenheit etwas derart umwerfend Dämliches von dir zu geben?«
Diesmal wirkte Ian überrascht.
»Empörst du dich jetzt für Kerri? Oder was geht hier ab?«
War es das?, fragte Sandy sich. Oder erkannte sie endlich, was für eine Marke ihr Mann wirklich war? »Du bist so ein Arschloch«, sagte sie, selbst erstaunt, dass ihr das Wort über die Lippen gerutscht war, bevor sie es bewusst gedacht hatte.
»Es ist wirklich nicht nötig, dass wir anfangen, uns zu beschimpfen.«
» Au contraire «, borgte Sandy sich Paulines Ausdruck von vorhin. »Ich will mir auf keinen Fall vorwerfen lassen, dir widersprüchliche Botschaften zu vermitteln.« Sie nahm ihr Martini-Glas. »Auf neue Anfänge«, prostete sie Ian noch einmal zu und kippte ihm den Rest ihres Gins ins Gesicht.
Ian stieß beim Aufspringen seinen Stuhl um. Einen Moment lang sah er aus, als wollte er sich revanchieren, ihr sein Bier über den Kopf gießen, sie bei den Haaren packen und sie
zu Boden reißen. Doch er ruderte nur ein paar Sekunden lang folgenlos mit den Armen, während die Flüssigkeit von seiner Nasenspitze auf sein schwarzes Hemd tropfte. »Du bist verrückt«, sagte er, bevor er aus dem Restaurant stürmte.
Sandy zuckte die Achseln. »Ich wollte mich nur klar ausdrücken.«
32
M egan träumte.
Es war ein Traum, der in abgerissenen Fetzen kam, eine Reihe ineinanderverschwimmender, fließender Bilder, die sich weigerten, ein zusammenhängendes Ganzes zu ergeben. Erst rannte sie eine Straße entlang, dann fiel sie kopfüber in einen großen Krater, Folge eines Sturms, der kurz zuvor alle alten Banyambäume der Umgebung entwurzelt hatte. Ein Baum lag auf der Seite, sodass seine dünnen Wurzeln entblößt waren und unter dem Stamm hervorragten wie abgetrennte Arterien. Als sie in das große Loch stürzte, versuchte Megan, eine von ihnen zu fassen, aber sie fiel zu rasch und die Wurzeln waren zu brüchig, um sie zu halten, und so wurde sie bald von weicher feuchter Erde umfangen, in der sie spurlos versank. Über sich hörte sie Schritte und Lachen. »Wo ist Kate?«, fragte irgendjemand, und Megan erkannte sofort die Stimme ihrer Mutter.
»Sie ist bei Mr. Lipsman«, antwortete jemand.
Eine hellrot-weiß getigerte Katze sprang plötzlich in Megans Schoß. »Nein, bin ich nicht«, wollte sie rufen, aber ihr Mund war voller Erde, die an ihren Zähnen klebte wie Reste von Füllungen. »Ich bin hier. Direkt unter deinen Füßen.«
Und dann ging sie plötzlich an den Parfümständen von Bloomingdale’s entlang, und Verkäuferinnen in identischen weißen Kitteln über schicken schwarzen Kostümen sprühten wahllos verschiedene Düfte in ihre Richtung. Sie spürte, wie die aromatischen Nebel ihren Nacken befeuchteten und ihre
Augen tränen ließen. Dann hielt jemand ihr eine besonders übel riechende Probe unter die Nase, und sie wich vor den giftigen Dämpfen zurück. »Nein danke«, erklärte sie der lächelnden Frau, deren Namensschild sie als Fiona Hamilton auswies. »Dieser Duft gefällt mir gar nicht.«
Und dann stand Greg neben ihr und leckte das Parfüm von ihrem Hals, als wäre es Milch und er eine von Mr. Lipsmans Katzen. Ginger und Tanya tanzten um sie herum, und Liana saß an einer Süßigkeit knabbernd in der Ecke und beobachtete sie.
»Was machst du hier?«, fragte Megan. »Ich dachte, du bist tot.«
»Ich bin nicht tot«,
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