Nur Der Tod Kann Dich Retten
eine mögliche Versöhnung andeuten? Wollte er erst einmal vorfühlen, bevor er Kerri die Neuigkeit mitteilte?
»Du siehst toll aus«, erklärte er ihr schon zum zweiten Mal an diesem Abend.
»Danke.« Sie lehnte sich zurück und sah ihn direkt an. Er starrte sie an, als erwartete er, dass sie das Kompliment erwiderte. »Du auch«, sagte sie fügsam und biss sich auf die Zunge, um nicht noch etwas hinzuzufügen. In Wahrheit sah er besser aus als toll. In Wahrheit hatte er nie besser ausgesehen.
»Ich habe deinen Wagen auf dem Parkplatz gesehen«, erzählte er ihr. »Ich wusste, dass du hier sein würdest.« Die Kellnerin brachte sein Bier, und Ian erhob das große Glas und stieß mit ihr an. »Worauf trinken wir?«, fragte er, als ob es ihre Idee gewesen wäre, auf etwas anzustoßen.
Sandy wusste nicht, was sie von der letzten Information halten sollte. »Auf Megan«, sagte sie und dachte, dass ihr Mann schon deutlich werden würde, wenn er so weit war. Das wurde er immer.
»Sie war heute Abend einfach unglaublich, was?«
»Auf jeden Fall.«
»Ich hatte keine Ahnung, dass sie singen und tanzen kann.«
»Sie steckt in letzter Zeit voller Überraschungen.«
»Zum Beispiel?«
Sandy zuckte die Achseln. Sie wusste nicht, wie ehrlich Megan zu ihrem Vater war, und wollte das Vertrauen ihrer
Tochter nicht enttäuschen, indem sie ihre Geheimnisse ausplauderte. Wenn Megan wollte, dass ihr Vater irgendetwas von Greg Watt erfuhr, würde sie es ihm schon selber erzählen müssen. Trotzdem war es ein seltsames Gefühl, nicht offen mit ihrem Mann über ihre Kinder reden zu können, noch merkwürdiger, als überhaupt mit ihm zu reden.
»Sie verwandelt sich langsam in eine sehr schöne junge Frau«, sagte Ian.
»Ja.«
»Sie sieht ihrer Mutter jeden Tag ähnlicher.«
Okay, also, was ist los, fragte Sandy sich erneut. Das waren jetzt zwei Komplimente in ebenso vielen Minuten. Zwei mehr, als er ihr in den letzten zwei Monaten gemacht hatte, möglicherweise sogar in den letzten zwei Jahren. Sie sollte ihn fragen, entschied sie und machte den Mund auf. Aber dann kniff sie im letzten Moment doch, stieß stattdessen noch einmal mit ihm an und sagte: »Und auf unseren Sohn.«
»Auf Tim«, stimmte Ian ihr zu. »Sieht so aus, als hätte sich die Tochter des Sheriffs in ihn verguckt.«
»Sie hat eben einen guten Geschmack.«
Ian stieß ein weiteres Mal mit ihr an. »Auf neue Anfänge.«
»Auf neue Anfänge«, stimmte sie ihm zu. Was für neue Anfänge?
Plötzlich beugte er sich über den Tisch und küsste sie.
Sie wich zurück. »Was machst du?«
»Das wollte ich schon den ganzen Abend machen. Seit ich dich in der Aula gesehen habe.« Er beugte sich vor und küsste sie noch einmal.
Diesmal öffnete sie unwillkürlich die Lippen und gab der sanften Penetration seiner Zunge nach. Küsste sie ihn wirklich zurück? Zögernd und widerwillig löste sie sich von ihm. Er sah sie an und lächelte.
»Wir sollten über unsere Scheidung sprechen«, sagte er.
Sandy hätte beinahe gelacht. Stattdessen wartete sie darauf, dass er den Gedanken beendete. Ich will sie nicht , würde er
ihrer Erwartung nach sagen. Ich habe es mir anders überlegt. Ich will nach Hause kommen . Aber er sagte gar nichts, sondern saß bloß lächelnd da. »Was?«, brachte sie schließlich hervor.
»Wir sollten über unsere Scheidung sprechen«, wiederholte er, als hätte sie ihn beim ersten Mal nicht verstanden.
»Was ist damit?«
»Ich weiß, dass du noch keinen Anwalt hast, deshalb dachte ich, dein Einverständnis vorausgesetzt, du könntest meinen nehmen. Er hat schon eine Vereinbarung aufgesetzt, die meiner Meinung nach mehr als fair ist. Du musst nur unterschreiben.«
Sandy ließ sich auf ihren Stuhl zurücksinken. »Wie überaus aufmerksam von dir.«
»Ich dachte, so wäre es für alle leichter«, fuhr er fort, ohne ihren Sarkasmus zu bemerken. »Von billiger ganz zu schweigen.«
»Soll das ein Witz sein?« Zeichnete irgendjemand ihr Gespräch auf? Lief irgendwo eine versteckte Kamera?
»Du wirkst überrascht«, sagte er und schaffte es, seinerseits erstaunt auszusehen.
»Du hast mich gerade geküsst.«
»Und es war wunderbar. Ich hoffe, es wieder zu tun.«
»Vor oder nach unserer Scheidung?«
»Vorher und nachher.«
»Was?«
»Es gibt keinen Grund, warum wir uns nicht einvernehmlich scheiden lassen und weiterhin gute Freunde bleiben können. Freunde mit einem Bonus«, fügte er listig hinzu und strich über ihre Hand. »Sagt man das nicht
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