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Nur Der Tod Kann Dich Retten

Titel: Nur Der Tod Kann Dich Retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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Unterlippe. In ihren Augen standen Tränen, die gefährlich an ihrem unteren Lid zerrten.
    »Hat sie so etwas schon mal gemacht?«
    »Nie«, sagte Judy nachdrücklich.
    »Wir behaupten nicht, dass sie ein Engel ist«, korrigierte Howard. »Sie ist störrisch und dickköpfig, und wenn sie wütend ist, hat sie ein ganz schön loses Mundwerk, aber alles in allem ist sie ein gutes Mädchen.«
    »Fällt euch ein Grund ein, warum sie weggelaufen sein könnte?«
    »Weggelaufen?«, fragte ihre Mutter. »Wovor?«
    »Gab es zu Hause irgendwelche Probleme?«
    »Was für Probleme denn?«
    John hasste es, wenn die Leute seine Fragen mit Gegenfragen beantworteten. »War sie gekränkt? Oder wütend? Hattet ihr vielleicht Hausarrest verhängt...«, fuhr er fort, bevor sie weitere Erklärungen verlangten.
    »Sie hatte keinen Hausarrest. Sie war nicht aufgewühlt oder wütend. Es gab keine Probleme.«
    »War sie in letzter Zeit nervös, vielleicht ein wenig depressiv?«
    »Nervös? Depressiv?«, wiederholte Judy.
    »Du hast gesagt, dass sie einen Streit mit ihrem Freund hatte...«
    »Sie haben ständig gestritten«, meinte Howard abschätzig. »Das ist für sie eine Art Vorspiel.«
    »Worauf willst du hinaus?«, fragte Judy John, und eine
Sorgenfalte legte sich auf ihre ansonsten glatte Stirn. »Glaubst du, sie hätte sich etwas angetan?«
    »Kinder in dem Alter sind sehr verletzlich«, sagte John und dachte an Amber. »Wenn sie wegen irgendwas gekränkt war...«
    »Das war sie nicht«, erklärte Howard.
    »Würde sie es euch erzählen, wenn es so ist?«
    »Mir würde sie es erzählen«, sagte Judy und fügte ein wenig zögerlicher hinzu: »Ich glaube, sie würde es mir erzählen.«
    »Besteht die Möglichkeit, dass sie schwanger ist?«, fragte John leise in der Hoffnung, dass sein zurückhaltender Tonfall eine potenzielle Explosion auf der anderen Seite des Schreibtischs im Keim erstickte. Seiner Erfahrung nach war es Eltern, ganz egal, für wie tolerant sie sich hielten, unangenehm, sich das Sexleben ihrer Kinder vorzustellen.
    Howard Martin schlug sich die Hand vor den Mund und fluchte leise. Trotzdem konnte man deutlich das Wort »Mistkerl« verstehen.
    »Sie nimmt die Pille«, sagte Judy und erklärte dann mit Nachdruck: »Liana war nicht nervös. Sie war nicht depressiv. Sie war nicht schwanger. Und sie hat sich ganz bestimmt nichts angetan.«
    »Und sie würde auch nicht einfach abhauen, ohne uns Bescheid zu sagen.«
    »Habt ihr ihren Computer schon überprüft?«, fragte John.
    »Ihren Computer?«
    »Die Kids hängen doch bekanntlich dauernd im Internet rum. Vielleicht hat sie in einem Chatroom irgendjemanden getroffen.« Dabei ertappte sich John schon zum zweiten Mal bei dem Gedanken an Kerri Franklin. Hatte sie Dr. Crosbie nicht genau so kennen gelernt? Das erzählte man sich zumindest in der Stadt. Amber war eines Tages aus der Schule nach Hause gekommen und hatte atemlos berichtet, dass der Mann ihrer Englischlehrerin sie für Delilah Franklins Mutter verlassen hätte. Und ratet mal, wie sie sich kennen gelernt haben!

    »An ihren Computer habe ich nicht gedacht«, sagte Howard. »Ich kenne nicht einmal ihr Passwort. Du?«, fragte er seine Frau.
    Sie schüttelte den Kopf. »Vielleicht die Jungen.«
    Sofort zog Howard ein Handy aus der Tasche seiner sandfarbenen Windjacke, tippte eine Nummer und wartete. »Noah, kennst du das Passwort deiner Schwester?«, fragte er ohne Vorrede. »Ja, natürlich für den Computer«, sagte er ungeduldig. »Sie wird dich nicht umbringen«, versicherte Howard ihm. »Aber ich vielleicht, wenn du es mir nicht sofort sagst... Okay. Danke. Sie hat vermutlich nicht angerufen?« Er klappte das winzige Handy zu und verstaute es wieder in seiner Tasche. »Ihr Passwort ist Jell-O , und niemand hat etwas von ihr gehört.«
    »Ich brauche noch ihre E-Mail-Adresse.«
    Wieder sah Howard seine Frau an. Sie nannte die Adresse mit tonloser Stimme, die aus einem völlig anderen Raum zu kommen schien.
    »Ich lasse das gleich morgen Früh von einem unserer Leute überprüfen.«
    »Gibt es etwas, was wir heute Abend noch tun können?«
    »Nun, es wird bald dunkel, aber ich schicke einen Streifenwagen zu einer Kontrollrunde los.« John sah die Enttäuschung in Judys Blick aufflackern. »Außerdem hör ich mich selbst noch ein bisschen um«, fügte er rasch hinzu und versuchte, sich nicht den Sonnenuntergang vorzustellen, auf den er sich so gefreut hatte. Er verstand es, dass die meisten Leute vor allem in einer

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